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Potsdam-Mittelmark: Bahn will Lärmschutzwall für Kemnitz prüfen
Belastung für Anwohner wird seitens des Konzerns anerkannt / Finanzierung allerdings noch unklar
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Werder (Havel) - Die vom Zuglärm geplagten Kemnitzer können langfristig auf Hilfe hoffen: Die Deutsche Bahn hat jetzt eingeräumt, dass der Grenzwert von 60 Dezibel nachts tatsächlich in einigen Bereichen des Ortes überschritten wird. Deshalb soll der kleine Werderaner Ortsteil vom freiwilligen Lärmsanierungsprogramm der Bundesregierung profitieren – allerdings könnte das noch zehn Jahre dauern. In Kemnitz wird nun überlegt, wie man die Mittel schon vorher zusammenbekommt, um im Dorf für Ruhe zu sorgen. Bei einem Vor-Ort-Termin haben Bahn-Vertreter gestern zugesichert, die Wirkung eines Lärmschutzwalls speziell für diesem Bereich zu prüfen.
Saskia Funck, CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag und Mitglied im Kemnitzer Ortsbeirat, hatte die regionale Chefetage des DB-Konzerns eingeladen, um mit ihr und den Bürgern das Lärmproblem zu erörtern und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Das Klima in der Runde war entspannt, von wütenden Bürgern keine Spur. Und das, obwohl der Regionalexpress von Berlin nach Magdeburg bei einigen direkt am Garten vorbeirauscht – vier Mal pro Stunde. Die Regionalzüge seien aber nicht das größte Problem, wie Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) erläuterte: „Der Güterverkehr auf dieser Strecke hat in den vergangenen drei Jahren zugenommen, und das sorgt verstärkt für Lärm.“ Der sei so schlimm, dass man nachts sogar aufwacht, sagte Saskia Funck. Und wer wolle schon im Sommer bei geschlossenem Fenster schlafen? Zudem würden die Wälle auf der anderen Seite der Schienen die Geräusche in Richtung Kemnitz lenken, bemerkte eine Einwohnerin. Und die Bäume auf dem Golfplatz seien in den vergangenen Jahren ja auch höher geworden.
Das subjektive Empfinden spiele leider keine Rolle beim Zuschlag für Schutzmaßnahmen, sagte der DB-Konzernbevollmächtigte für das Land Brandenburg, Joachim Trettin. „Es werden immer Berechnungen zugrunde gelegt.“ Und die hat Achim Naujokat vom Bahn-Umwelt-Zentrum Berlin bereits angestellt. Das Ergebnis: Die Lärmbelastung in drei Metern Höhe und 25 Metern Entfernung von den Schienen liege in einigen Abschnitten bei 66 Dezibel. Gemäß einer Prognose, die nach der Verkehrswegeplanung des Bundes erstellt worden ist, werde sich die Belastung künftig noch erhöhen. Dennoch sei die Bahn nicht verpflichtet, auf diesem Schienenabschnitt für Schallschutz zu sorgen, unterstrich Naujokat. Im Lärmsanierungsprogramm des Bundes, mit dem Maßnahmen wie Wälle, Wände oder Spezialfenster mit bis zu 75 Prozent gefördert werden, werde Kemnitz nicht die höchste Priorität eingeräumt. „Wenn sie selbst für Lärmschutz sorgen, ginge das schneller – aber die Mittel vom Bund gibt es dann wohl nicht“, sagte Achim Naujokat zu den Bürgern. Die sprachen sich für einen Wall aus, der dann allerdings vier Meter breit sein müsste, um die notwendige Höhe zu erreichen. Damit würde er auch durch einzelne Gärten führen. Naujokat versprach, die Wirkung eines Lärmschutzwalls in verschiedenen Höhen zwischen einem und drei Metern für insgesamt sechs Häuser zu berechnen. Die Ergebnisse könnten nächste Woche vorliegen, sagte er. „Wer aber baut den Wall, was wird er kosten und wer bezahlt ihn?“, warf Ortsvorsteher Joachim Thiele die wohl wichtigsten Fragen in die Runde. Konkrete Antworten hatte gestern niemand parat.
Mit einemLärmschutzwall wäre Kemnitz schließlich auch für eine Taktverdichtung des RE 1in den Hauptverkehrszeiten zwischen Brandenburg und Berlin auf 15 Minuten gewappnet. Die hat Saskia Funck jetzt in Anbetracht weiterer Investitionen in die brandenburgischen Schienenwege gefordert. „Ich hoffe, dass dies spätestens nach den erfolgten Ausschreibungen der Strecken und mit der neuen Betriebsaufnahme der Regionalexpresslinie realisiert wird. Für viele Berufspendler zwischen Berlin und seinem Umland ist der RE 1 alternativlos und unverzichtbar“, so Funck. Thomas Lähns
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