Potsdam-Mittelmark: „Das Kraut hol ich selbst aus dem Garten“
Wolfgang Post, Sprecher des Rassegeflügelzüchterverbands, zu Folgen der Stallpflicht für Hobbyzüchter
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Wolfgang Post, Sprecher des Rassegeflügelzüchterverbands, zu Folgen der Stallpflicht für Hobbyzüchter Bundesverbraucherschutzminister Jürgen Trittin hat wegen der Vogelgrippe in Russland für das gesamte Bundesgebiet Stallpflicht für Geflügel angeordnet. Halten Sie das für angemessen? Als Sprecher des Rassegeflügelzüchtervereins kann ich der Stallpflicht nur zustimmen. Allerdings habe ich persönlich auch kleine Zweifel, ob auf dem Wege der Zugvögel der Virus bei uns eingeschleppt wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein grippeverseuchter Vogel eine weite Luftreise antritt. Wie viele Rassegeflügelzüchter in der Region sind von der Stallpflicht-Anordnung betroffen? Dem Kreisverband Potsdam der Rassegeflügelzüchter – er umfasst im wesentlichen die Region des alten Landkreises Potsdam mit der Landeshauptstadt – gehören in elf Vereinen 137 Erwachsene und 6 Jugendliche an. Hinzu kommt der Taubenklub Fläming mit 34 Züchtern, die im Landkreis Potsdam-Mittelmark und darüber hinaus wohnhaft sind. Im Landesverband Berlin-Brandenburg sind 4279 Züchter in 227 Vereinen organisiert. Wie wirkt sich die Stallpflicht auf das Wohlbefinden des Geflügels aus? Ich könnte mir vorstellen, die Tauben wollen fliegen. Die Hühner und Zwerghühner werden wahrlich nicht begeistert sein, längere Zeit eingesperrt zu sein. In der „Freiheit“ finden sie auf natürlichem Wege kleines Getier und Mineralien, die sie für ihr gesundes Leben brauchen. Nicht umsonst haben Umweltschützer gegen die Käfighaltung in Legebetrieben gekämpft. Aber wir Rassegeflügelzüchter hierzulande wissen noch aus DDR-Zeiten, wie und was wir unseren Tieren füttern müssen, damit sie gesund bleiben. Das ist nicht nur mit Pellettfutter abgetan. Deshalb werden unsere gefiederten Pfleglinge ohne größere Abstriche über die Arrestzeit hinwegkommen. Viele der Züchter lassen ihre Tiere tagsüber sowieso in Volieren laufen, um gegen Räuber aus der Luft gefeit zu sein. Und dazu gehören vor allem die Taubenzüchter. Manche Rassen haben dadurch das Fliegen schon eingestellt. Bei gewerblichen Geflügelhaltern besteht die Angst, dass bei Hobby-Züchtern die Stallpflicht kaum durchzusetzen ist. Ist die Befürchtung berechtigt? Nein. Wenn Sie mit gewerblichen Geflügelhaltern diejenigen meinen, die rasselose Hühner füttern und auf einen reichen Eiersegen hoffen, dann müssen gerade die Rassegeflügelzüchter Ängste ausstehen, denn nicht alle gewerblichen Halter lassen ihren Bestand gegen Hühnerpest impfen. Die wenigsten geben nach meinen Kenntnissen die Zahl ihrer gehaltenen Tiere beim Amt an und zahlen ihren Obolus an die Seuchenkasse des Landes Brandenburg, was für uns Pflicht ist. Wie wird Ihr Züchterverband auf die Mitglieder einwirken, um die Stallpflicht durchzusetzen? An die Anordnung des Ministeriums erinnern. Die Rassegeflügelzüchter kennen aus vielen Schulungen auf Vereins-, Kreis- und Landesebenen ihre Pflichten. Sie werden sie einhalten. Davon bin ich überzeugt. Ich nehme aber auch an, dass infizierte Zugvögel ihre beschwerliche Reise gar nicht erst antreten. Ein grippeinfizierter Mensch reist auch nicht, wenn er nicht unbedingt muss. Was muss aus Ihrer Sicht über die Stallpflicht hinaus passieren, um die Gefahr eines Eindringens der Vogelgrippe nach Deutschland zu vermeiden? Stärkere Kontrollen auf den internationalen Verkehrswegen. Dort lauert meines Erachtens die größte Gefahr des Einschleppens der Krankheit. Wir sehen doch fast täglich, wie gewissenlose Elemente sogar schlechte Fleischabfälle der menschlichen Ernährung des Profites Willen zuführen Und impfen? Womit? Es gibt ja momentan kaum humanen Grippeimpfstoff. Und für Geflügel? Der ist erst recht nicht habhaft. Sie züchten selbst Rassegeflügel, bis Samstag sollen alle Hühner unters Dach. Haben Sie schon Konsequenzen aus der Anordnung Trittins gezogen? Wenn es bei der gegenwärtigen Version der Stallpflicht bleibt, mit der nur der Kontakt zu Zugvögeln vermieden werden muss, wie Trittin betonte, habe ich keine Probleme. Den letzten Rest des Krautes hole ich für meine Hühner dann selbst aus dem Garten. Am 26. und 27. November ist die Kreis-Rassegeflügelschau in Werder geplant. Kann sie stattfinden? Da die Ausstellung nicht im Freien stattfindet, muss sie wohl nicht ausfallen. Wie haben uns dazu heute schon mit dem Veterinäramt in Belzig verständigt. Wie es mit der Landesschau vom 11. bis 13. November in Paaren im Glien aussieht, ist allerdings unklar. Die Ausstellung trägt ja überregionalen Charakter, im vorigen Jahr war zum Beispiel auch Geflügel aus Polen da. Die Deutsche Junggeflügelschau am Wochenende in Hannover findet noch wie geplant statt. Das Interview führte Henry Klix Wolfgang Post ist Sprecher des Kreisverbands Potsdam der Rassegeflügelzüchter und wichtiger Ansprechpartner für Züchter der Region. Er arbeitet auch als freier Lokaljournalist.
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