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Potsdam-Mittelmark: Ein Fanal, das helfen könnte
Die Treuenbrietzener FDP-Basis will mit dem geschlossenen Parteiaustritt ein Zeichen setzen. Einen Flächenbrand wollen die Abtrünnigen aber nicht legen, sagen sie.
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Potsdam-Mittelmark - Denkt Heiko Hüller an die aktuelle Situation der FDP, hat er unweigerlich ein Bild von Walen vor sich. „Haben sie einmal die Orientierung verloren, laufen sie Gefahr zu stranden, meist sogar in Gruppen“, sagt er. Hüller ist ein liberales Urgestein, populärer Gemeindevertreter in Schwielowsee und FDP-Fraktionschef im Kreistag Potsdam-Mittelmark. Dass jetzt der gesamte Treuenbrietzener Ortsverband aus der FDP austreten möchte, bewegt den 65-Jährigen. Für ihn selbst komme ein solcher Schritt nicht infrage und auch in seinem Ortsverband sei das bisher kein Thema. „Wenn die Situation mal schwierig wird, werde ich nicht gleich die Fahne wegschmeißen“, so Hüller.
Trotzdem will die Treuenbrietzener Basis aus der blau-gelben Wal-Familie ausbrechen, und das sorgt bundesweit für Beachtung. „Das Medieninteresse ist größer als das unserer eigenen Partei“, bemerkte Bürgermeister Michael Knape gestern. Neben der überregionalen Presse zog es auch zahlreiche Kamerateams nach Treuenbrietzen: ARD, RTL, RBB – „Hätte ich gewusst, dass acht Mann soviel Aufsehen erregen können, hätten wir das schon früher gemacht“, setzt er hinzu.
Knape ist ein Aushängeschild für die märkische FDP gewesen: Fast 70 Prozent der Wählerstimmen hatte er 2009 geholt, er ist Vorsitzender der AG „Städte mit historischem Stadtkern“ – und einer von nur noch neun liberalen Bürgermeistern in der Mark. Aber in Anbetracht von Führungskrisen in Bundes- und Landespartei und dem aktuellen Umfragetief von zwei Prozent habe man ein Zeichen setzen müssen. „Wir wollen zeigen, dass Wahlen beim Bürger gewonnen werden“, so Knape. Dass es nun zu einem Flächenbrand kommt und andere Basisgruppen nachziehen, sei nicht das Ziel. Denn auch weiterhin soll in Treuenbrietzen liberale Politik gemacht werden – wenn auch künftig von einem Wählerverein.
Und so war FDP-Kreischef Hans-Peter Goetz am Freitag auch nicht nach Treuenbrietzen gekommen, um seine bisherigen Parteifreunde umzustimmen, sondern „um zu sehen, wie wir künftig miteinander umgehen werden“. Den Frust der Basis könne er ein Stück weit nachvollziehen: „Bevor man etwas inhaltlich diskutieren kann, wird immer die Frage gestellt: Was ist mit der Partei los? Das erlebt zurzeit jeder von uns.“ So etwas wirke sich auch auf die Nachwuchsgewinnung aus. „In Treuenbrietzen fiel es schwer, Leute zu finden, die unter dem Label FDP zu Wahlen antreten wollen.“ Auch Goetz betont, dass das Tischtuch nicht zerschnitten sei.
Einige Dinge an der Spitze der Bundespartei könne auch er nicht nachvollziehen, räumt Heiko Hüller ein. „Doch liberale Grundwerte wie das Eintreten gegen staatliche Regulierungswut sind in der FDP am besten aufgehoben“, ist er überzeugt. Ohnehin gehe es in der Kommunalpolitik um das Wirken bekannter Menschen vor Ort. „Da haben wir in der Vergangenheit unter der Flagge der FDP viel erreicht“, so Hüller. In der Gemeinde Schwielowsee arbeiten die Liberalen gemeinsam mit der CDU in einer Fraktion – und im mittelmärkischen Kreistag sind sie mit fünf Abgeordneten relativ stark vertreten. Sie gehören zur Großen Koalition.
Die Arbeit im Kreistag will die Treuenbrietzener FDP auch künftig unterstützen, wie Bürgermeister Knape deutlich machte. Sogar eine spätere Rückkehr in die Partei hält er für möglich. „Man soll niemals nie sagen“, erklärte er. Das politische Fanal von Treuenbrietzen könne der Bundespartei vielleicht sogar helfen. „Man muss sich thematisch neu aufstellen“, so der Bürgermeister.
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