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Potsdam-Mittelmark: Erziehen statt aufbewahren

Werderaner Kita macht heute bei landesweiter Protestaktion mit und fordert bessere Personalausstattung

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Werder (Havel) - Im Rahmen der landesweiten Aktion „Bildung bleibt heut’ vor der Tür“ wird heute Vormittag auch in Werder gegen die Rahmenbedingungen in Brandenburger Kitas protestiert. Um 10.30 Uhr werden die Knirpse der Kita Inselstadt symbolisch die Bildung in Form von Kartons vor die Tür tragen und entsorgen und Luftballons mit Wunschkarten fliegen lassen. Auf denen wird unter anderem mehr Personal für die Tagesstätten im Land gefordert.

Wie überall in der Mark müssen auch die Werderaner Erzieherinnen oft bis an ihre Grenzen gehen, weil die Personaldecke zu dünn ist. Zwar ist ein Betreuungsschlüssel bei den Drei- bis Sechsjährigen von einem Erzieher für 13 Kinder gesetzlich vorgegeben, doch sieht die Realität meistens anders aus, wie Sibylle Rietz, Leiterin der Kita Inselstadt, gestern gegenüber den PNN erläuterte: „Jede Kollegin hat 30 Tage Urlaub im Jahr. Hinzu kommen fünf Fortbildungstage und Ausfälle wegen Krankheit – eine fehlt quasi immer.“ Zudem würden auch verlängerte Öffnungszeiten keine Rolle bei der Bemessung des Personalschlüssels spielen, so Rietz. Die Kita Inselstadt hat täglich zwischen 7 und 17 Uhr geöffnet, die Erzieherinnen können aber nicht zehn Stunden lang arbeiten – zumal einige nur in Teilzeit angestellt sind.

90 Kinder werden in sechs Gruppen betreut – da könne es vorkommen, dass eine Erzieherin für 18 Kinder zuständig ist. Neben dem pflegerischen Teil der Arbeit wie Essen, Waschen und die Vorbereitung auf den Mittagsschlaf bleibe kaum Zeit für pädagogische Arbeit. „Man hat gar nicht die Möglichkeit, jedes einzelne Kind wahrzunehmen – obwohl auf individuelle Förderung immer mehr Wert gelegt wird“, so Rietz. Unterm Strich sei es nur noch ein „Aufbewahren“ der Kinder. Deshalb würden auch die Eltern die Aktion unterstützen. Generell seien die sehr verständnisvoll, würden zum Beispiel ihre Kinder zu Hause lassen, wenn das Personal gerade besonders knapp ist, oder als Aufsichtsperson bei Ausflügen einspringen.

Primär zuständig für die Kinderbetreuung sind die Kommunen, die ihr Kitapersonal mit Elternbeiträgen und Zuschüssen des Landes finanzieren. Im vergangenen Jahr hat die Landesregierung insgesamt 135 Millionen Euro dafür ausgegeben. 25 Millionen Euro zusätzlich wollte die SPD laut ihrem Wahlprogramm zur Verfügung stellen. Dass es tatsächlich dazu kommt, sieht Ute Günzel in Anbetracht der gespannten Haushaltslage aber eher skeptisch. Die Oranienburger Kita-Leiterin hat vor einem Jahr die Kitainitiative Brandenburg gegründet, um auf die schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Gerade im Zuge der laufenden Koalitionsverhandlungen wolle man mit der heutigen Aktion die Verantwortlichen an ihre Zusagen vor der Wahl erinnern, sagte sie gegenüber den PNN. „Allerdings sind auch 25 Millionen Euro mehr zu wenig“, so Günzel. Zwar hätten einzelne Kommunen ihr Kita-Personal bereits aus eigener Tasche aufgestockt, doch sei dies keine gute Lösung: „Das führt zur Ungleichbehandlung, denn arme Kommunen können sich das nicht leisten“, so Günzel. Thomas Lähns

kitainitiative-brandenburg.info

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