Potsdam-Mittelmark: Impfpflicht in Teltower Kitas
Strittige Neuregelung: Kinder ohne Masernschutz werden nicht mehr aufgenommen
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Teltow - In Teltower Kitas und Horten gilt ab sofort eine Impfpflicht. Das kündigte Solveig Haller, Chefin des Kitaeigenbetriebes der Stadt, den PNN an. Demnach nehmen die Einrichtungen der Stadt nur noch Kinder auf, die ausreichend gegen Masern geschützt sind. Die Regelung gelte auch für Erzieher. Fraglich ist, ob der Teltower Weg rechtmäßig ist. In Deutschland gibt es derzeit keine gesetzliche Impfpflicht, nur sogenannte Impfempfehlungen.
Trotzdem will Kita-Chefin Haller bei ihrem Vorstoß bleiben. „Wir nehmen keine ungeimpften Kinder mehr auf.“ Ausnahmen gebe es nur, wenn Eltern nachweisen können, dass ihre Kinder wegen Vorerkrankungen oder Allergien nicht geimpft werden können. Für Erzieher gelte das Gleiche: „Eine Impfung ist Voraussetzung, um bei uns arbeiten zu können.“
Das Thema ist brisant. Wurde im vergangenen Jahr im Land Brandenburg nicht ein einziger Masernfall bekannt, hatten die Gesundheitsbehörden allein im ersten Halbjahr dieses Jahres 58 Ansteckungen registriert. Sieben wurden in Potsdam-Mittelmark gezählt, fast alle in der Region Teltow. Neuansteckungen sind im Kreis bislang nicht bekannt.
In Berlin zählte man bis zum Sommer über 400 Masern-Fälle. Dies rief auch die Bundespolitik auf den Plan. So schlug Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor, ungeimpfte Kinder zeitweise vom Unterricht auszuschließen, sollte es an der Schule Masern geben. Bisher gilt diese Regel allein für erkrankte Kinder.
Im Gespräch war auch, den Impfstatus aller Kindergartenkinder bundesweit zu erfragen. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark ist in dieser Sache bereits in Vorleistung gegangen: Im Sommer wurden alle Kommunen gebeten, Impflisten an ihren Kindergärten und Horten anzulegen, für Kinder und auch Erzieher. Im Ernstfall wolle man damit schneller die gefährdeteten Menschen ermitteln können.
„Es handelt sich dabei um eine freiwillige Angabe“, machte Kreissprecherin Andrea Metzler deutlich. Auch deshalb hält sie die Teltower Impfpflicht für fragwürdig. „Es besteht keine Impfpflicht, deshalb kann man das von Eltern auch nicht verlangen.“ Darauf habe auch der Städte- und Gemeindebund hingewiesen. Der hatte sogar das Vorhaben des Kreises rechtlich geprüft, Impflisten anzulegen. Demnach bestehe nicht einmal eine Grundlage, den Impfstatus verpflichtend abzufragen. Erhoben wird der Status lediglich einmal im Leben aller Kinder – wenn sie in die Grundschule kommen.
Dass es beim Thema Impfen zu Ärger kommen kann, hat auch schon Susanne Feser, Chefin des Kita-Eigenbetriebes in Kleinmachnow, erfahren. Vor rund zehn Jahren habe es im Ort regelrechte Elternproteste gegeben. Die Familien sprachen sich gegen eine angebliche Impfpflicht an Kitas und Horten aus. Seitdem weise der Kitaverbund noch deutlicher darauf hin, dass es sich bei den Impfungen und ärztlichen Untersuchungen, die in den Häusern stattfinden, nur um freiwillige Angebote handele, sagte Feser. Eine Impfpflicht sei aus ihrer Sicht – bei derzeitiger Gesetzeslage – ein unzulässiger Eingriff in die Rechte der Eltern. „Wir sind aber über jedes Kind froh, dass geimpft in die Kita kommt“, sagte Feser. Unabhängig davon werde derzeit geprüft, inwieweit der Kitaverbund eine Impfpflicht für seine Erzieher durchsetzen könne. Denn fallen sie wegen Masern aus, wäre schnell der gesamte Kitabetrieb gefährdet.
In beiden Fällen sieht die stellvertretende Amtsärztin in Potsdam-Mittelmark, Karen Brinkmann, hingegen kaum eine gesetzliche Grundlage. „Man kann nur an die Freiwilligkeit appellieren“, sagte die Ärztin. Der Hauptgrund dafür, dass sich die Krankheit überhaupt wieder so stark ausbreite, sei die geringe Impfbereitschaft. Bei einem Ausbruch der Krankheit kann es aber zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie Lungen- oder Hirnhautentzündungen kommen.
„Eine Impfung ist der beste Schutz gegen Masern“, so Brinkmann. Die von Impfgegnern befürchteten Komplikationen treten äußerst selten auf, eine Impfung sei als sicher anzusehen. Die Ärztin hält auch das Argument der Impfgegner für abwegig, dass sich die Masern überhaupt erst durch die Impfungen verbreiten. Selbst wenn Kinder zum Beispiel direkt nach einer Masernimpfung Symptome zeigten, seien sie nicht ansteckend.
In Teltow wird indes schon nach der neuen Regelung verfahren. So sei eine Familie abgewiesen worden, die ihre Kinder zwar in der Kita unterbringen, aber nicht gegen Masern impfen lassen wollte, sagte Solveig Haller. „Ich weiß, dass ich darauf nicht bestehen dürfte, aber ich bleibe dabei.“ Kinder ungeimpft in den Kindergarten zu schicken gefährde das Kind und andere. Haller will es im Zweifel sogar auf ein Gerichtsverfahren ankommen lassen. „Dann möchte ich das einmal durchgeklagt haben.“
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