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Vier Cent pro verkauftem Kilo Schweinefleisch wandern in einen Fonds.

© dpa

Tierschutzplan Brandenburg gestartet: Schöner leben im Schweinestall

Politik, Wissenschaft und Landwirte ringen um einen Konsens für den Landestierschutzplan. Das Vorhaben wurde nun gestartet, die Agrarwende-Initiative pocht auf Tierschutz als verbindliches Ziel.

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Groß Kreutz - Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) hat auf die Kritik der Agrarwende-Initiative am Tierschutzplan reagiert. Zum Startschuss des vom Landtag beauftragten Vorhabens am Montag an der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT) in Groß Kreutz sagte Minister Vogelsänger, dass die vom Aktionsbündnis Agrarwende geforderte Steuerungsgruppe bereits im Januar gebildet werden soll. Auch andere Forderungen des Aktionsbündnis seien bereits umgesetzt. So gebe es ab 2017 für Schweinemast- und Geflügelanlagen eine Deckelung, Agrarinvestitionsförderungen würden ab 2017 nur noch mit höchstem Standard beim Tierwohl vergeben.

Kurskorrektur des Agrarministers nach Kritik

Nach der Kritik der Initiative hatte es vergangene Woche ein Gespräch mit dem Ministerium gegeben, das offenbar zu einer Kurskorrektur Vogelsängers geführt hat. Der Prozess des Landestierschutzplans soll laut Grünen-Fraktion noch einmal neu ausgerichtet werden. Der Plan ist zentraler Teil des Kompromisses nach dem erfolgreichen Volksbegehren gegen Massentierhaltung. Die Agrarwende-Initiative hatte nach dem Kompromiss mit SPD und Linke auf einen Volksentscheid verzichtet.

Zur Erarbeitung eines Entwurfs für den Tierschutzplan waren auf wissenschaftlicher Seite das Potsdamer Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) und die Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT) Groß Kreutz/Ruhlsdorf beauftragt worden. Am Montag kamen rund 200 Experten zu einem ersten Treffen in Groß Kreutz zusammen. Ein Zwischenbericht ist für das erste Halbjahr 2017 geplant. Dabei sollen Aussagen zur Optimierung des Managements und der Haltungsbedingungen beim Tierwohl, die Umsetzung des Arzneimittelgesetzes zur Verbesserung der Transparenz und der Reduzierung von Antibiotikaanwendungen sowie zum Aufbau von Demonstrationsbetrieben getroffen werden. Die Empfehlungen sind auf die Haltung von Geflügel, Rindern, Schweinen und Pferden beschränkt.

Vogelsänger: Wettbewerbsfähigkeit der Erzeuger im Blick behalten

Vogelsänger nannte es eine große Herausforderung, dass vor diesem Hintergrund die Wettbewerbsfähigkeit der Erzeuger erhalten bleibe. Es helfe nicht, wenn der Tierhaltung in Brandenburg die Basis entzogen würde. Für gemeinsame Verbesserungen beim Tierwohl sei nun maximale Kompromissbereitschaft gefordert. Vogelsänger verwies auch darauf, dass Brandenburg mit Saarland und Hessen Spitze im Ökolandbau sei. Die Agrarwende-Initiative pocht indes darauf, dass das Ziel des Landestierschutzplans nur die artgerechte Nutztierhaltung sein könne – nicht aber die Steigerung der Akzeptanz der Nutztierhaltung. Die Initiative will vor allem auch selbst Personen für die Facharbeit an dem Tierschutzplan stellen.

Die Landtagsfraktion der Grünen hatte Vogelsänger zuvor als den falschen Mann für den Tierschutzplan bezeichnet: „In der Praxis versucht das Agrarministerium alles, um die Vertreter des Volksbegehrens von der Erarbeitung dieses Plans möglichst fernzuhalten“, hatte der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Benjamin Raschke, vergangene Woche gesagt. Vogelsänger deute Ziele des Volksbegehrens in seinem Sinne um, er sei immer schon der Interessenwahrer der Massentierhaltung gewesen, so Raschke. Dass es dem Minister nur um die höhere Akzeptanz der Nutztierhaltung in Brandenburg gehe, habe er Ende September im Agrarausschuss selbst deutlich gemacht. „Ziel des von 104 000 Menschen unterstützen Volksbegehrens war aber nicht, der Massentierhaltung ein besseres Image zu verpassen, sondern mehr Tierschutz, mehr Umweltschutz und mehr Gesundheitsschutz“, so Raschke. Nach dem Krisengespräch im Ministerium und der Auftaktveranstaltung zeigte sich der Grünen-Abgeordnete am Montag allerdings zuversichtlich, dass sich Landwirte, Tierschützer und Umweltverbände auf Lösungen verständigen können, die dem Kompromiss zum Volksbegehren gerecht würden.

Agrarforscher: Verzicht auf Amputationen und Küken-Tötung 

Der wissenschaftliche Direktor des Potsdamer ATB, Reiner Brunsch, nannte einen konsensfähigen Maßnahmenkatalog das Ziel. Dabei gelte es vorrangig, EU-Richtlinien zu verankern, wie etwa den Verzicht auf die vollständige oder teilweise Amputation von Körperteilen der Tiere sowie die Tötung männlicher Küken. Der Landesbauernverband Brandenburg verwies hingegen darauf, dass Ökologie, Sozialverträglichkeit aber auch Ökonomie bei dem Vorhaben gleichmäßig zu berücksichtigen seien. Jan Kixmüller

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