Potsdam-Mittelmark: Spargelbauern setzen auf Polen Anteil deutscher Erntehelfer auf
Beelitzer Spargelfeldern soll von 10 auf 15 Prozent erhöht werden
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Beelitzer Spargelfeldern soll von 10 auf 15 Prozent erhöht werden Von Claus-Dieter Steyer und Henry Klix Beelitz - Auf den Spargelhöfen rund um Beelitz laufen die Ernte-Vorbereitungen nicht nur auf den Feldern auf Hochtouren. Überall werden die Unterkünfte für die Spargelstecher hergerichtet, die traditionell mehrheitlich aus Polen kommen. Bis zur offiziellen Saisoneröffnung am 21. April erwarten die Landwirte zwischen Klaistow, Schlunkendorf und Beelitz fast 3000 Männer und Frauen aus dem Nachbarland, die hier in zwei Monaten so viel verdienen wie zu Hause im ganzen Jahr. Der Anteil von Arbeitslosen aus Deutschland hält sich trotz Hartz IV und verschärften Zumutbarkeitsregeln für die Annahme eines Jobs in engen Grenzen. Der Vorstoß der Bundesagentur für Arbeit, mehr Arbeitslose als Erntehelfer einzusetzen, stößt bei den meisten Bauern auf Kopfschütteln. „Wer bei der Arbeitsagentur diesen Vorschlag gemacht hat, müsste sofort entlassen werden“, schimpft Manfred Schmidt, Chef des Beelitzer Spargelvereins. „Er zeugt von einer totalen Unkenntnis der Situation.“ Es gebe in der Region gar keine Bewerber für die harte Arbeit auf den Feldern. Und Arbeitslose „wie in den Gulag aufs Feld zu zwingen“, bringe schon gar nichts. „Schon vor 140 Jahren kamen Erntehelfer aus Schlesien, Pommern oder Ostpreußen zur Ernte in das heutige Brandenburg“, sagt Schmidt. „Sie sind bis heute hoch motiviert, bestens vorbereitet und geradezu tatenhungrig. In der kurzen Zeit wollen sie so viel wie möglich verdienen.“ Mit ihrem Einsatz sicherten sie nicht zuletzt die Arbeitsplätze von deutschen Angestellten. Insgesamt 80 Arbeitsplätze sind zum Beispiel auf dem Spargelhof Buschmann & Winkelmann in Klaistow ganzjährig beschäftigt. 1000 Saisonarbeitskräfte kommen jährlich hinzu, darunter viele Deutsche, die mit Transport, Sortierung und Verpackung beschäftigt sind. Offen spricht der Vereinschef den wachsenden Konkurrenzdruck für die deutschen Spargelbauern an. „Es mangelt in Europa nicht an Spargel. Wenn Beelitz oder andere Regionen wegfallen würden, käme das Gemüse eben aus Süd- oder Osteuropa nach Deutschland“, meint er. „Da können wir unsere Betriebe nicht durch ungelernte und möglicherweise unwillige Arbeitslose gefährden.“ Rückendeckung erhalten die Bauern durch Agrarminister Dietmar Woidke (SPD). In den vergangenen Jahren habe es immer wieder Versuche gegeben, Langzeitarbeitslose für die Spargelsaison zu gewinnen. „Nach zwei, drei Tagen kam oft nur noch die Hälfte zur Arbeit, weil die körperliche Beanspruchung sehr hoch ist“, so Woidke. Außerdem müsse man so eine Arbeit mit Lust und Fachkenntnis ausüben. Die Arbeitsagenturen erteilen den Unternehmen erst dann eine Genehmigung für ausländische Saisonarbeitskräfte, wenn sie keine deutschen Kräfte gefunden haben. „Wir sprechen schon seit langem gezielt Arbeitslose an, sich für einen Job als Erntehelfer zu bewerben“, sagt Isabel Wolling, Pressesprecherin der Potsdamer Arbeitsagentur. „Gerade Jugendliche ohne Ausbildungsplatz erhalten Angebote. Empfänger des Arbeitslosengeldes II könnten unter bestimmten Umständen pro Tag 13 Euro Zuschuss erhalten.“ Aber es sei sehr schwierig zu prüfen, ob die harte Arbeit als Spargelstecher jemandem zuzumuten sei. In den vergangenen Jahren habe es regelrechte Trainingsmaßnahmen der Arbeitsagentur auf den Spargelhöfen gegeben. Wenn sich aber ein körperlich geeigneter Arbeitsloser strikt gegen einen Job auf dem Spargelhof wehre, seien Sanktionen nicht ausgeschlossen. Die Pressesprecherin verweist stolz auf kleine Erfolge. 2004 sei der Anteil der Deutschen an den Erntehelfern gegenüber 2003 von 8 auf 10,5 Prozent gestiegen. In der mittelmärkischen Hartz-IV-Agentur Maia hofft man, den Anteil deutscher Erntehelfer weiter erhöhen zu können. „Es wird eine Quote deutscher Erntehelfer von 15 Prozent angestrebt“, sagt Maia-Sprecher Kai-Uwe Schwinzert, der auf eine Gesprächsrunde mit den Beelitzer Anbaubetrieben verweist. Schwinzert räumt ein, dass es „an der Realität vorbei“ ginge, wollte man nur Deutsche als Erntehelfer beschäftigen. Gerade im Bereich rund um die Ernte, beim Transport, Waschen und Sortieren des Edelgemüses sieht er aber noch Beschäftigungspotenziale für Einheimische. „Da sind wir uns mit den Spargelbauern einig.“
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