
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Werderaner Orgel für Taiwan
Wirtschaftsminister Christoffers startet Innovationstour bei der Firma Schuke
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Werder (Havel) - Die Zukunft liegt in der Ferne. Zumindest für den Orgelbau des Werderaner Unternehmens Schuke. Die Zahl der Aufträge für den Bau neuer Orgeln nehme in Deutschland eher ab, in Ländern wie Mexiko, Russland und auch China aber steige die Nachfrage, so Detlef Zscherpel, der bei Schuke für den Bereich Forschung zuständig ist.
Aktuell arbeiten die 29 Mitarbeiter an einer Orgel für den Konzertsaal im taiwanesischen Pingtung. Die ersten Pfeifen dafür zeigten sie am Montagvormittag Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), der mit einem Besuch bei dem Unternehmen seine diesjährige Innovationstour begann. Schuke Orgelbau war 2009 mit dem Innovationspreis des Landes ausgezeichneten worden. Den Preis hatte Schuke damals für eine „Test-Windlade“ bekommen, mit der Unregelmäßigkeiten in der Druckluft gemessen werden können.
Für die Entwicklung arbeiteten die Orgelbauer mit Wissenschaftlern der Universität Potsdam zusammen – und das nicht zum ersten Mal. Seit 15 Jahren ergründet Schuke zusammen mit Physikern die Funktionen des komplizierten Instruments. Es sei nicht selbstverständlich, dass Handwerksbetriebe und Forscher so eng zusammen arbeiteten, sagte Christoffers. Solche Kooperationen hätten sich mittlerweile in Brandenburg bewährt. Vor allem, um auf dem hart umkämpften Markt konkurrenzfähig bleiben zu können, sei die wissenschaftliche Weiterentwicklung des eigentlich seit Jahrhunderten bewährten Instrumentenbaus wichtig, erläuterte Detlef Zscherpel.
Derzeit erforscht Schuke, ebenfalls mit der Potsdamer Uni, Synchronisationseffekte bei Orgelpfeifen. Denn: Zwei Pfeifen, die klingen, beeinflussen sich. Diesen Effekt könne man nutzen, um neue Töne entstehen zu lassen oder Verstimmungen zu vermeiden, so Zscherpel.
Dass Orgeln, in die so viel Arbeit investiert wurde, nicht ganz billig sind, liegt nahe. Ab 30 000 Euro sind die kleinsten Schuke-Orgeln zu haben, je größer das Instrument, desto teurer. Darin liege auch die Faszination: „Bis in die Zeit des Barock waren Orgeln die größten Maschinen, die die Menschen zu Gesicht bekamen“, sagt Zscherpel. Eines der eindrucksvollsten Schuke-Instrumente – ganze 22 Meter hoch – steht heute in der Kathedrale von Zamora, Mexiko. Zur Einweihung wurden dort acht Messen mit jeweils 2 000 Besuchern gefeiert . Die Orgel im Dom von Kaliningrad, die Schuke 2008 auslieferte, hat 6 000 Pfeifen und kostete 3 Millionen Euro. Ein Teil des Geldes blieb allerdings gleich in Russland, denn die Schnitzereiarbeiten an dem Instrument, das äußerlich eine Nachbildung des barocken Originals ist, wurden vor Ort in Auftrag gegeben.
„Uns fehlt der Stradivari-Effekt, der die Vermarktung allein durch den Namen ankurbelt“, sagt Zscherpel. Bei den weltberühmten Violinen sei die Qualität eng mit dem Markennamen verbunden. Der teuerste Anbieter auf dem deutschen Markt sei Schuke allerdings nicht. Kostspielig seien vor allem die Materialien, verbaut wird massives Eichenholz, das bis zu zehn Jahren lagern muss, um später wind-undurchlässig zu sein. Noch stärker fallen aber die Personalkosten ins Gewicht. Anders als im Barock, der Hochzeit des Orgelbaus, machen sie heute 85 Prozent am Preis einer Orgel aus.
Seit der Gründung des Unternehmens 1820 in Potsdam hat Schuke insgesamt 800 Orgeln gefertigt. Heute wird das Kircheninstrument wieder verstärkt für Konzertsäle eingekauft, doch der Markt ist hart umkämpft. Rund 2 000 Orgelbauer und 250 Firmen gebe es heute in Deutschland. Die Zahl der Mitarbeiter lasse sich so nur begrenzt erweitern, so Zscherpel. Nicht jedes Jahr stellt Schuke deshalb neue Auszubildende ein. Der Anspruch sei es, die jungen Leute auch übernehmen zu können. Der letzte Orgelbau-Lehrling kam aus Mexiko, mittlerweile ist er im Auftrag von Schuke dorthin zurückgekehrt. Er wartet die Orgel in Zamora und soll auch den mexikanischen Markt eruieren.
Daneben gebe es immer wieder Anfragen aus Italien, der Schweiz, Polen, Tschechien, Bulgarien, Brasilien und der Ukraine. Bei der Teilnahme an EU-weiten Ausschreibungen gebe es nur ein Problem: Hier muss oft die Konstruktion genau dargelegt werden – die Ergebnisse der intensiven Forschung, die Schuke betreibt, wären dann kein Betriebsgeheimnis mehr.
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