
© Architekturbüro Stark und Silb, Evangelischer Kitaverband Mitte Nord
Preisgekrönt und weggespart: Berlins geplante Drei-Religionen-Kita fällt dem Haushaltschaos zum Opfer
Kurz vor dem Beschluss des Haushalts wird bekannt: Dem hoch gelobten Integrationsvorhaben droht nach jahrelangen Planungen das Aus. Die Evangelische Kirche ist „bestürzt“, der familienpolitische SPD-Sprecher spricht von einem Skandal.
Stand:
Kurz vor dem Beschluss des Sparhaushalts am 19. Dezember ist am Donnerstag im Bildungsauschuss ein weiterer schwerwiegender Einschnitt bekannt geworden: Die Mittel für das schon im Vorfeld preisgekrönte Drei-Religionen-Kita-Haus sollen komplett gestrichen werden.
Das einzigartige Projekt sollte eine jüdische, eine muslimische und eine christliche Kita unter einem Dach vereinen und eine Umgebung schaffen, in der das Zusammenleben verschiedener Religionen und Kulturen „von frühester Kindheit an als Normalität gelebt und gemeinsam gestaltet wird“, so das verkündete Ziel.
Es ist ein Skandal, dass ein solches Leuchtturmprojekt plötzlich zerstört wird.
Alexander Freier-Winterwerb, Jugendpolitischer SPD-Sprecher
Jahrelange Planungen in der Marchlewskistraße in Friedrichshain waren vorausgegangen, die vor allem vom Evangelischen Kirchenkreis Stadtmitte gestemmt wurden – immer wohlwollend und parteiübergreifend von der Politik begleitet, wie es heißt. Im April 2024 hatte das Vorhaben sogar noch den mit 20.000 Euro dotierten Förderpreis der Deutschen Nationalstiftung errungen.
Im Jahr 2025 sollte es nun losgehen, nachdem insbesondere der Evangelische Kirchenkreis Stadtmitte mit erheblichen Mitteln in Vorleistung gegangen war: 1,7 Millionen Euro sollten nun vom Land fließen, damit mit dem Bau begonnen werden konnte, insgesamt drei weitere Millionen sollten 2026/27 folgen.
Bereits am Mittwoch gab es Gerüchte, dass die Finanzierung zusammen mit weiteren Kita-Investitionsmitteln gestrichen worden sei, um die Einsparvorgaben im Budget der Jugendverwaltung erbringen zu können. Als daraufhin die Grünen im Ausschuss um Aufklärung baten, bejahte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) die Frage nach dem Aus.
Zur Begründung verwies die Senatorin darauf, dass in Friedrichshain keine neuen Kitaplätze gebraucht würden. Im Übrigen seien die Investitionsmittel nur deshalb so knapp, weil es zu viele konsumtive Ausgaben gäbe, sagte sie – was wohl als Spitze gegen die Kostenlos-Politik von SPD-Fraktionschef Raed Saleh gedacht war.
Der Bischof bittet um Rücknahme der Entscheidung
Die Evangelische Kirche reagierte „bestürzt“ auf die Absage der Finanzierung und bat im Namen von Bischof Stäblein „eindringlich, diese Entscheidung zu überdenken und zurückzunehmen“. Es handele sich um ein Projekt, „bei dem Antisemitismus-Bekämpfung mit den Kinderschuhen beginnt“. Die investierten Mittel seien bei einem Aus „sinnlos verbrannt“. Zudem drohe ein „Vertrauensverlust“, mahnte der Länderbeauftragte der Evangelischen Kirche, Martin Vogel.

© Svea Pietschmann
Die Kirche lässt zudem das Argument der ausreichenden Kitaplätze in der Region nicht gelten, da es sich um ein Projekt handele, das wegen seiner „Symbolbedeutung“ ein stadtweites Einzugsgebiet haben würde.
Als „Unverschämtheit“ bezeichnete SPD-Jugendpolitiker Alexander Freier-Winterwerb die Behauptung der Jugendverwaltung, dass CDU und SPD sich darüber „einig“ gewesen seien, „das Projekt an diesem Standort zur Disposition zu stellen“.
Freier-Winterwerb erinnerte daran, dass der Bauantrag gestellt und notwendige Genehmigungen längst erteilt, baurechtliche und verwaltungsbezogene Fragen geklärt seien. Es ist ein „Skandal, dass ein solches Leuchtturmprojekt plötzlich zerstört wird“, sagte er dem Tagesspiegel.
Die Grünen-Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz sagte im Bildungsausschuss, es gehe bei dem Kita-Haus um ein „Symbol des Zusammenhalts in dieser dunklen Zeit“. Ebenso wie die Evangelische Kirche lehnt die Jugendpolitikerin das Argument des Überangebots an Kitaplätzen in der Region um die Marchlewskistraße ab, da es sich um ein Projekt mit berlinweiter Bedeutung handele.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: