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Das Giuseppe-Meazza-Stadion in Mailand gehört zu den ikonischsten im Weltfußball.

© IMAGO/David Rawcliffe

Der letzte Akt für San Siro : AC Mailand und Inter planen Abriss und neues Stadion

Mit dem Stadio Giuseppe Meazza nähert sich eine der großen Stadionikonen ihrem Ende. Am Donnerstag spielt die DFB-Elf vielleicht zum letzten Mal im „Mailänder Opernhaus“.

Stand:

Das alte Wembley-Stadion in London wurde 2003 abgerissen, das Estadio Santiago Bernabéu in Madrid ist nach dem Umbau kaum noch wiederzuerkennen, das Camp Nou in Barcelona ist auf einem ähnlichen Weg und vor einigen Tagen kündigte Manchester United an, ein neues Stadion für 100.000 Fans neben dem Old Trafford errichten zu wollen. Viele der ikonischsten Spielstätten sind der Modernisierung des Weltfußballs bereits zum Opfer gefallen.

Die deutsche Nationalmannschaft spielt am Donnerstag im Viertelfinale der Nations League im San Siro gegen Italien, der FC Bayern am 16. April in der Champions League bei Inter Mailand – sie sollten den Auftritt genießen. Denn auch das legendäre Giuseppe-Meazza-Stadion nähert sich langsam seinem Verfallsdatum.

Ein Stadion wie ein Opernhaus

1926 errichte der AC Mailand die Spielstätte im Stadtteil San Siro, nach dem Krieg zog auch Rivale Inter ein. Vier große Umbaumaßnahmen gab es im Laufe der Jahrzehnte, die letzte vor der Weltmeisterschaft 1990.

San Siro ist ein Stadion, das dir Emotionen gibt. Abends ist es solch ein Spektakel, dass man als Spieler eigentlich einen Smoking anziehen müsste.

Hernán Crespo, früherer Inter-Profi

Damals erhielt das Stadion eine dritte Tribünenebene, ein Dach und elf spiralförmige Treppentürme, die San Siro schon aus der Entfernung unverwechselbar machen. Die Kapazität wurde auf 85.700 Plätze vergrößert.

Oliver Kahn pariert den Elfmeter von Valencias Amedeo Carboni, und die Bayern gewinnen 2001 in San Siro die Champions League.

© imago/Bernd Müller

Benannt ist das Stadion seit 1980 nach dem Weltmeister von 1934 und 1938, Giuseppe Meazza, der für beide Mailänder Klubs spielte. In Italien wird es ehrfürchtig als „La Scala del Calcio“ bezeichnet, angelehnt an das legendäre Mailänder Opernhaus.

Das Stadion hat schon viele große Aufführungen erlebt. Konzerte von Bob Marley und Michael Jackson. Aber natürlich vor allem Fußball. Viel Fußball. „San Siro ist ein Stadion, das dir Emotionen gibt. Abends ist es solch ein Spektakel, dass man als Spieler eigentlich einen Smoking anziehen müsste“, sagte der einstige Inter-Stürmer Hernán Crespo.

Die deutsche Nationalmannschaft spielte auf dem Weg zum WM-Titel 1990 fünf Mal in Mailand, Schalke 04 gewann hier 1997 den Uefa-Cup, Bayern München 2001 die Champions League.

Karl-Heinz Rummenigge, Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann und Andreas Brehme liefen jahrelang für Inter auf. Karl-Heinz („Ausgerechnet“) Schnellinger stand neun Jahre beim AC Mailand unter Vertrag, Oliver Bierhoff, Jens Lehmann und Christian Ziege kamen Ende der Neunziger. Der Berliner Kevin-Prince Boateng feierte Milans Meistertitel 2011 mit einem Moon Walk auf großer Bühne.

Es läuft der letzte Akt

Mittlerweile läuft in der Oper des Calcio längst der letzte Akt. Zum hundertsten Geburtstag wird im kommenden Jahr die Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele im San Siro stattfinden, es wird vermutlich das letzte Großereignis.

Lothar Matthäus (links) spielte jahrelang für Inter, hier im Derby gegen den AC Mailand.

© imago/Passage

Das Champions-League-Finale 2027 hat die Uefa der Stadt wieder entzogen, weil diese dringend nötige Renovierungsarbeiten nicht garantieren konnte. Aus Sicherheitsgründen sind Teile des Stadions bereits gesperrt.

Milan und Inter befinden sich mit der Stadt seit Jahren im Clinch. Es wird diskutiert, taktiert und gedroht. Beide Klubs forcierten zwischenzeitlich eigene Stadionpläne in anderen Stadtteilen, Bürgermeister Giuseppe Sala wollte sie unbedingt im San Siro halten.

Die Stadt, die Eigentümerin des Stadions ist, favorisierte lange eine Modernisierung des Stadions. Doch dazu wird es wohl nicht kommen.

Ein ausverkauftes San Siro ist ein besonderes Erlebnis.

© imago/Insidefoto

Vor einer Woche reichten die beiden Mailänder Klubs bei der Stadtregierung eine Machbarkeitsstudie für eine neue Arena auf dem Parkplatz neben dem alten Stadion ein.

Inter und Milan, die beide US-amerikanischen Investmentfonds gehören, wollen der Stadt das gesamte Gelände in San Siro abkaufen – und das möglichst bis Juli.

Gesamtkosten bei einer bis anderthalb Milliarden Euro

Denn noch in diesem Jahr, 70 Jahre nach seiner Errichtung, würde der zweite Rang des Stadions den Status eines Kulturguts erreichen und wäre damit unantastbar, sofern es sich nicht in Privatbesitz befindet.

Konkrete Pläne der Klubs für die neue Arena sind noch nicht bekannt, aber ein paar Eckdaten.

Die Gesamtkosten sollen bei einer bis anderthalb Milliarden Euro liegen – und etwa ein Viertel des alten Stadions, inklusive eines Treppenturms, soll wie ein Amphitheater für verschiedene Veranstaltungen erhalten bleiben.

Ob es wirklich so kommt, bleibt abzuwarten. Der letzte Vorhang im legendären San Siro nähert sich aber.

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