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Beatrice Vio lässt es sich nach ihrem Sieg schmecken.

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Italiens Fecht-Star: Beatrice Vio holt Gold bei den Paralympics

Die Fechterin ohne Hände und Füße holt ihr zweites Gold bei Paralympics. Die Venezianerin kämpft nicht nur für sich allein.

Und sie hat es wieder getan! Ausnahme-Fechterin Beatrice „Bebe“ Vio aus Italien hat in Tokio ihre zweite paralympische Goldmedaille erfochten. Und das ausgerechnet gegen die Chinesin Jingjing Zhou, die sie schon 2016 in Rio besiegte.

Ausnahme-Athletin: So könnte man wohl jede:n Teilnehmer:in bei den Paralympischen Spielen in Tokio betiteln. Für die 24-Jährige Vio, die als Fechterin ohne Hände und Füße wortwörtlich die Ausnahme von der Regel ist, wurde eben diese vom Sportdachverband aber tatsächlich geändert. Teilnehmerinnen mit amputierter Führhand waren bis dahin nämlich nicht vorgesehen. Heute ist sie die einzige Rollstuhlfechterin, die ohne Beine, Unterarme und Hände antritt.

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Fechten ohne Hände – dass Beatrice Vio einmal dazu fähig werde, war anfangs fraglich. Im Alter von 11 Jahren erkrankte die damals schon seit sechs Jahren fechtende Italienerin an Meningitis: Ihren Kampf gegen die häufig tödliche Infektion gewann sie nur, weil die Ärzte ihr Arme und Beine amputierten. Auch im Gesicht trägt Vio noch Narben von der Krankheit. Darüber sagt sie heute: „Mir geht es sehr gut mit meinen vier Beinpaaren, meinen Händen von Robocop und meinen Narben im Gesicht. Ohne sie würde ich mich gar nicht mehr wiedererkennen.“

Es ist ihre zweite Goldmedaille

Ihrer Leidenschaft, dem Fechten, wollte Vio nach ihrer Krankheit trotzdem weiter nachgehen. „Ich brauche den Geruch meiner alten Fechthalle“, sagte sie. Vater Ruggero band ihr nach anfänglicher Skepsis das Florett mit Tape an den Stumpf – und mit 12 war Tochter Bebe wieder voll dabei.

Seitdem hat sie etliche Medaillen gewonnen: Sie war bereits Europameisterin, sechs mal Weltmeisterin und hat nach ihrem heutigen Sieg zwei paralympische Goldmedaillen im Einzel. Ob sie mit ihrer Mannschaft noch mehr paralympisches Edelmetall holt, sehen wir am Sonntag.

Am Sonntag startet Beatrice Vio noch mit der Mannschaft.

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Doch trotz Vios starker Einzelleistung ist klar: Die gebürtige Venezianerin kämpft nicht nur für sich allein. Mit ihren Eltern gründete sie die Stiftung „Art4Sports“, die Kindern und Jugendlichen hilft, nach Amputationen wieder Sport zu treiben. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie sehr Sport hilft“, sagte sie 2017 bei der Verleihung des Laureus Awards, den sie als Para-Sportlerin des Jahres gewann.

Die Prothese von Beatrice Vio.

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Zudem gründete sie in diesem Jahr zusammen mit Nike die Bebe Vio Academy, die erste italienische Akademie für integrativen Sport. Eines steht fest: Die Türen, die Bebe Vio öffnet, hält sie auch offen.

Dieser Text ist Teil der diesjährigen Paralympics Zeitung. Alle Texte unserer Digitalen Serie finden Sie hier.

Katarina Kunert

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