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Jonas Müller gewann bereits vier Titel mit den Eisbären.

© Imago/Matthias Koch

Berliner Bilderbuch-Karriere: Jonas Müllers Aufstieg zum Kapitän der Eisbären

Vor zehn Jahren musste der Verteidiger bei einem Trainingslager in einem Kofferraum Platz nehmen. Heute ist er Gesicht der Berliner Erfolgswelle und der logische Anführer des Teams.

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Zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass Jonas Müller sich zusammen mit seinem Teamkollegen Kai Wissmann in den Kofferraum eines SUV quetschen musste. Die beiden Verteidiger galten seinerzeit als große Talente und Versprechen für die Zukunft der Eisbären Berlin.

Und als solche waren sie von den Los Angeles Kings als Partnerklub in der National Hockey League (NHL) eingeladen worden, sich zusammen mit vielen hoch veranlagten Nachwuchsspielern im Trainingscamp der Kings zu präsentieren. Besagte Tour durch die kalifornische Metropole war nötig, damit Müller und Wissmann rechtzeitig von einem Fototermin zum Training kamen.

Mittlerweile stehen die beiden für die neue Erfolgsära der Eisbären mit vier Titeln in den vergangenen fünf Spielzeiten in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Beide haben ihre Verträge bis 2029 langfristig verlängert.

Vor dem Start in die Saison allerdings ist die Voraussetzung eine andere: Weil Wissmann, der eigentliche Kapitän, wegen einer Achillessehnenverletzung für viele Monate zuschauen muss, rückt Müller noch mehr in den Fokus – als Kapitän, Abwehrbollwerk und Dauerbrenner auf dem Eis, der nie müde zu werden scheint.

Bereits in den Play-offs der Vorsaison musste Müller, 29, seinen Kumpel Wissmann, 28, in der entscheidenden Phase vertreten, nachdem der sich an der Hand verletzt hatte. „Er hat das damals gut machen und wird das jetzt auch wieder gut machen“, ist Sportdirektor Stéphane Richer überzeugt.

Müller hat seine gesamte Karriere bei den Eisbären verbracht

Müller selbst umschreibt seine Rolle auf gewohnt nüchterne Weise so. „Der Trainer hat bestimmt, dass ich das mache.“ Eine andere Rolle oder Pflicht verspüre er dadurch nicht. „Vielleicht muss ich manchmal mehr sagen.“ Aber bei den Eisbären braucht es ohnehin eher selten jemanden, der dazwischenhaut. Als ein Erfolgsfaktor gilt die außergewöhnliche Teamchemie, gerade auch in der Kabine.

Der Weg Müllers, der aus Karlshorst kommt und sein gesamtes Eishockeyleben bei den Eisbären in Hohenschönhausen verbracht hat, ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine Karriere im besten Fall aussehen kann. Und wie sie aus Sicht des Vereins im besten Fall auch aussehen soll.

Eigentlich habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, woanders zu spielen. Hier ist alles, was ich brauche.

Jonas Müller, Eishockey-Spieler

„Eigentlich habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, woanders zu spielen. Hier ist alles, was ich brauche“, sagt er. Nach Nordamerika hätte es ihn schon gezogen, aber diese Option hat sich im Gegensatz zu anderen im Verein nicht aufgetan – abgesehen von dem bereits beschriebenen Camp.

Müller feierte sein Debüt für die Berliner Profis in der Saison 2013/2014, also in der Zeit, als die erste große Erfolgswelle gerade zu Ende gegangen war. Nach dem siebten und für acht Jahre letzten Titel brauchten die Eisbären eine ganze Weile, um eine neue Ära zu etablieren.

606 DEL-Spiele hat Müller für die Eisbären schon in der DEL bestritten

Und obwohl Müller früher manchmal damit haderte, dass er offensiv nicht so wirklich Akzente setzen kann, war er stets gesetzt und entwickelte sich in der Hierarchie Stück für Stück nach oben. Auch weil er sich den Ruf erarbeitet, praktisch unzerstörbar zu sein.

606 Spiele hat er in der DEL mittlerweile bestritten – und dabei hat er gerade in den letzten Jahren enorm viel Zeit auf dem Eis gestanden. „Wahrscheinlich habe ich vor allem gefehlt, wenn ich gesperrt war, aber ich kann mich kaum erinnern, wann ich mal gefehlt habe“, sagte er im März in einem Interview mit dem Tagesspiegel.

2018
rückte Müller mit seinem Tor im Olympiafinale ins Rampenlicht

Deutschlandweit wurde Müller vor allem 2018 bekannt, als er im Olympiafinale in der 57. Minute sein Team in Führung schoss und um ein Haar den entscheidenden Treffer für die Goldmedaille erzielt hätte. Wäre da nicht die Schlussphase gewesen, in der die olympischen Athleten aus Russland die Partie noch drehten.

In den Folgejahren nahm seine Verantwortung mehr und mehr zu. In der Nationalmannschaft, mit der er 2023 WM-Silber gewann und die er, wenn die Saison normal verläuft, auch bei den Olympischen Spielen in Mailand vertreten dürfte.

Aber auch bei den Eisbären hat er in den vergangenen Jahren seine Rolle als Führungsspieler gefunden und ausgefüllt. Gerade auch als Wegbereiter für Tore ist er zuletzt immer wichtiger geworden. Fünf Tore erzielte er in der vergangenen Saison, 33 bereitete er vor. Das ist sein bisheriger Scoring-Höchstwert.

An diesem Wochenende führt Müller sein Team aber zunächst in der Champions Hockey League im Wellblechpalast aufs Eis, also genau dort, wo er schon als kleiner Junge Eishockey spielte. „Ich freue mich sehr darauf“, sagt er.

Nach dem Auftaktsieg bei Storhamar aus Norwegen (3:0) und der 2:3-Niederlage in Klagenfurt wollen die Eisbären zunächst am Freitag gegen Lukko Rauma aus Finnland (19.30 Uhr) punkten und am Sonntag gegen das französische Team Grenoble nachlegen (19 Uhr). Denn auch in Europa will Müller Kapitän eines erfolgreichen Teams sein.

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