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Marcos Llorente erhält eine Spritze mit einem Impfstoff gegen das Coronavirus.

© dpa/Pablo Garcia/RFEF/AP

Italien, Belgien und Polen sind schon durch: Das sind die Corona-Impfstrategien der EM-Teilnehmer

Die Euro 2020 während Corona lenkt den Blick auch auf den Impfstatus der Spieler. Sind manche Teams komplett durchgeimpft, geht es bei anderen nur langsam voran.

Von Thomas Sabin

Nach dem Zusammenbruch des dänischen Fußball-Nationalspielers Christian Eriksen beim EM-Spiel gegen Finnland steht die Fußballwelt noch immer unter Schock. Nur wenige Tage nachdem Eriksen auf dem Platz kollabierte und noch vor Ort reanimiert werden musste, kursierte bereits das erste Gerüchte: der Zusammenbruch des Dänen hänge mit einer Corona-Impfung zusammen. Einen Zusammenhang mit Corona gibt es jedoch offenbar nicht. Doch wie steht es um den Impffortschritt innerhalb der Mannschaften. Eine Übersicht einiger EM-Teilnehmer, deren Impfstatus bekannt ist.

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Die Fußball-Europameisterschaft 2020 wurden wegen der Corona-Pandemie in das Jahr 2021 verlegt. Ein Corona-Ausbruch innerhalb einer Mannschaft wäre ein Supergau. Einige Teams haben lange vor Turnierbeginn mit den Impfungen begonnen, andere Fußballverbände haben die Entscheidung den Spielern selbst überlassen.

Innerhalb der dänischen Nationalmannschaft waren die Sorgen bereits vor Turnierbeginn groß. Kasper Hjulmand, Trainer der Dänen, sagte dem „Nordschleswiger“ zwei Tage vor dem EM-Auftakt, Corona sei ein Teil des Wettbewerbs und er hoffe, dass „wir von diesem Mist nicht erwischt werden.“

Der 49-Jährige hatte die UEFA schon vor mehreren Wochen dafür kritisiert, nicht alle EM-Teilnehmer rechtzeitig vor Turnierbeginn mit Impfstoff versorgt zu haben. „Es gibt einige Spieler, die geimpft sind: Die müssen sich weniger Sorgen machen. Ich mache mir aber verdammt große Sorgen um die Mannschaften, bei denen es mit neuen Fällen losgehen kann oder schon passiert ist“, sagte Hjulmand. Die dänische Mannschaft selbst ist nicht komplett gegen das Coronavirus geimpft.

Anders verhält es sich bei den Italienern. Nur wenige Wochen vor Turnierbeginn hat man Nägel mit Köpfen gemacht. Die italienische Nationalmannschaft wurde zum zweiten Mal geimpft und genießt vollen Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus. Der italienische Fußballverband (FIGC) teilte vor dem EM-Start mit, dass der 33-köpfige Kader in Rom und Mailand gegen die Krankheit immunisiert worden sei.

So ähnlich erging es auch der belgischen Nationalmannschaft. Die „Roten Teufel“ wurden ebenfalls vor dem Turnier geimpft. Mitte Mai verkündete die Regierung auf interministeriellen Konferenz, dass der gesamte Kader immunisiert werde.

Medienberichten zufolge erhielten alle 26 Spieler, der Betreuerstab und die insgesamt elf gelisteten Reserve-Kicker am 31. Mai und am 1. Juni die Impfung. Demnach sollen die Belgier den Impfstoff des amerikanischen Herstellers Johnson & Johnson erhalten haben.

Johnson & Johnson für die belgische Elf

Beim Vakzin von Johnson & Johnson reicht eine Impfung aus, um vollen Schutz zu erlangen. Somit konnten neben den Italienern auch die belgischer Fußballer samt Betreuerstab sicher in die Euro 2020 starten. „Wir sind der Regierung und den Gesundheitsministern sehr dankbar“, teilte der belgische Fußballverband (KBVB) mit. Die Corona-Impfung sei „sehr wichtig“, damit das Team bei der EM die erhoffte „herausragende Rolle spielen“ könne.

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Die spanische Nationalmannschaft wartete zuerst mit Hiobsbotschaften auf, bevor die Spieler geimpft wurden: Zuerst wurde kurz vor Turnierstart die Corona-Infektion von Kapitän und Spielmacher Sergio Busquets bekannt. Wenig später zeigte der Coronatest von Verteidiger Diego Llorente ein positives Ergebnis. Während Llorente spanischen Angaben nach vier weiteren Test, die allesamt negativ ausfielen, wieder bei der Mannschaft ist, muss „La Furia roja“ weiter auf Busquets verzichten.

Drei Tage vor dem ersten Gruppenspiel gegen Schweden (0:0) am Dienstag, erhielten auch die spanischer Profis ihre Impfungen. Die Injektionen wurden am Freitag im Trainingszentrum in Las Rozas bei Madrid gesetzt, teilte der spanischer Fußballverband (RFEF) mit.

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Welchen Impfstoff sich die Spieler spritzen ließen, war ihnen selbst freigestellt. Ob alle Profis, die bisher keine Impfung bekommen hatten oder keine Corona-Infektionen hatten, tatsächlich geimpft wurden, wurde nicht mitgeteilt.

Der Ex-Spieler des FC Bayern München und aktuell beim FC Liverpool in England unter Vertrag stehende Thiago sagte, die Spieler der Nationalmannschaft wissen, dass die Impfung ein sensibles Thema sei. „Wir hatten das Privileg und das Glück, dass die Regierung entschieden hat, dass wir geimpft werden sollen“, so der Mittelfeldspieler.

DFB überlässt Impf-Entscheidung den Spielern

Ganz anders verhält es sich beim Team von Bundestrainer Joachim Löw. Die deutsche Nationalmannschaft erhielt keine geschlossene Impfung wie die Italiener oder die Belgier. Dies teilte DFB-Direktor Oliver Bierhoff vor Turnierbeginn mit. Den Spielern des EM-Kaders war es demnach in einem Zeitfenster selbst überlassen, sich um eine Impfung zu kümmern.

Zwischen dem Ende in Bundesliga-Saison am 22. Mai und dem Beginn des EM-Trainingslagers in Seefeld/Tirol am 28. Mai seien laut Bierhoff „ein paar Tage, wo die Spieler aktiv werden können. Wir begleiten das“.

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Laut DFB-Direktor gebe es darüber hinaus Pläne, die Profis vor der kommenden Bundesligasaison 2021/22 mit Start am 13. August in einer konzertierten Aktion gegen das Coronavirus zu impfen. „Ich habe auch mitbekommen, dass die Bundesliga sich Gedanken macht, dass die Spieler geimpft werden, um den Ablauf der nächsten Saison zu gewährleisten“, sagte er.

In Bezug auf die Immunisierung des gesamten italienischen Kaders sagte Bierhoff: „Wir haben das natürlich diskutiert und eine Abfrage gestartet, aber wir können oder wollen in die Abläufe der Vereine nicht eingreifen.“ Innerhalb der deutschen Mannschaft sei bislang noch keiner zweimal geimpft, sagte Bierhoff am Freitagabend bei „Magenta TV“.

Der aktuelle Stand der Corona-Impfungen im Team sei aber insgesamt zufriedenstellend. Einige seien einmal geimpft, einige Genesenen und somit keine Impfung mehr notwendig. Zudem seien viele im Betreuerteam zweimal geimpft.

Impfung gegen Corona bleibe „eine persönliche Entscheidung“

Die französische Nationalmannschaft ist ebenfalls noch nicht durchgeimpft. Den Spielern des amtierenden Weltmeisters und ersten Gruppengegners der deutschen Elf werde es selbst überlassen, ob sie sich impfen lassen oder nicht, erklärt Nationaltrainer Didier Deschamps in einem Interview mit dem französischen Sportmagazin Equipe.

Der Coach selbst und sein Betreuerstab hingegen seien geimpft. Für die Spieler bleibe es „eine persönliche Entscheidung“, sagte er. Es gebe weder eine Verpflichtung noch eine Empfehlung der UEFA. In der Folge werde sich das französische Team während des gesamten Turniers in einer Blase mit eingeschränkten Freiheiten befinden, so Deschamps weiter. „Es wird schwierig sein, aber wir müssen damit leben.“

Die portugiesische Nationalmannschaft, ebenfalls Gruppengegner der Deutschen und amtierender Europameister, hat fast die gesamte EM-Delegation gegen Corona geimpft. Das teilte der Fußballverband des Landes (FPF) mit. Demnach sei die Impfaktion der Profis und Betreuer in enger Abstimmung mit der Task Force zur Impfung gegen Covid-19 durchgeführt worden. Wer jedoch alles geimpft wurde, wurde nicht mitgeteilt.

Sechs Profis der Elftal lehnen Impfangebot ab

In der niederländischen Nationalmannschaft gibt es wegen der Corona-Impfungen Streit. Nachdem der niederländische Fußballverband (KNVB) dem gesamten Kader vor dem Beginn der Euro 2020 eine Corona-Impfung angeboten hatte, lehnten sechs der insgesamt 26 Spieler das Angebot ab. Das teilte Team-Coach Frank de Boer während einer Pressekonferenz in Zeist mit.

„Ich empfehle all meinen Spieler eine Impfung und bedauere es, wenn sich anders entschieden wird, aber respektiere die Entscheidungen auch“, so der Trainer. Unter anderem teilte VfL Wolfburg-Stürmer und Torschütze im ersten EM-Gruppenspiel gegen die Ukraine (3:2) vor der EM mit, dass er und seine Familie sich nicht impfen lassen wollen.

Bei der österreichischen Nationalmannschaft habe der Österreichische Fußball Bund (ÖFB) Medienberichten zufolge auf eine kollektive Impfung des Teams verzichtet. Michael Fiedler, Teamarzt des ÖB-Teams, wolle zudem keine Nebenwirkungen riskieren. Dennoch sollen einige Spieler bereits eine Impfdosis erhalten haben, heißt es.

Auch die Spieler der Schweizer Nationalmannschaft konnten sich Anfang Mai gegen das Coronavirus impfen lassen. Die Impfung beruhte auf Freiwilligkeit. Auch einige Fußballer der Elf um Cheftrainer Vladimir Petković haben bereits eine Corona-Erkrankung durchgemacht. Dazu gehören Xherdan Shaqiri vom FC Liverpool und der in Dortmund spielende Manuel Akanji.

Ziel des Impfangebots für die Profis war es, dass diejenigen, die sich impfen lassen möchten, bis spätestens zu Beginn des EM-Trainingslagers (ab dem 26. Mai) die erste Impfdosis erhalten haben. Die zweite Injektion würde erst nach der EM erfolgen, berichtete die schweizer Nachrichtenseite „Südostschweiz.ch“.

Weltfußballer Lewandowski und Teamkollegen druchgeimpft

Der polnischen Nationalmannschaft um Stürmerstar Robert Lewandowski versprach die polnische Regierung schon im April, dass die Mannschaft gegen das Virus geimpft werde. Man wolle, dass die Athletinnen und Athleten „Polen sicher und in bestmöglicher Verfassung vertreten können“, schrieb Ministerpräsident Mateusz Morawiecki im April in den Sozialen Medien.

Wie die „Abendzeitung München“ berichtet, wurde Weltfußballer Lewandowski im Trainingslager der polnischen Nationalmannschaft zusammen mit 18 seiner Teamkollegen mit dem Vakzin von Johnson & Johnson geimpft.

Für die englische Nationalmannschaft forderte Gareth Southgate, Trainer der „Three Lions“, bereits im März eine baldige Impfung seiner Spieler. „Wir haben eine Verantwortung den Spielern gegenüber“, sagte der 50-Jährige über die Impfungen der Profis. Southgate sei der Meinung, die Spieler würden sich in einer Situation befinden, in der sie einem erhöhten Risiko einer Infektion ausgesetzt sind und deshalb eine schnelle Impfung angebracht wäre. Über den Impffortschritt innerhalb der Mannschaft ist bisher nichts bekannt.

Einige Experten blickten zudem skeptisch auf die Impfungen der Fußball-Profis vor EM-Start. „Es kann zu Impfreaktionen kommen, die die Leistung einschränken“, sagte Hans-Georg Predel, Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln, der Deutschen Presse-Agentur.

„Eine Impfung auf den letzten Drücker halte ich nicht für sinnvoll, weil das Nutzenverhältnis wirklich nicht günstig ist“, sagte er mit Blick auf mögliche Impfungen mit Vakzinen, die zweimal verabreicht werden müssen. Dabei komme hinzu, dass die zweite Dosis während des laufenden paneuropäischen Turniers gespritzt werden müsste. In solchen Fällen gebe es die positiven Effekte erst nach der EM.

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