
© imago sportfotodienst/imago sportfotodienst
Der Mann für die schwierigen Fälle: Andre Mijatovic kehrt zu Hertha BSC zurück
Als Spieler hat Andre Mijatovic Hertha BSC schon einmal in die Bundesliga zurückgeführt. Im Idealfall soll ihm das als Co-Trainer von Stefan Leitl noch ein zweites Mal gelingen.
Stand:
Stefan Leitl und Andre Mijatovic sind längst mehr als nur Kollegen. Sie kennen sich seit fast anderthalb Jahrzehnten, haben früher zusammen Fußball gespielt, sind Freunde geworden und haben sich zuletzt in Hannover sogar eine WG geteilt. Bei so viel Nähe bleibt es kaum aus, dass beide gelegentlich auch über Persönliches sprechen. Über Hertha BSC zum Beispiel.
Leitl, seit Anfang der Woche neuer Cheftrainer des Berliner Fußball-Zweitligisten, hat bei den WG-Gesprächen mit seinem ersten Co-Trainer schnell gemerkt, dass Hertha „für Andre eine sehr besondere Station war, ein sehr besonderer Verein. Er hat nur positiv über Hertha gesprochen.“
Vor Leitl, 47, und seinem Co-Trainer Andre Mijatovic, 45, liegt bei Hertha BSC eine gewaltige Aufgabe: Nach vier Niederlagen am Stück, dem Fall auf Platz 14 der Zweiten Liga und der Trennung von Cristian Fiél müssen sie kurzfristig einen weiteren Absturz der Mannschaft verhindern. Mittel- bis langfristig soll das neue Trainerteam Hertha dann wieder nach oben führen, im Idealfall zurück in die Erste Liga.
Für Andre Mijatovic ist das nicht neu. Als er im Sommer 2010 erstmals nach Berlin kam, war die Ausgangslage ähnlich. Hertha war gerade aus der Bundesliga abgestiegen, die Stimmung rund um den Verein entsprechend mies.
„Ich habe sehr gute Zeiten bei Hertha erlebt. Ich habe weniger gute Zeiten bei Hertha erlebt“, sagte der Kroate, als er am Dienstag gemeinsam mit seinem Freund und Chef Stefan Leitl bei Hertha vorgestellt wurde. 52 Pflichtspiele bestritt er zwischen 2010 und 2012 für den Verein, erzielte dabei zwei Tore.
Vor 15 Jahren war Mijatovic Teil eines Doppelwechsels. Am Tag, an dem die Berliner seine ablösefreie Verpflichtung von Arminia Bielefeld bekannt gaben, wurde auch der Weggang des bisherigen Mannschaftskapitäns Arne Friedrich verkündet. Friedrich zog es nach einer schwachen Saison bei Hertha und einer starken WM in Südafrika zum VfL Wolfsburg.
Mijatovic statt Friedrich: Das war nun also die neue Realität bei Hertha. Die Zweitligarealität. Auch wenn Herthas Fans dem früheren Kapitän Friedrich nicht mehr allzu wohlgesinnt waren, hielt sich ihre Begeisterung über die Verpflichtung seines Nachfolgers in Grenzen. Zumal Mijatovic schon 30 Jahre alt war.
Intern aber genoss der neue Innenverteidiger größte Wertschätzung. Im Trainingslager ernannte Markus Babbel, Herthas neuer Trainer, ihn – etwas überraschend – zum neuen Kapitän. „Andre hat unheimlich viel Erfahrung und ist einer, der auf dem Platz den Mund aufmacht, das war mir wichtig“, sagte Babbel.
Wie wichtig Mijatovic für Hertha war, merkte Hertha vor allem, wenn Mijatovic mal nicht spielen konnte. Im Herbst 2010 fiel er wegen einer Fraktur des Schienbeinköpfchens und eines Außenbandanrisses im rechten Knie für sieben Wochen aus. Ohne ihren Kapitän und Abwehrchef kassierten die Berliner am elften Spieltag der Saison ihre erste Niederlage, sie verloren vier von sechs Partien und fielen in der Tabelle zwischenzeitlich von Platz eins auf fünf zurück.

© dpa/Andreas Gora
Mijatovic war ehrgeizig. „Ich will raus aus dieser Liga! Wer kommt mit?“, fragte er seine Kollegen in der Kabine. Letztlich schaffte Hertha souverän den Wiederaufstieg. Nach dem letzten Heimspiel nahm Mijatovic die Schale für den Zweitligameister in Empfang. „In einer besseren Truppe habe ich noch nie gespielt. Hertha ist der Höhepunkt für mich“, sagte er im Laufe seiner ersten Saison in Berlin.
Die zweite verlief dann nicht mehr ganz so gut. Nicht für ihn. Und nicht für Hertha. Zwar war Mijatovic auch nach dem Aufstieg zunächst Stammspieler und widerlegte damit die latenten Zweifel, dass die Bundesliga eine Nummer zu groß für ihn sein könnte. Am Ende der Hinrunde deutete mit 20 Punkten, Platz elf in der Liga und dem Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals alles auf eine sorgenfreie Saison hin. Nach der Winterpause aber ging es für Hertha unter Babbels Nachfolger Michael Skibbe rapide bergab.
Otto Rehhagel setzte nicht auf ihn
Der Verein reagierte auf den Absturz und ersetzte Skibbe durch den Trainerroutinier Otto Rehhagel. Unter ihm hatte Mijatovic einen schweren Stand. In der Liga schaffte er es nur noch einmal in die Startelf. Im Hinspiel der Relegation gegen Düsseldorf bot Rehhagel sogar lieber Mittelfeldspieler Peter Niemeyer in der Innenverteidigung auf als Mijatovic. Hertha verlor 1:2.
Im Rückspiel durfte Mijatovic noch einmal von Anfang ran, ein letztes Mal trug er bei Hertha BSC die Kapitänsbinde. Doch das 2:2 reichte nicht, die Berliner mussten zurück in die Zweite Liga. „Der Abstieg war auch für mich persönlich eine Niederlage – weil ich Hertha nach der Relegation als Kapitän eines Erstligisten verlassen wollte. Leider ist mir das nicht gelungen“, hat Mijatovic nach seinem Wechsel zum FC Ingolstadt in einem Interview mit dem Tagesspiegel gesagt.
Für eine automatische Verlängerung seines auslaufenden Zweijahresvertrags hätte Mijatovic 25 Pflichtspiele in der Saison 2011/12 bestreiten müssen. Vier Einsätze fehlten ihm am Ende.
Der Kroate wäre gerne geblieben. Auch um den Unfall – den Abstieg – zu reparieren und Hertha ein zweites Mal in die Bundesliga zurückzuführen. Vielleicht gelingt ihm das ja nun in neuer Funktion. Zweieinhalb Jahre läuft Mijatovics Vertrag bei Hertha BSC.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: