
© dpa/B.Ramon
Deutsche Bahnradsportler schwer verletzt: Der nächste Crash fährt immer mit
Sechs deutsche Bahnradsportler verunglücken schwer auf Mallorca. Offenbar wurden sie Opfer eines sehr alten Fahrers. Unglücke wie diese sind im Profi-Radsport keine Einzelfälle.
Stand:
Strahlend blauer Himmel, im Hintergrund die Berge – Louis Gentzik strahlt mit einer Nationalmannschaftskameradin in die Kamera und macht das Victory-Zeichen. „Meter machen auf Malle“, kommentierte er das Bild auf seinem Instagram-Kanal. Beneidenswert, das Leben eines Radprofis in solchen Momenten, möchte man meinen.
Der Eintrag stammt vom 16. Januar. Knapp zwei Wochen später befindet sich der 18 Jahre alte Bahnradprofi zusammen mit vier weiteren Kollegen im Krankenhaus.
Bei einem schweren Unfall auf Mallorca wurden sechs Mitglieder der deutschen Bahnradnationalmannschaft von einem Autofahrer angefahren und zum Teil schwer verletzt. Wie der deutsche Radsport-Verband German Cycling mitteilte, gab es zahlreiche Frakturen. Lebensgefahr besteht jedoch bei keinem der Athleten.
Der Bundestrainer der Gruppe, Lucas Schädlich, war Zeuge des Vorfalls, während er das Team vom Begleitfahrzeug aus unterstützte. Er leistete sofort Erste Hilfe und sicherte den Unfallort, bis die Rettungsdienste eintrafen.
Ich habe einen Haarriss in der Schulter, eine Gehirnerschütterung und leichte Hämatome in der Lunge.
Louis Gentzik, verunglückter Bahnradsportler
„Danke für all die lieben Nachrichten und Genesungswünsche! Zur aktuellen Situation kann ich für meinen Teil Entwarnung geben“, schrieb Gentzik bei Instagram. Dazu postete er ein Foto aus einer Klinik, auf dem er den Daumen nach oben zeigt.
Gentzik ergänzte: „Ich habe einen Haarriss in der Schulter, eine Gehirnerschütterung und leichte Hämatome in der Lunge. Ich werde noch zwei Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben und hoffe, bald nach Hause fliegen und wieder mit dem Training beginnen zu können.“
Neben Gentzik sind der frühere U-23-Europameister Tobias Buck-Gramcko, die beiden WM-Dritten Benjamin Boos und Bruno Kessler sowie Max-David Briese und Moritz Augenstein betroffen. Sie gehören zur Ausdauer-Nationalmannschaft, die sich auf der spanischen Insel zur Vorbereitung auf die Bahnrad-EM vom 12. bis 15. Februar in Heusden-Zolder (Belgien) befand.
Keßler hat nach Angaben der dpa das Krankenhaus schon wieder verlassen. Der Leipziger erlitt keine Knochenbrüche, bei ihm wurde tiefe Schürfwunden versorgt und er konnte ins Teamhotel zurückkehren.
Der Verband German Cycling wollte sich am Dienstag nicht detailliert zu dem Unfall äußern. „Alle Beteiligten müssen zur Ruhe kommen. Außerdem wollen wir alle Untersuchungen abwarten“, teilte Sprecherin Christina Kapp dem Tagesspiegel mit.
Kennen Sie schon unsere Sport-Videos?
Das Unglück ereignete sich laut der „Mallorca Zeitung“ gegen 10:20 Uhr auf dem Camí de Can Capó nahe dem Flughafen. Ein 89-jähriger Autofahrer hielt offenbar den Sicherheitsabstand nicht ein und erfasste die Gruppe von hinten.
Eine Alkoholprobe beim Unfallfahrer ergab ein negatives Ergebnis. Er wurde laut dem Medium nicht festgenommen. Nach Angaben der Inselzeitung „Última Hora“ ist es wahrscheinlich, dass der Fahrer abgelenkt war und die Gruppe deshalb zu spät bemerkte. Die Fahrräder wurden beim Zusammenprall komplett zerstört. Die Guardia Civil untersucht nun den genauen Unfallhergang.
Schwere Trainingsunfälle im Radsport sind keine Ausnahme – im Gegenteil: In regelmäßigen Abständen kommt es zu solchen Vorfällen. Erst in der vergangenen Woche starb die italienische Nachwuchs-Radsportlerin Sara Piffer, nachdem sie in Südtirol von einem Auto frontal erfasst wurde.
Giro-Sieger Michele Scarponi verunglückte 2017 bei einer Kollision mit einem Kleintransporter in seiner Geburtsstadt Filottrano tödlich. Fünf Jahre später kam sein Landsmann Davide Rebellin bei einer Trainingsfahrt ums Leben, als er mit einem Lastwagen zusammenstieß.
Dies sind nur einige Beispiele von etlichen Unfällen in den vergangenen Jahren. In der Mehrzahl der Fälle trifft die Sportlerinnen und Sportler keine Schuld. Vermeiden ließen sich derartige Tragödien wohl nur, wenn die Profis keine öffentlichen Wege und Straßen für ihre Trainingseinheiten nutzen würden.
Im Freien aber ist das kaum möglich. Und selbst Bahnradfahrer können nicht ausschließlich in den Hallen trainieren. So sind sie Verkehrsteilnehmer wie alle anderen. Und auf den Straßen fährt der nächste Crash immer mit.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: