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Harter Kampf. Im Pokal mussten sich Toni Leistner (links) und Hertha BSC dem 1. FC Köln geschlagen geben.

© imago/Jürgen Schwarz

Die erste echte Prüfung für den Leitl-Fußball: Hertha BSC muss beim Tabellenführer Köln antreten

Zum dritten Mal in dieser Spielzeit treffen die Berliner auf den 1. FC Köln. Die ersten beiden Begegnungen gingen verloren, seitdem aber hat sich bei Hertha einiges geändert.

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Der Mann, der kurzfristig auf einer ungewohnten Position aushelfen musste, war bestens vorbereitet. Offenbar hatte er kurz vor seinem Einsatz noch wertvolle Tipps bekommen. Andre Mijatovic, der Co-Trainer von Hertha BSC, ließ sich jedenfalls nicht auf dem falschen Fuß erwischen.

Der Kroate saß am Donnerstagmittag im Medienraum des Berliner Fußball-Zweitligisten, um seinen erkrankten Chef Stefan Leitl bei der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel gegen den 1. FC Köln (Samstag, 20.30 Uhr, Sky und Sport1) zu vertreten. Ja, sagte Mijatovic, er sei darüber informiert worden, dass es schon einige Zeit her sei, dass Hertha drei Ligaspiele nacheinander gewonnen habe.

Fünfeinhalb Jahre, um genau zu sein. Damals war Hertha noch erstklassig und Ante Covic Cheftrainer der Berliner. In der Tat lange her. Aber an diesem Samstag nimmt die Mannschaft nach den jüngsten Siegen gegen Braunschweig und Karlsruhe einen weiteren Anlauf. Wobei: Gegen jeden anderen Gegner der Liga wären die Erfolgsaussichten wohl großer als gegen den 1. FC Köln.

Zweimal sind beide Mannschaften in dieser Saison bereits aufeinander getroffen, und beide Duelle endeten für Hertha mit einer Niederlage: In der Liga verloren die Berliner im heimischen Olympiastadion mit 0:1, im Pokal schieden sie, auswärts in Müngersdorf, nach aufopferungsvollem Kampf höchst unglücklich durch ein 1:2 nach Verlängerung aus.

Groß waren die Unterschiede in beiden Spielen nicht – zumindest nicht so groß, wie es die aktuelle Tabelle der Zweiten Liga vermuten lässt. Der 1. FC Köln ist Spitzenreiter, während Hertha sich seit Wochen im unteren Mittelfeld tummelt.

Vor dem Hinspiel Anfang November sah das noch anders aus. Da lagen die Berliner als Sechster noch deutlich vor den Kölnern auf Platz zwölf – mit immerhin fünf Punkten Vorsprung. Für den FC aber war dieses Spiel der Wendepunkt in einer Saison, die für ihn trotz des schwierigen Starts tatsächlich noch mit dem direkten Wiederaufstieg enden könnte.

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Punkte lag Hertha vor dem Hinspiel vor den Kölnern. Inzwischen haben die Berliner 18 Punkte Rückstand.

Marvin Schwäbe ersetzte in Berlin erstmals den jungen Jonas Urbig im Tor, zudem kehrte Dominique Heintz, der erfahrene Innenverteidiger, in die Abwehr zurück. Seitdem haben die Kölner 38 Punkte geholt, mehr als jedes andere Team der Liga. Hertha hingegen kommt im selben Zeitraum auf gerade 15 Zähler. So wenige hat sonst nur noch der abgeschlagene Tabellenletzte Jahn Regensburg gesammelt.

Der Strategiewechsel des Kölner Trainers Gerhard Struber im Herbst war ausschlaggebend für den Aufschwung des Teams. Nachdem er lange an seiner Idee vom offensiven Fußball festgehalten hatte, wählte er schließlich einen Ansatz, der besser zu den Gepflogenheiten der Liga passt. Hinten steht der FC stabil, hat in den jüngsten 17 Spielen nur noch zwölf Gegentore kassiert, und vorne besitzt er genügend individuelle Qualität, um Spiele für sich zu entscheiden.

Wir spielen den Fußball, den es in der Zweiten Liga braucht.

Herthas Mittelfeldspieler Diego Demme

Dieser Paradigmenwechsel ist inzwischen auch bei Hertha BSC zu beobachten. Anders als in Köln aber war dazu erst ein Wechsel auf der Trainerposition vonnöten. Cristian Fiél, ein Anhänger des Fußballs von Pep Guardiola, wurde Mitte Februar durch Stefan Leitl ersetzt, der in seiner Herangehensweise deutlich pragmatischer ist – vielleicht weil er länger in der Zweiten Liga tätig ist als jeder andere aktuelle Coach.

„Stefan ist ein sehr erfahrener Zweitligatrainer“, sagt Fabian Reese, der schon bei Greuther Fürth unter Leitl trainiert hat. „In der Zweiten Liga ist es ganz entscheidend, nicht in Schönheit zu sterben, sondern zielorientiert das auf den Platz zu bekommen, was Punkte bringt.“

Leitl spricht gerne von den Prioritäten der Zweiten Liga. Man muss sich einlassen auf ihre Intensität, anstatt den Versuch zu unternehmen, ihr zu entkommen. Der FC war dafür in den vergangenen Monaten ein Paradebeispiel. „Die Prioritäten in der Zweiten Liga sind Zweikampfhärte, Laufleistung, Sprintleistung. Da sind die Kölner gut dabei“, sagt Co-Trainer Mijatovic.

Hertha hat das Risiko minimiert

Aber auch Hertha wird den Anforderungen der Liga immer besser gerecht. In vier von fünf Spielen unter Leitl ist die Mannschaft mehr gelaufen als der Gegner. Ballbesitz jedenfalls, für Fiél ein Ausdruck fußballerischer Qualität, genießt nicht mehr höchste Priorität. Bei den jüngsten beiden Siegen hatte Hertha kein Problem damit, dem Gegner den Ball zu überlassen.

„Wir spielen den Fußball, den es in der Zweiten Liga braucht“, sagt Mittelfeldspieler Diego Demme, „mit nicht so viel Risiko hinten raus.“ Benjamin Weber, Herthas Sportdirektor, bescheinigt dem Team unter Leitl „ein ganz anderes Level an Stabilität“.

Der Dominique Heintz der Berliner heißt gewissermaßen Toni Leistner, der als zentraler Mann der Dreierkette wieder seinen Platz im Team gefunden hat. „Durch die Systemumstellung haben wir ein bisschen mehr Stabilität bekommen“, sagt Herthas Co-Trainer Mijatovic. „Toni hat definitiv seinen Beitrag geleistet.“ Und vorne hilft die individuelle Qualität von Fabian Reese, der Spiele ganz allein entscheiden kann.

Wie stabil dieser Aufwärtstrend schon ist, das könnte sich am Samstagabend zeigen. Das Duell mit dem FC ist die denkbar größte Prüfung für den Leitl-Ball.

Die fünf bisherigen Gegner, gegen die Hertha unter dem neuen Trainer gespielt hat, belegten gemittelt Tabellenplatz elf. Köln hingegen ist nicht nur Tabellenführer, Köln hat auch die jüngsten drei Ligaspiele gewonnen. „Das ist eine Herausforderung für uns“, sagt Andre Mijatovic. „Aber wir haben auch was zu bieten.“

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