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Gold erlegt. Mathias Mester warf seinen Speer am weitesten.

© dpa

EM der Para-Leichtathleten: Ein Magnet ohne Anziehung

Die Veranstalter der Para-EM ziehen eine positive Bilanz. Nur die Zuschauerzahlen hätten besser sein dürfen.

Von Benjamin Apitius

Endlich strömten die Massen einmal herbei. Die Reichen und Schönen, die Familien, die Hipster, die Gammler und Gauner. Auf den Gehsteigen rund um den Friedrich-Ludwig-Jahnsportpark herrschte am Sonntag dichtes Gedränge. Schloss man in diesem Getümmel einmal die Augen, so konnte man sich nach London träumen, vor einem Jahr waren die Weltmeisterschaften der Para-Leichtathleten dort zum Kassenschlager geworden, in einer Woche wollten über 300.000 begeisterte Zuschauer die Wettkämpfe im Olympiastadion verfolgen. Auch in Berlin waren die Straßen in Prenzlauer Berg nun mit Menschen geflutet. Doch um den Sportpark zog die Masse einen Bogen. Ziel der Menschen war an diesem Tage der Mauerpark, mit seinem bekannten Flohmarkt ein weitaus größerer Magnet als 100 Meter weiter entfernt die Europameisterschaften der Para-Leichtathleten.

„Mit London wollten wir uns hier ja auch nie messen lassen“, sagte Thomas Urban dann auf der Abschlussveranstaltung wenig später, „so weit sind wir in Deutschland eben noch nicht“, ergänzte der Generalsekretär des Deutschen Behindertensportverbands (DBS). Dass die Zuschauertribünen bei der einwöchigen Veranstaltung aber weitgehend leer blieben, enttäuschte natürlich auch die Veranstalter selbst. In Berlin lockten die sportlichen Höchstleistungen lediglich 30.000 Menschen ins Stadion. Nur mit den Zuschauerzahlen bei den Wettkämpfen am Morgen zeigte sich Urban zufrieden. Zu diesen sogenannten Morningsessions hatte der Verband mit einigen Partnern viele Schulen mobilisiert, mit den Schülerinnen und Schülern kam man an manchen Tagen so auf 3500 Zuschauer.

Die deutsche Mannschaft holte insgesamt 42 Medaillen

Für DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher lag die mangelnde Resonanz an der zweiten Tageshälfte auch am europäischen Leichtathletik-Verband. Dieser habe von Anfang an jegliche Kooperation abgelehnt. Dass bei der Leichtathletik-EM im Berliner Olympiastadion zuvor eine gemeinsame Werbung und ein gemeinsamer Kartenverkauf unterbunden wurde, sei nicht nur eine vergebene Chance. „Das war diskriminierend“, sagte Beucher.

Das mangelnde Interesse der Berliner Bevölkerung ist einer der wenigen Punkte, mit denen sich die Veranstalter kritisch auseinandersetzen müssen. Die EM mit ihren 191 Entscheidungen war ansonsten aber perfekt organisiert und aus sportlicher Sicht ein voller Erfolg. Lediglich ein Fuchs, der an einem der Vormittage aus dem Stadion vertrieben werden musste, und zwei Gewitterfronten ließen den Stresspegel kurzzeitig steigen.

Rein sportlich erlebte der Behindertensport in Berlin eine „Veranstaltung auf Weltniveau“, wie DBS-Präsident Beucher die vergangenen sieben Tage zusammenfasste. Für die 39 Athletinnen und Athleten aus der deutschen Mannschaft setzte es insgesamt 42 Medaillen. Mit drei Goldmedaillen und einmal Silber überzeugte dabei vor allem Nachwuchsstar Felix Streng, der am Sonntag über 100 Meter eine neue Saisonbestleistung aufstellte. „Er hat ein unglaubliches Potenzial“, sagte Cheftrainer Willi Gernemann, der zudem die fünf Medaillen aus dem Juniorenteam hervorhob. Neben dem 23-jährigen Streng und Johannes Floors über 400 Meter landete am letzten EM-Tag auch Speerwerfer Mathias Mester ganz vorn. Sein Jubel wäre ohne den Flohmarkt vielleicht auch im Mauerpark zu hören gewesen.

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