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Loris Karius (rechts) lässt sich nach seinem erfolgreichen Debüt für die Schalker von seinen Kollegen feiern.

© imago/osnapix/IMAGO/osnapix / Marcus Hirnschal

Minus mal minus ergibt plus: Schalke 04 setzt auch gegen Hertha BSC auf Loris Karius

Lorius Karius galt einmal als eines der hoffnungsvollsten Torhütertalente des Landes, dann geriet seine Karriere ins Stocken. Bei den kriselnden Schalkern hofft er nun auf einen Neustart.

Stand:

Fußball ist keine Mathematik, aber gelegentlich gelten mathematische Gesetze auch im Fußball. Dass minus mal minus plus ergibt zum Beispiel.

Ein solcher Fall war am vergangenen Wochenende in der Zweiten Liga zu beobachten. Schalke 04 empfing Preußen Münster, und erstmals stand bei den Schalkern Loris Karius im Tor. Für beide – den Torhüter und den Verein – ist es zuletzt nicht besonders gut gelaufen. Doch ausgerechnet die Kombination zweier Gestrauchelter erwies sich als echtes Match.

„Unser Torwart hat den Unterschied ausgemacht“, sagte Schalkes Trainer Kees van Wonderen nach dem 1:0-Sieg seiner Mannschaft gegen Münster.

„Super Paraden“ bescheinigte der Niederländer dem 31 Jahre alten Karius. „Er war da, als er da sein musste.“ Vor allem in der ersten Halbzeit, als es noch 0:0 stand und der Torhüter das Duell mit Münsters Joshua Mees für sich entschied. Und noch einmal kurz vor Schluss bei einer beeindruckenden Doppelparade. Anschließend stürmte die gesamte Mannschaft zu Karius, um ihn zu feiern.

Unser Torwart hat den Unterschied ausgemacht.

Schalkes Trainer Kees van Wonderen über das Debüt von Loris Karius

„Er kommt mehr und mehr in den Rhythmus“, sagte van Wonderen. „Das hat man, oder das hat man nicht.“ Fünf Paraden wurden für Schalkes Torhüter gezählt, 1,43 expected Goals der Münsteraner verhinderte er – und sicherte seinem Team damit das vierte Zu-null-Spiel dieser Saison.

Erst im Januar ist Karius als vereinsloser Spieler nach Gelsenkirchen gekommen. Und das eigentlich nur, um das Torhüterteam wieder aufzufüllen, nachdem Ersatzkeeper Ron-Thorben Hoffmann an Eintracht Braunschweig verliehen worden war. Es ist ein bisschen anders gekommen: Wenn die Schalker an diesem Samstag (13 Uhr, Sky) bei Hertha BSC in Berlin antreten, wird Karius natürlich erneut zwischen den Pfosten stehen.

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Pflichtspiele hat Karius in den vergangenen fünf Jahren bestritten

Und plötzlich verbindet sich mit seinem Namen die Hoffnung, dass die Schalker ein fast schon chronisches Problem lösen können. Seitdem Alexander Nübel vor knapp fünf Jahren zu Bayern München gewechselt ist, sucht der Klub eine verlässliche Nummer eins – und findet sie einfach nicht.

Allein in der Vorsaison sind vier Torhüter für den Zweitligisten zum Einsatz gekommen. Insgesamt durften sich seit 2020 sieben Bewerber an Nübels Nachfolge versuchen. Karius war gegen Münster die Nummer acht.

Mit 16 wechselte er zu Manchester City

„Mein erstes Ziel war es, ins Tor zu kommen. Das habe ich erreicht“, sagte er nach seinem Debüt. „Mein nächstes Ziel ist es, konstant gut zu spielen. Wenn ich das erreicht habe, schauen wir weiter.“

Dass ausgerechnet Karius Schalkes Torwartproblem löst, wäre schon eine schräge Geschichte. Denn so wie der Revierklub mal eine große Nummer im deutschen Fußball war, so zählte Loris Karius aus Biberach an der Riß einmal zu den hoffnungsvollsten Torhütertalenten des Landes. Bereits als künftiger Nationalspieler wurde er gehandelt.

Karius war 16, als er aus der Jugend des VfB Stuttgart zu Manchester City wechselte. Er war Anfang 20, als er bei Mainz 05 jüngster Stammtorhüter der Bundesliga war. Und er war 24, als er mit dem FC Liverpool als scheinbar stabile Nummer eins das wichtigste Spiel im Klubfußball bestreiten durfte.

Höhe- und Tiefpunkt seiner Karriere. Im Champions-League-Finale 2018 lässt Lorius Karius einen eigentlich harmlosen Ball durch seine Finger flutschen.

© imago images/Shutterstock/Matt West/BPI/Shutterstock via www.imago-images.de

Im Mai 2018 traf Karius mit Liverpool im Finale der Champions League auf Real Madrid. Es war für ihn der Höhepunkt seiner Karriere – und zugleich ihr Tiefpunkt. Denn dass die favorisierten Engländer das Endspiel 1:3 verloren, lag nicht zuletzt an zwei abstrusen Fehlern ihres deutschen Torhüters.

Erst warf Karius Reals Stürmer Karim Benzema den Ball genau in den Fuß, dann ließ er einen Schuss von Gareth Bale durch seine Finger flutschen. Später stellte sich heraus, dass der Torhüter mit einer Gehirnerschütterung gespielt hatte und dadurch in seiner Wahrnehmung beeinträchtigt war. Reals Rüpel Sergio Ramos hatte ihn kurz vor der Pause mit einem Ellbogencheck niedergestreckt.

Nach diesem Spiel kam Karius – trotz eines Vertrags bis 2022 – nie mehr für Liverpool zum Einsatz. Er tingelte fortan durch Europa, machte unter anderem in der Saison 2020/21 beim 1. FC Union in Berlin Station und wurde auch dort nicht glücklich.

Verwechselt. Beim 1. FC Union Berlin saß Karius (rechts) zumeist auf der Bank.

© imago images/Matthias Koch/Matthias Koch via www.imago-images.de

Die Hoffnung, Unions neue Nummer eins zu werden, erfüllte sich nicht. Karius musste sich hinter Andreas Luthe einreihen und bestritt nur fünf Pflichtspiele für den Klub, vier in der Liga, eins im Pokal. „Im Nachhinein betrachtet würde ich den Wechsel zu Union Berlin nicht mehr machen“, sagte er später. „Ich hatte nie wirklich eine faire Chance, mich dort auszuzeichnen.“

Als Karius im Januar zu Schalke kam und dort einen Vertrag bis zum Saisonende unterschrieb, war er seit einem halben Jahr vereinslos. Sein letzter Einsatz (für Newcastle, 1:4 gegen Arsenal) lag elf Monate zurück. Überhaupt hat Karius in den vergangenen fünf Jahren nur sieben Pflichtspiele bestritten.

„Es war ein langer Leidensweg“, hat er nach seinem Debüt für Schalke am vergangenen Wochenende gesagt. „Ich hab’s von der ersten Minute an durchgehend genossen. Das ist ja eigentlich Champions-League-Niveau, was wir hier vorfinden mit 60.000 Zuschauern. Was Besseres gibt es nicht.“

Fußballerisch ist Schalke von Champions-League-Niveau inzwischen allerdings weit entfernt. Wenn das Team an diesem Samstag im Olympiastadion spielt, dann treffen zwei schwer angeschlagene Traditionsvereine aufeinander, die ihren Fans zuletzt nicht nur miese Ergebnisse, sondern auch miesen Fußball zugemutet haben.

Dass die Leistungen der beiden Torhüter über den Ausgang des Duells entscheiden, ist angesichts der dürftigen fußballerischen Darbietungen beider Mannschaften zumindest nicht auszuschließen.

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