
© dpa/Andreas Gora
Es wird ungemütlich für Hertha BSC : „Das ist schon der tiefste Tiefpunkt der Hinserie“
Wieder gehen die Berliner in Führung, wieder kassieren sie am Ende eine Niederlage. Das 1:2 gegen Preußen Münster ist im achten Heimspiel bereits Herthas fünfte Pleite im eigenen Stadion.
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Zu Beginn der zweiten Halbzeit wurde es ganz still im riesigen Olympiastadion. Fast schon gespenstisch still. In der Ostkurve waren Sanitäter im Einsatz, die Fans von Hertha BSC und Preußen Münster schwiegen.
Etwas mehr als fünf Minuten dauerte der Einsatz. Dann wehten die Fahnen in der Kurve wieder, und die Fans sangen wieder ihre Lieder. Gleich darauf aber verschlug es ihnen erneut die Stimme.
Herthas Sechser Pascal Klemens vertändelte am eigenen Strafraum den Ball an Daniel Kyerewaa, der nur noch Torhüter Tjark Ernst vor sich hatte und zum überraschenden 1:1 für die Gäste traf. „Es macht mich wütend, weil es zu einfache Dinge sind“, sagte Herthas Trainer Cristian Fiél, „Dinge, die unfassbar weh tun.“
Der Schmerz bei den Berliner wird immer schlimmer. Gegen Münster, den Aufsteiger und bisherigen Vorletzten der Tabelle, hat Herthas schon wieder eine Führung verspielt. Und schon wieder kam es danach für den Berliner Fußball-Zweitligisten noch ärger.
Knapp fünf Minuten vor dem Ende kassierte Hertha durch Torge Paetow den Treffer zum 1:2 (1:0)-Endstand, wieder einmal nach einem Standard. Das späte Tor besiegelte im achten Heimspiel der Saison Herthas fünfte Niederlage.
Dreimal war Preußen Münster seit der Bundesligagründung im Jahr 1963 zu Pflichtspielen bei Hertha angetreten. Dreimal verließen die Preußen als Verlierer den Platz, dreimal erzielten sie nicht einmal ein Tor.
All das änderte sich am Freitag vor 45.767 Zuschauern im Olympiastadion. „Irgendwie werden wir jetzt der Aufbaugegner der Liga, das darf so nicht sein“, sagte Herthas Kapitän Toni Leistner nach dem Spiel. „Das ist schon der tiefste Tiefpunkt, den wir in der Hinserie haben.“
Dabei dominierte Hertha die Partie vor der Pause, hatte mehr Ballbesitz, mehr Chancen, konnte die Überlegenheit aber zunächst nicht in Zählbares ummünzen. Immer fehlte ein bisschen: der letzte Pass, die letzte Präzision, die letzte Überzeugung. So verdaddelte Michael Cuisance nach einer knappen Viertelstunde eine Drei-zu-eins-Überzahlsituation mit einem schlampigen Pass in die Spitze.
Irgendwie werden wir jetzt der Aufbaugegner der Liga.
Herthas Kapitän Toni Leistner
Münster war im Spiel nach vorne recht harmlos, versuchte es vor allem mit weiten Bällen in die Spitze. Trotzdem wirkte Herthas Defensive bei den wenigen Offensivbemühungen der Gäste nicht immer sicher. So kam Lukas Frenkel nach einem Freistoß aus dem Halbfeld nahezu unbedrängt zum Kopfball. Hertha hatte Glück, dass Münsters Verteidiger keinen Druck hinter den Ball brachte.
Die Führung der Berliner zur Pause war alles in allem aber sehr verdient – auch wenn dazu ein Elfmeter nötig war. Jano ter Horst war Derry Scherhant von hinten etwas ungestüm in die Parade gefahren, Schiedsrichter Lars Erbst entschied auf Strafstoß, den der Gefoulte selbst ausführte. Münsters Torhüter Johannes Schenk brachte zwar noch seine Hand an den Ball, konnte Scherhants fünften Saisontreffer zum 1:0 jedoch nicht verhindern.
In den vergangenen beiden Spielen war Hertha ebenfalls in Führung und anschließend noch als Verlierer vom Feld gegangen, sowohl im Pokal gegen Köln als auch in der Liga gegen Fürth. Diesmal ließen die Berliner ihren Gegner erst einmal nicht ins Spiel kommen. Sie ließen den Ball laufen und wirkten auch im Gegenpressing deutlich griffiger als zuletzt. „In der ersten Halbzeit machen wir ein gutes Spiel“, sagte Trainer Fiél.
Offensiv war Münster lange harmlos
Nur versäumte es Scherhant, der Partie noch vor der Pause die entscheidende Richtung zu geben. Nach einem guten Pass von Ibrahim Maza scheiterte er am langen Bein von Torhüter Schenk, der auch Mazas Nachschuss parierte. „Wenn wir das zweite Tor schießen, ist es vorbei“, sagte Fiél. War es aber nicht.
Zur zweiten Hälfte ersetzte Smail Prevljak den angeschlagenen Maza, gleich nach dem 1:1 musste auch Mittelstürmer Florian Niederlechner mit Beschwerden vom Platz. Die personellen Umstellungen, dazu der Nackenschlag durch den selbstverschuldeten Ausgleich: Hertha haderte sichtlich mit der Situation und fand nicht mehr recht ins Spiel.
„Dann fangen die Jungs an nachzudenken, dann wird’s teilweise wild“, sagte Fiél. „Und du signalisierst dem Gegner: Heute geht noch was.“ Eine klare Torchance erspielte sich seine Mannschaft in den rund 40 Minuten nach dem Ausgleich nicht mehr. Im Gegenteil.
Hertha kassierte sogar noch den Gegentreffer, der die nächste Heimniederlage zur Folge hatte und die Geduld der Fans auf eine harte Probe stellte. Erstmals in dieser Saison wurde die Mannschaft mit Pfiffen verabschiedet.
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