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Die Frustration zum Schluss. Ibrahim Maza und Fabian Reese (r.) versäumten am Samstag gegen den HSV einen Big Point im Kampf um den Aufstieg.

© dpa/Andreas Gora

Fulminantes Comeback mit bitterer Note: Was wäre für Hertha BSC mit Fabian Reese möglich gewesen?

In scheinbar aussichtsloser Situation bringt Fabian Reese Hertha gegen den HSV zurück ins Spiel. Trotzdem verlieren die Berliner. Nicht nur das Spiel, sondern auch den Anschluss nach oben.

Stand:

Fabian Reese arbeitete sich in beeindruckende Höhen empor. Der Schwung trug ihn weit nach oben. Und auch die Landung nach seinem Jubelsprung brachte er unfallfrei über die Bühne. „Sprünge gehen auch wieder“, sagte er.

Alles andere offenbar auch, wie am Samstagabend eindrucksvoll zu beobachten war. Im Topspiel der Zweiten Liga gegen den Tabellenführer HSV wurde der Angreifer von Hertha BSC Mitte der zweiten Hälfte eingewechselt. Seine Mannschaft hatte gerade das 0:2 kassiert, die nächste Heimniederlage schien so gut wie besiegelt.

Aber: „Fabi hat noch mal eine gute Initialzündung gebracht“, sagte Toni Leistner, Herthas Kapitän.

Reese feierte am Samstagabend im brodelnden Olympiastadion sein zweites Comeback nach der üblen Sprunggelenksverletzung aus dem Sommer. Ende November war er nach damals vier Monaten Pause zum ersten Mal zurückgekehrt. Reese bestritt drei Kurzeinsätze. Dann meldete sich der Schmerz zurück.

Gegen den HSV war er nun „das erste Mal ohne Schmerzen“, wie Reese sagte. „Man hat mir angemerkt, dass ich befreiter spielen konnte.“

Einen besseren Gegner hätte es aus Anlass seiner Rückkehr kaum geben können. Gegen den HSV hat Reese sein mutmaßlich bestes Spiel für Hertha BSC bestritten. Im Dezember 2023 war das, im Achtelfinale des DFB-Pokals. „Da habe ich mehr Tore geschossen und länger gespielt“, sagte Reese.

Aber auch da schien Hertha rettungslos verloren – ehe Fabian Reese seine Mannschaft erst mit seinem Tor zum 2:2 in letzter Minute der regulären Spielzeit in die Verlängerung rettete und dann in letzter Sekunde der Verlängerung den Treffer von Jonjoe Kenny zum 3:3 vorbereitete.

Zwei Tore, eine Vorlage, dazu der Treffer im letztlich siegreichen Elfmeterschießen: So lautete Reeses persönliche Bilanz vor knapp 14 Monaten. Daran kam er am Samstagabend nicht heran, und trotzdem war sein Einfluss auf Herthas Performance kaum zu unterschätzen. Nach Reeses Einwechslung geriet der scheinbar so sichere Erfolg des HSV noch einmal gehörig ins Wanken.

Du hast einen Spieler dabei, der eine außergewöhnliche Qualität hat und der mit jeder Aktion spielentscheidend sein kann. Über so was freut man sich als Trainer natürlich.

Herthas Trainer Cristian Fiél über Fabian Reese

Hertha glich zum 2:2 aus, schnupperte kurz an der Sensation – und wurde von den Hamburgern schließlich mit einem Konter zum 3:2-Endstand doch noch überrumpelt.

An beiden Toren der Berliner war Reese beteiligt gewesen. Vor dem Anschlusstreffer von Michael Cuisance spielte er nach einem energischen Vorstoß über die linke Seite den Pass auf den Vorlagengeber Derry Scherhant. Der Ausgleich durch den ebenfalls eingewechselten Marten Winkler fiel wiederum nach einer Flanke Reeses in den Hamburger Strafraum.

„Wir wissen alle um die Qualität, die Fabi hat. Heute hat er’s wieder eindrucksvoll bewiesen“, sagte Herthas Trainer Cristian Fiél. „Du hast einen Spieler dabei, der eine außergewöhnliche Qualität hat und der mit jeder Aktion spielentscheidend sein kann. Über so was freut man sich als Trainer natürlich.“

Reese gibt Energie, Mut, Entschlossenheit

Reese gibt seiner Mannschaft Energie, Mut und Entschlossenheit. Mit ihm kommt ein ganz anderer Zug in Herthas Offensivaktionen. Sein Comeback, „das war gut“, sagte Sportdirektor Benjamin Weber, „absolut“.

Doch in die Freude über Reeses fulminante Rückkehr mischte sich eine bittere Note. Denn nach diesem Abend drängte sich vor allem eine Frage auf: Was wäre eigentlich möglich gewesen, wenn Fabian Reese nicht die komplette Hinrunde ausgefallen wäre?

Ohne ihn jedenfalls blieb Hertha immer in deutlichem Abstand zu den Aufstiegsrängen. Die durchaus vorhandenen Chancen, ihnen entscheidend näher zu kommen, hat die Mannschaft verlässlich verbaselt. Auch am Samstag wieder.

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Punkte beträgt Herthas Abstand auf einen direkten Aufstiegsplatz

Mit einem Sieg gegen den HSV wäre Hertha bis auf drei Punkte an den bisherigen Tabellenführer herangerückt. Stattdessen vergrößerten die Hamburger ihren Vorsprung von sechs auf neun Punkte.

„Es hat sich nichts verändert für uns“, behauptete Marius Gersbeck, der gegen den HSV den Vorzug vor Stammtorhüter Tjark Ernst erhalten hatte. Das stimmte, allerdings nur beim Blick auf den Tabellenplatz. Hertha bleibt genauso Zwölfter wie an den beiden Spieltagen zuvor.

Der Abstand auf die Spitzenplätze aber ist wieder größer geworden. Neun Punkte sind es jetzt auf Rang zwei, zuvor waren es sechs.

„Das haben wir die ganze Zeit gehabt: Wir sind wieder näher dran. Wir sind nicht dran“, sagte Gersbeck. „Wir sind da relativ entspannt, weil wir uns auf uns konzentrieren. Wenn wir weiter so Fußball spielen, werden wir auch wieder mehr Punkte holen.“

Dass Hertha der Zweiten Liga am Ende dieser Saison nach zwei Jahren wieder entkommen kann, ist noch nicht komplett ausgeschlossen. „Die Tabelle ändert sich minütlich“, sagte Herthas Kapitän Leistner. „Mit jedem Tor rutscht einer auf Platz eins, ein anderer fällt auf sechs zurück. Es ist schon extrem.“

Aber Herthas Restchance auf den Aufstieg gründet eher auf der Schwäche der anderen als auf der eigenen Stärke – und auf der Hoffnung, dass Fabian Reese doch noch zum Gamechanger wird.

„Ich als Führungsspieler muss dem Team vermitteln, dass es nie zu spät ist“, sagte Reese. Er bezog das explizit auf seine Einwechslung im Spiel gegen den HSV beim scheinbar aussichtslosen Stand von 0:2. Aber vielleicht gilt es ja auch für das große Ganze.

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