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Fünf Tore in drei Spielen für Juventus Turin: Die Wiederauferstehung des Randal Kolo Muani
2023 wechselte er für 95 Millionen Euro zu PSG, dort geriet der Stürmer aufs Abstellgleis. Nach fünf Toren in den ersten drei Spielen ist in Turin jedoch die „Kolo Mania“ ausgebrochen.
Stand:
Im März 2015 stand Randal Kolo Muani an einem Scheideweg. Die Nachwuchsleistungszentren der Profiklubs hatten sich nicht für den damals 16 Jahre alten Stürmer interessiert, er war vereinslos und spielte in den Käfigen von Villepinte, 18 Kilometer nordöstlich von Paris. „Die französischen Klubs wollten mich nicht, weil ich in der Schule schlechte Noten hatte“, erinnerte sich Kolo Muani.
Also versuchte er es im Ausland und absolvierte zwei Probetrainings bei US Cremonese und Vicenza. Doch auch daraus wurde nichts. „Ich sprach kein Wort Italienisch und hatte Heimweh, also hat mich mein Vater nach Hause geholt.“
Italienisch spricht Kolo Muani zehn Jahre später immer noch nicht, aber seitdem er vor zweieinhalb Wochen von Paris St. Germain an Juventus Turin ausgeliehen wurde, hat er sein Lachen wiedergefunden. Der mittlerweile 26 Jahre alte Stürmer ist der Mann der Stunde in der Serie A.
Das ist ein Einstand wie ein Traum.
Randal Kolo Muani über seine ersten Spiele für Juventus Turin
In seinen ersten drei Spielen hat der frühere Stürmer von Eintracht Frankfurt immer getroffen und dabei fünf Tore erzielt – so viel wie kein Spieler seit 30 Jahren. Die Journalisten der drei italienischen Sporttageszeitungen wühlen sich seit Tagen durch Statistiken und Archive, auf der Suche nach weiteren Rekorden.
David Trezeguet hat er längst überflügelt, Gonzalo Higuaín ebenfalls. Cristiano Ronaldo blieb in seinen ersten drei Spielen für Juve sogar torlos. Der einzige, der mit Kolo Muanis Quote halbwegs mithalten kann, ist der große Roberto Baggio, das ist allerdings mittlerweile 35 Jahre her.
„Das ist ein Einstand wie ein Traum“, hat Kolo Muani am Freitagabend gesagt, nachdem er Juve mit zwei Tore, eines davon kurz vor Schluss vom Elfmeterpunkt, bei Como Calcio zum Sieg geschossen hatte. Die „Gazzetta dello Sport“ titelte: „Kolo Mania“.
Wenn der schwächelnde Rekordmeister aus Turin am Dienstagabend (21 Uhr, Dazn) in den Play-offs der Champions League die PSV Eindhoven empfängt, ruhen die Hoffnungen erneut voll auf dem französischen Winterzugang.
Juve ist weit von der Dominanz der 2010er Jahre entfernt, als der Klub neun Meisterschaften nacheinander holte. Der letzte Titelgewinn in der Liga liegt mittlerweile fünf Jahre zurück, und in dieser Saison ist der Pokal die einzige realistische Möglichkeit auf eine Trophäe. In der Serie A hat die Mannschaft von Trainer Thiago Motta in 24 Spielen erst einmal verloren, aber auch schon 13 Unentschieden fabriziert. Die Presse schrieb von einer „Pareggite“, der Remis-Krankheit.
Dank Kolo Muani befindet sich die Mannschaft auf dem Weg der Besserung. Nach einer Niederlage gegen Tabellenführer Neapel gab es Siege gegen Empoli und Como. Dem bisherigen Stammstürmer Dušan Vlahović, immerhin Topverdiener im Kader, hat Kolo Muani den Platz bereits abgejagt. Mit seiner Mischung aus Schnelligkeit, Robustheit und Spielstärke passt er deutlich besser in Mottas Konzept.
Das Vertrauen des Trainers ist für Kolo Muani ein entscheidender Faktor, denn hinter ihm liegen die schwersten anderthalb Jahre seiner Profikarriere. Nachdem er in seiner einzigen vollständigen Saison bei Eintracht Frankfurt mit 23 Toren und 17 Vorlagen zum Shootingstar der europäischen Torjägergilde geworden war, verpflichtete ihn PSG im Sommer 2023 für 95 Millionen Euro.
In Paris wurde sein Transfer zum „Sündenfall“ erklärt
In seinem zweiten Spiel glänzte er im Klassiker gegen Olympique Marseille mit einem Tor und einer Vorlage. Allerdings stimmte er bei den Siegesfeierlichkeiten in homophobe Gesänge der Fans ein und wurde für ein Spiel gesperrt. Kurz darauf stellte Trainer Luis Enrique von 4-4-2 auf 4-3-3 um. Da der Platz im Sturmzentrum für Superstar Kylian Mbappé reserviert war, musste Kolo Muani auf den Flügel ausweichen. Dort tat er sich sehr schwer und wurde von Enrique immer seltener eingesetzt.

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Auch nach dem Wechsel von Mbappé zu Real Madrid verbesserte sich die Situation nicht. Ganz im Gegenteil. Ab Mitte Dezember reichte es nicht mal mehr für einen Platz im Spieltageskader. „Eurosport“ bezeichnete den Rekordtransfer gar als „Sündenfall“.
Kolo Muani schien das Schicksal vieler seiner Vorgänger zu ereilen. In der jüngeren Vergangenheit hat Eintracht Frankfurt einige Offensivspieler, meist für viel Geld, an Topklubs verkauft. Wirklich glücklich wurden Luka Jović, Sébastian Haller, Filip Kostić und Ante Rebić im Ausland aber nicht. Der „Kicker“ sah schon fast übernatürliche Kräfte am Werk und schrieb über den „Fluch der teuren Frankfurt-Stürmer“.
Bei Kolo Muani besteht allerdings noch Hoffnung. In der Nationalmannschaft lief es in den vergangenen Monaten trotz aller Probleme bei PSG. Seit seinem Debüt 2022 ist er bei Didier Deschamps weitgehend gesetzt. Bei der WM in Katar spielte er sich erstmals richtig in den Fokus der Weltöffentlichkeit, auch wenn er im Finale mit seiner vergebenen Chance in der Nachspielzeit der Verlängerung zur tragischen Figur wurde.
Juve will Kolo Muani fest verpflichten
Mit sechs Treffern war er Frankreichs bester Torschütze im Jahr 2024, noch vor Mbappé. „Hier in der Nationalmannschaft vertraut mir der Trainer“, sagte Kolo Muani. Das durfte man durchaus als indirekte Kritik an seinem Vereinstrainer verstehen.
Da Enrique seinen Vertrag in Paris gerade erst verlängert hat, ist eine Rückkehr zu PSG im kommenden Sommer sehr unwahrscheinlich. Juve hat zwar keine Kaufoption, soll aber hinter den Kulissen bereits an einer festen Verpflichtung arbeiten. Die Ablösesumme dürfte bei mehr als 50 Millionen Euro liegen. Jedes weitere Tor könnte den Preis nach oben treiben.
Das nehmen sie bei Juve momentan jedoch gerne hin. Denn das beeindruckende Debüt des Stürmers scheint der taumelnden Mannschaft endlich wieder etwas Selbstvertrauen zurückzubringen. Und ein paar Rekorde, die Randal Kolo Muani in den kommenden Wochen brechen kann, haben die italienischen Statistiker auch noch gefunden.
2018 hat ein Stürmer in seinen ersten sieben Serie-A-Spielen stets getroffen. Fans von Hertha BSC werden es nur schwer glauben können, aber er spielte für Genua und sein Name war: Krzysztof Piątek.
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