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Hertha BSC überzeugt durch defensive Stabilität: Intensiv, diszipliniert und unangenehm zu bespielen
In sieben von zwölf Pflichtspielen dieser Saison haben die Berliner kein Gegentor kassiert. Das liegt nicht nur an der letzten Kette, sondern ist ein Werk der gesamten Mannschaft.
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Ein bisschen Glück gehört auch dazu. So wie unter der Woche im Pokalspiel gegen die SV Elversberg. Beim Versuch, Luca Schnellbacher den Weg zum Tor zu versperren, behinderten sich Marton Dardai und Linus Gechter gegenseitig mehr als ihren Gegenspieler. Schnellbacher schlängelte sich zwischen den beiden Verteidigern von Hertha BSC hindurch, stand frei vor Tjark Ernst – und schoss den Ball am Tor vorbei.
Bei den Berlinern ist es im Moment das Glück der Tüchtigen.
Die Mannschaft von Trainer Stefan Leitl hat in den vergangenen Wochen eine erfreuliche Entwicklung genommen. Fünf ihrer jüngsten sieben Pflichtspiele hat sie gewonnen. In der Liga hat sie sich aus dem unteren ins obere Mittelfeld emporgearbeitet und im DFB-Pokal das Achtelfinale erreicht. „Es ist eine super Richtung, die wir eingeschlagen haben“, sagt Kapitän Fabian Reese. „Wir werden von Woche zu Woche in unseren Abläufen besser.“
Für diesen Aufschwung sind viele Faktoren verantwortlich. Eines ist die neue taktische Grundordnung der Mannschaft, das 4-2-3-1, das Leitl beim Auswärtssieg gegen den damaligen Tabellenführer Hannover 96 erstmals hat spielen lassen. „Dieses System finde ich super“, sagt Mittelstürmer Sebastian Grönning.
Auch die entspannte Personalsituation spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Wichtige Spieler wie Diego Demme oder Paul Seguin stehen Leitl inzwischen wieder zur Verfügung. Das hat zum einen den Konkurrenzkampf im Kader verschärft, eröffnet Herthas Trainer aber auch die Möglichkeit, in den entscheidenden Phasen eines Spiels neue Qualität von der Bank zu bringen.
Der bedeutendste Faktor für die jüngsten Erfolge des Teams ist jedoch die defensive Stabilität, die Hertha jetzt seit einigen Wochen ausstrahlt. Es ist eine Stabilität, die nicht allein von der letzten Linie ausgeht, sondern das gemeinschaftliche Werk der gesamten Mannschaft ist. „Wir sind eine gute Einheit“, sagt Grönning.
Jeder stellt sich in den Dienst der Mannschaft und arbeitet nach hinten. Wir haben Spaß daran gefunden, defensiv füreinander zu kämpfen.
Herthas Kapitän Fabian Reese
Beim 3:0-Sieg gegen Elversberg war das sehr gut zu beobachten. Die Saarländer verfügen nicht nur über eines der spielstärksten Teams der Zweiten Liga, sie stellen mit 22 Saisontoren auch die derzeit beste Offensive. Davon aber war am Dienstag im Pokalspiel im Berliner Olympiastadion wenig zu sehen – „weil wir einfach sehr seriös arbeiten“, wie Herthas Sportdirektor Benjamin Weber sagte.
Abgesehen von einigen Chancen in der Schlussphase, als das Spiel schon so gut wie entschieden war, ließen die Berliner gegen Elversberg wenig zu. Am Ende hatten die Gäste einen Expected-Goals-Wert von 0,6. Heißt: Die Qualität all ihrer Chancen hätte statistisch 0,6 Tore erbringen müssen.
Und hinten hilft Torhüter Tjark Ernst
In den zwölf bisherigen Pflichtspielen der Saison ist Hertha siebenmal ohne Gegentore geblieben. Das ist ein herausragender Wert – und unter anderem das Verdienst von Tjark Ernst. Herthas Torhüter gelingt inzwischen in fast jedem Spiel eine atemberaubende Parade: in den jüngsten beiden Heimauftritten gegen Düsseldorf und Elversberg jeweils unmittelbar nach dem Führungstreffer für sein Team.
Die Mannschaft hält aber auch viel von Ernst fern. „Wir haben eine Bereitschaft, allesamt super gegen den Ball zu verteidigen“, sagt Fabian Reese. „Jeder stellt sich in den Dienst der Mannschaft und arbeitet nach hinten. Wir haben Spaß daran gefunden, defensiv füreinander zu kämpfen.“
Gerade in der Arbeit gegen den Ball ist die Handschrift von Trainer Leitl deutlich zu erkennen. „Insgesamt ist es schon so, dass wir sehr, sehr diszipliniert spielen. Wir haben eine gute Intensität“, sagt er. Das hat Leitls Mannschaften immer schon ausgezeichnet, und gerade dadurch sind sie für den Gegner unangenehm zu bespielen.
Als er Ende des vergangenen Jahres, nach Ablauf der Hinrunde, bei Hannover 96 entlassen wurde, stellte sein Team mit 17 Gegentoren in 17 Spielen die beste Abwehr der Zweiten Liga. Exakt ein Gegentor pro Spiel hat auch Hertha in der laufenden Saison kassiert.
An diesem Samstag (13 Uhr/Sky) steht den Berlinern ein weiteres intensives Spiel bevor, aber das könnte weniger an der fußballerischen Bedrohung liegen, die von der Mannschaft des Tabellensechzehnten Dynamo Dresden ausgeht. Heiß dürfte es für Hertha vor allem wegen der Atmosphäre auf den Rängen werden.
Das Olympiastadion wird voll sein, auch dank übermäßig vieler Fans aus Sachsen. „Samstag ist das wichtigste Spiel der Woche“, hat Kapitän Reese nach dem Sieg gegen Elversberg zum Anhang in der Ostkurve gesagt. „20.000 Dynamo-Fans werden kommen. Aber ihr und wir auf dem Rasen, wir werden zeigen, was Herthaner sind!“
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