zum Hauptinhalt
Sandro Schwarz ist seit Sommer Trainer von Hertha BSC.

© Foto: IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch

Herthas Trainer Sandro Schwarz zieht ein Fazit: „Die Ansprüche an uns selbst sind extrem hoch“

Die Bundesliga ist in der WM-Pause. Herthas Trainer Sandro Schwarz blickt zurück auf die ersten 15 Ligaspiele und nach vorn auf die Weltmeisterschaft.

Hertha BSC trainiert noch bis zum 8. Dezember, erst dann geht es in die Winterpause. An diesem Wochenende nehmen die Berliner an einem Viererturnier in Klagenfurt teil.

Doch die Fußball-Bundesliga ist bereits in der Pause. Am Donnerstagvormittag hat sich Sandro Schwarz in einer Medienrunde geäußert. Hier seine wichtigsten Aussagen. Herthas Trainer sprach über …

… seine Erkenntnisse aus den ersten 15 Saisonspielen: Man hat gespürt, wie wir spielen wollen und was wir spielen wollen. Aber in der Aktivität haben wir noch Schritte zu gehen. Wir haben sehr viele Flanken gegen uns bekommen und viele Torabschlüsse des Gegners innerhalb der Box. Wir müssen am Flügel besser verteidigen, da rede ich nicht nur vom Außenverteidiger.

Was Defensive und Kompaktheit angeht, haben wir gute Entwicklungsschritte gemacht, auch bei Ballgewinnen in der gegnerischen Hälfte. Offensiv haben wir Sequenzen, die gut sind, besonders aus Umschaltmomenten.

Aber wir haben Luft nach oben im letzten Drittel. Die Identität, die wir aufgebaut haben, sieht man, fühlt man und spürt man. Doch natürlich sind wir mit der Punkteausbeute nicht zufrieden.

 … liegengelassene Punkte: Lassen Sie uns bitte nicht einzeln nachrechnen (lacht). Wir können es relativ einfach halten: Es hätten definitiv mehr Punkte sein können. Wie viele, sollen andere ausrechnen. Zwischendurch war es sehr frustrierend, dass wir uns für den Aufwand, den wir betrieben haben, nicht belohnt haben. Aber was wichtig war: Wie wir damit umgegangen sind. Wir haben eine sehr gute Stabilität gezeigt.

Die Identität, die wir aufgebaut haben, sieht man, fühlt man und spürt man.

Hertha-Trainer Sandro Schwarz

… eine Punkte- oder Platzvorgabe: Die Ansprüche an uns selbst sind extrem hoch, ohne dass in Punkten zu bemessen. Wenn der letzte Spieltag gespielt ist und die Leute sagen, das ist Hertha BSC, so wie wir es uns vorstellen, ist das ein wichtiger Gradmesser für uns.

Wir sollten jetzt nicht definieren, wie viele Punkte es am Ende sein sollen, sondern was uns dahinführt, in bestimmte Tabellenregionen zu kommen.

… seine Wünsche in personeller Hinsicht: Alle haben mitbekommen, wie die Situation ist. Wir sollten realistisch rangehen, ohne Wunschzettel. Wir werden schauen, ob vielleicht der eine oder andere Spieler die Idee hat, den Verein zu wechseln. Und was für uns möglich ist. Aber was die Gruppe ausgestrahlt hat bis zum heutigen Tag, sollten wir nicht vergessen.

… die lange Pause: Hier ist das für alle eine neue Erfahrung. Ich habe in Russland zweimal lange Wintervorbereitungen erlebt. Man kann jetzt inhaltlich spezifischer reingehen bei einzelnen Spielern und auch mannschaftstaktisch, ohne den Blick auf das nächste Spiel am Wochenende zu haben. Ich freue mich drauf, in den nächsten drei Wochen richtig mit den Jungs zu ackern und an unserem Spiel zu feilen. Danach ist es wichtig, Luft zu holen und ab 2. Januar daran zu arbeiten, für die letzten 19 Spiele gut präpariert zu sein.

… die anstehende WM: Ich glaube, wir haben alle eine klare Haltung zur Vergabe der WM. Das ist nicht in unserem Sinne, gerade was das Thema Menschenrechte betrifft. Das andere ist der Sport. Bei mir herrscht noch kein absolutes WM-Fieber. Es ist schwierig, mir vorzustellen, mit Glühwein in der Hand ein WM-Spiel zu verfolgen. Klar werde ich mir das eine oder andere anschauen. Aber mein kompletter Zeitplan ist nicht darauf ausgerichtet.

Die Vorbereitungszeit für die Trainer ist kurz. Am Ende funktioniert der Fußball nur mit Spielern. Ohne Trainer könnte es gehen, ohne Spieler nicht.  Darum sollten wir alle darauf achten, dass die Jungs solche Turniere in ihrem besten körperlichen Zustand absolvieren können. Für sie ist es eine Extrembelastung, das darf man nie vergessen. Die Entscheidungen wurden getroffen von Leuten, die sich meistens weniger in die Situation hineinversetzen können, wie es für Spieler ist, alle zwei oder drei Tage die Leistung abzurufen.

… den Umstand, dass in Torwart Oliver Christensen nur ein Herthaprofi dabei ist: Ich hätte gern mit weniger Spielern trainiert, weil dann der eine oder andere mehr an der WM teilgenommen hätte. Da hätte ich mich hinten angestellt. Dodi Lukebakio hätte es verdient gehabt, Agu war auch nah dran (Agustin Rogel, d. Red.).

Oliver Christensen ist für Dänemark bei der WM dabei.
Oliver Christensen ist für Dänemark bei der WM dabei.

© / Foto: IMAGO/Andreas Gora

… seine Wahrnehmung des Vereins: Als Außenstehender könnte man manchmal denken, was ist denn hier gerade los. Wenn du mittendrin bist, ist die Atmosphäre und die Kommunikation sehr gut. Und die Unterstützung durch die Fans im Stadion ist herausragend. Ich fühle mich total wohl, es macht Spaß, hier zu arbeiten.  

… die Wertschätzung der Anhänger für seine Person: Als Mensch tut es einem gut, wenn du Anerkennung spürst. Das gibt Energie. Es wird anerkannt, wie du mit den Leuten umgehst und wie wir arbeiten.

Das ist mein persönlicher Antrieb: Glücksmomente zu haben, wenn Du nach dem Spiel rausgehst und weißt, die Leute sind glücklich, weil wir alles rausgefeuert und das Spiel gewonnen haben. Dafür lohnt es sich, jeden Tag fleißig zu arbeiten.

 … das Jahr 2022: Für mich war es ein sehr emotionales, anspruchsvolles Kalenderjahr. Die Themen, die uns alle betreffen, was etwa in Russland und der Ukraine passiert, waren extrem belastend. Das hatte in den letzten drei Monaten meiner Zeit in Russland wenig mit Fußball zu tun. Dann bin ich zum neuen Klub gekommen, hier gab es die Hodenkrebsfälle von Marco und Djanga (Marco Richter und Jean-Paul Boetius, d. Red.). Da denkst du schon: Was kommt noch alles?

Was politische Themen betrifft, gibt einem zu denken, was gerade in der Welt passiert. Angefangen in der Ukraine, im Iran, die Katar-WM, auch wenn die Vergabe lange zurückliegt. Das ist schon beunruhigend. Man sollte sich Gedanken machen, wie man miteinander umgeht und welche Konsequenzen das hat. Ich hoffe, 2023 wird ein Jahr, das viele Lösungen für Probleme bereithält, die aus 2022 resultieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false