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Kehrt Jérôme Boateng zum FC Bayern zurück?: Bro-Culture schlägt im Fußball moralische Werte
Jérôme Boateng soll bei Bayern-Trainer und Kumpel Vincent Kompany hospitieren. Zugleich will der Verein im November ein Zeichen gegen Gewalt gegen Frauen setzen. Das passt nicht zusammen.

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Jetzt also doch: Jérôme Boateng kehrt offenbar zurück zum FC Bayern München, wenn auch nicht als Spieler, sondern als Hospitant von Trainer Vincent Kompany. „Ich habe schon mit ihm gesprochen. Ich kann bei Bayern hospitieren und darauf freue ich mich sehr“, sagte der ehemalige Nationalspieler der „Bild“.
Seiner Rückkehr an die Säbener Straße steht also nichts mehr im Weg und das hat er maßgeblich Kompany zu verdanken. Die beiden kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit beim Hamburger SV, Kompany bezeichnete Boateng kürzlich als „guten Freund“ und hob ihre „gemeinsame Vergangenheit“ hervor. „Ich bin extrem stolz auf ihn und glücklich darüber, was er alles erreicht hat“, so Kompany. Gemeint sind wohl sportliche Erfolge wie der Weltmeistertitel 2014. Doch die Aussage hat einen bitteren Beigeschmack.
Denn in den vergangenen Jahren machte Boateng nicht durch Titel von sich reden, sondern durch Vorwürfe häuslicher Gewalt. Vom Landgericht München I erhielt er im vergangenen Jahr eine Verwarnung wegen vorsätzlicher Körperverletzung an seiner Ex-Partnerin. Jahrelang liefen überdies Ermittlungen im Fall Kasia Lenhardt, ebenfalls mit dem Vorwurf der Körperverletzung, die mittlerweile eingestellt wurden. Lenhardt hatte sich 2021 das Leben genommen.
Trotz seiner Vorgeschichte wird Boateng von vielen Vereinsbossen mit offenen Armen empfangen, etwa von Olympique Lyon, US Salernitana und Linzer ASK. Nun rollt ihm auch Kompany in München den roten Teppich aus.
Bayern-Fans protestierten gegen Rückkehr
Dabei war das Thema doch eigentlich durch: Schon einmal hatte Boateng Interesse bekundet, zu seinem ehemaligen Verein zurückzukehren. Im Herbst 2023 war er bei einem Probetraining aufgetaucht – und hatte dafür heftige Kritik von Seiten der Fans kassiert. Lautstark hatten sie im Stadion gegen die Beinahe-Rückkehr protestiert, auf einem Banner stand „Misogyne Gewalt ist keine Privatsache!“.
Der Verein war zurückgerudert und Präsident Herbert Hainer hatte betont, dass man beim FC Bayern „klare Werte“ vertrete und diese auch verfolge. Meint man es in München mit diesen Werten ernst oder handelte es sich bloß um ein Lippenbekenntnis?
Bro-Culture schlägt im Profifußball offenbar moralische Werte. Dass Kompany und Boateng enge Freunde sind, wiegt schwerer als die Vorwürfe, die weiterhin im Raum stehen. Bis heute hat Boateng öffentlich keinerlei Reue gezeigt.
Gerade der FC Bayern, der regelmäßig Veranstaltungen zum Thema Gewalt gegen Frauen organisiert, sollte wissen, dass der Umgang damit viel Sensibilität erfordert. Jedes Jahr wird die Allianz-Arena im November in der Signalfarbe orange angestrahlt, um ein Zeichen gegen Gewalt gegen Frauen zu setzen. Auch im kommenden Monat.
Sollte parallel Boateng ausgerechnet dann wieder auf dem Trainingsplatz stehen, wäre das ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich seit Jahren gegen häusliche Gewalt starkmachen – und insbesondere für die Betroffenen selbst.
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