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Bei dieser Rettungsaktion verletzte sich Deutschlands Kapitänin Giulia Gwinn (re.) das  Innenband im linken Knie.

© IMAGO/Sven Simon

Kein adäquater Ersatz im Kader: Was Gwinns Turnier-Aus für das DFB-Team bedeutet

Trotz der Auswechslung der deutschen Kapitänin siegt Deutschland beim EM-Auftakt. Grund dafür ist Jule Brand, die im zweiten Durchgang den Matchplan von Bundestrainer Wück befolgt.

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Christian Wück und die deutschen Fußballerinnen verschwendeten keine Zeit und rannten kurz nach dem Abpfiff gemeinsam in die Kabine. „Wir sind zu Giuli gegangen, wollten sie in den Arm nehmen, ihr Mut zusprechen und uns danach erst bei den Fans bedanken“, erklärte der Bundestrainer.

Die Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft hatte sich bei einer Aktion, in der sie das fast sichere Tor von Polens Stürmerin Ewa Pajor verhinderte, eine Verletzung am linken Knie zugezogen und musste fünf Minuten vor der Halbzeit unter Schmerzen ausgewechselt werden.

Die Szene trübte die Stimmung des deutschen Teams nach dem 2:0 (0:0)-Sieg zum Auftakt der EM sichtlich. „Für uns wäre es einfach unheimlich schlimm, wenn es wirklich was Schlimmeres sein sollte, aber ich möchte nicht spekulieren und warte ab, was die Ärzte sagen“, meinte Wück anschließend.

Am Samstag ergab dann eine MRT-Untersuchung, dass sich Gwinn das Innenband verletzt hat. Nachdem sich Giulia Gwinn 2020 am rechten Knie einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, folgte 2023 einer am linken Knie. Immerhin davon blieb sie diesmal verschont.

Gwinn wird für den Rest des Turniers ausfallen, sodass auf der rechten Abwehrseite eine große Lücke zu füllen ist. Gegen Polen kam Carlotta Wamser sehr unverhofft zu ihrem Turnierdebüt. „Man kommt natürlich nicht gerne rein, wenn sich eine Mitspielerin verletzt, aber ich habe versucht, das Beste draus zu machen“, sagte die 21-Jährige.

Sie ist gelernte Außenstürmerin und bei Eintracht Frankfurt in der abgelaufenen Saison erst in den letzten drei Spielen als rechte Außenverteidigerin zum Einsatz gekommen. „Die, die sich gewundert haben, dass sie mit in diesen Kader kommt, haben heute gesehen, warum“, sagte Wück und lobte Wamser, die das sehenswerte 1:0 von Jule Brand vorgelegt hatte. „Sie bestätigt mich, sie bestätigt das Trainerinnenteam, dass die Auswahl mit ihr definitiv richtig war.“

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Bundestrainer bei seiner Kaderzusammenstellung ein gewisses Wagnis eingegangen ist, indem er keine einzige gelernte Rechtsverteidigerin als Ersatz für Gwinn nominierte. Wamser kann die Position spielen, vernachlässigt aufgrund ihres großen Offensivdrangs aber manchmal die Abwehrarbeit.

Die dürfte gegen die beiden anderen Gruppengegner, Dänemark und Schweden, allerdings deutlich mehr gefordert sein. Sophia Kleinherne könnte auch auf rechts spielen, entwickelt im Spiel nach vorne aber oftmals nicht genug Zug, was im Spielsystem von Wück notwendig ist.

Jule Brand entschied das Spiel mit einem Traumtor

Umso wichtiger war es, dass Jule Brand und Klara Bühl nach der Halbzeit zu ihrem Spiel fanden. Bühl legte zwei Großchancen auf, Brand steuerte einen Treffer und die Vorlage zum 2:0 durch Lea Schüller bei. Durch den Ausfall von Gwinn lastet auf den beiden Flügelspielerinnen nun noch mehr Verantwortung als ohnehin schon. „Ich fand es in der ersten Hälfte gar nicht so schlecht, wir haben nur diesen letzten Pass nicht gut gespielt, haben schlechte Flanken geschlagen und hatten eine sehr schlechte Boxbesetzung“, sagte Wück.

Auf Jule Brand (li.) und Klara Bühl (re.) lastet nun noch mehr Verantwortung als ohnehin schon.

© IMAGO/Shutterstock

Vor allem Bühl und Brand schlugen einige der insgesamt 30 Flanken, im ersten Durchgang kam davon aber kaum eine an. „Ich war sehr unzufrieden, aber meine Mitspielerinnen haben mich gepusht in der Halbzeit, das weiß ich sehr zu schätzen“, sagte Brand.

Es freut mich einfach unheimlich, dass sie es jetzt selbst gemerkt hat, dass diese Tipps, die wir ihr geben, schon zu was gut sind.

Bundestrainer Christian Wück über Jule Brand

Eigentlich hatte sich das deutsche Team nach dem Rücktritt von Alexandra Popp einen anderen Spielstil angeeignet, der weniger auf hohe Flanken ausgelegt ist und mehr auf Bällen durch die Mitte beruht. So kam Deutschland auch zu seiner ersten und einzigen guten Chance in Halbzeit eins, als Brand sich an der Strafraumkante aufdrehte und mit einem satten Schuss abschloss.

War das Spiel der Deutschen lange von Ungenauigkeiten geprägt gewesen, lief nach dem Seitenwechsel deutlich mehr zusammen. Das lag für Wück vor allem an der Positionierung von Jule Brand, die mehr über außen kam und dadurch mit Tempo auf die Abwehrkette zudribbeln konnte.

„Wir waren mit ihrer Positionierung überhaupt nicht zufrieden und haben ihr in der Pause nochmal eindringlich dargelegt, dass ihre Stärke im Eins gegen Eins ist“, so Wück. „Es freut mich einfach unheimlich, dass sie es jetzt selbst gemerkt hat, dass diese Tipps, die wir ihr geben, schon zu was gut sind. Sie hat uns das Spiel gewonnen.“

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