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Im Spiel Boca Juniors gegen Benfica Lissabon gab es drei Rote Karten. Auch so kann Fußball unterhalten.

© dpa/Marta Lavandier

Klub-WM muss nicht nur schlecht sein: Warum das Milliarden-Projekt der Fifa doch ein Existenzrecht hat

Die neu erfundenen Klub-Weltmeisterschaften sind in vollem Gange. In Europa wird dieses Projekt vor allem kritisiert. Mit dem richtigen Blickwinkel kann es trotzdem Spaß machen.

Kit Holden
Ein Kommentar von Kit Holden

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Man kann das natürlich alles vollkommen blöd finden. Ein weiteres Fußball-Turnier im vom Fußball ohnehin übersättigten Sportkalender. Ein Wettbewerb, der für Spieler und Fans nur eine weitere Belastung ist, wo die Fifa nur an ihre eigenen Einnahmen denkt und dafür schon wieder mit einem zunehmend autoritären Regime kuschelt. Ein Turnier, könnte man sagen, das wirklich keiner braucht.

Und zugegeben: Der Auftakt dieser Klub-WM ließ zu wünschen übrig. Unter den ersten vier Spielen gab es zwei torlose Remis und ein 10:0 des FC Bayern gegen die Halbprofis von Auckland City. Spitzenfußball sieht anders aus. Auch, wenn man extra dafür gesorgt hat, dass Lionel Messi dabei sein kann. 

Insofern bleibt die Klub-WM die erwartete Farce. Es guckt eh keiner und gewinnen will man sie ja nur wegen des obszönen Preisgelds. Es ist ein Zirkus, ein künstliches, ausgedachtes Konstrukt ohne jegliche Tradition, Prestige und Bedeutung. So zumindest die gängige Wahrnehmung im europäischen Fußball.

Womöglich macht es sich der alte Kontinent aber damit zu einfach. Denn so schwer es für manche sein mag: Dieses Turnier hat seinen Reiz. In Europa mag man sich zwar lustig über Namen wie Wydad AC, Al-Ahly oder Palmeiras machen. In Wirklichkeit haben solche Vereine aber viel mehr an Fankultur und Tradition zu bieten, als mancher europäischer Spitzenklub. 

Und wer das Spiel am Montag zwischen Boca Juniors und Benfica – mit drei Roten Karten und einem Ausgleichstor vom bekennenden River-Plate-Fan Nicolas Otamendi – nicht genossen hat, hat den Fußball wahrlich nie geliebt.

Man muss Gianni Infantino, Saudi-Arabien oder Donald Trump nicht mögen, um Ansetzungen wie Fluminense gegen Dortmund oder Juventus gegen Wydad romantisch zu finden. Oder um einzusehen, dass ein bisschen weniger Eurozentrismus dem Weltfußball gut tun könnte. 

Denn zur Wahrheit gehört auch, dass alle großen Turniere der Fußballgeschichte als Konstrukte begannen, ausgedacht von irgendwelchen Anzugträgern in Hinterzimmern. Wichtig war dabei immer nicht der Anfang, sondern die Entwicklung danach. Und diese bestimmen nicht nur die Funktionäre, sondern vor allem die Fußball-Liebhaber. 

Vielleicht machen es also die Bayern-Ultras genau richtig, die in die USA reisen, ihre Mannschaft unterstützen und dabei auch lautstark gegen die Fifa protestieren. Im zynisch gewordenen Europa haben wir es uns angewöhnt, alles Neue als Symptom des kranken, modernen Fußballs zu verdammen. Man muss aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.

Als erwachsener, mündiger Fußball-Weltbürger darf man doch zwei nuancierte Meinungen gleichzeitig vertreten. Das Schlechte kann man – muss man – kritisieren. Das Gute, das Romantische an einer Klub-WM, muss man deshalb nicht leugnen.

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