
© Beirut Football Academy
Libanesische Nationalspielerin im Koma: Israels Angriffe treffen auch den Fußball in Beirut
Bei einem Luftangriff wurde Céline Haidar schwer verletzt. Nun bangen die Mitspielerinnen um das Leben der 19-Jährigen, die zuletzt die libanesische Meisterschaft gewann.
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Es sollte ihre große Saison werden: Als Kapitänin wollte die Fußballspielerin Céline Haidar ihr Team, die Beirut Football Academy, ins Feld führen und sich ganz nach oben spielen. Bereits in der vergangenen Saison hatte sie die Meisterschaft gewonnen, daran wollten sie und ihre Teamkollegen nun anknüpfen. Doch an Fußball ist nicht mehr zu denken. Am vergangenen Wochenende wurde Haidar infolge der israelischen Luftangriffe schwer verletzt und liegt nun im Koma.
„Es war ein großer Schock, für ihre Eltern, ihre Teamkolleginnen und die Beirut Football Academy“, sagt Ziad Saade, Präsident des Klubs. „Céline war gerade zu Hause, als der Bombenalarm losging. Sie verließ das Haus und versuchte, sich in Sicherheit zu bringen. Doch ein Eisenmetall verletzte sie am Kopf. Eine Freundin brachte sie sofort ins Krankenhaus.“
Das libanesische Gesundheitssystem indes leidet nicht erst seit Beginn des Krieges. Bereits in den vergangenen Jahren verließen zahlreiche Fachkräfte infolge der Wirtschaftskrise den Libanon. Seither ist es schwerer geworden, komplizierte medizinische Eingriffe durchführen zu lassen.
Céline Haidar wurde zunächst in einem Krankenhaus im Vorort Dahiye operiert, später in das „Saint George“-Krankenhaus im Viertel Achrafieh verlegt, wo sie auf der Intensivstation liegt. „Ihr Zustand ist sehr kritisch, wir müssen Tag für Tag abwarten. Céline befindet sich im künstlichen Koma“, erklärt Saade.
Haidar liegt auf der Intensivstation
Aktuell zahlt das libanesische Gesundheitsministerium ihre Versorgung. Sollte sich das ändern, wollen Saade und die Beirut Football Academy einen Spendenaufruf starten. „Ihre Behandlung wird viel Zeit benötigen. Im Libanon weiß man nie, wie es weitergeht. Daher brauchten wir einen Plan B.“

© Beirut Football Academy
Saade glaubt fest an ihre Genesung. Als Präsident des Klubs kennt er die Stärken seiner Spielerinnen besonders gut. Haidar beschreibt er als „robuste und zähe Fußballerin“. Die 19-Jährige gewann in der vergangenen Saison nicht nur die libanesische Meisterschaft, sie spielt außerdem im U20-Nationalteam, mit dem sie zweimal die Westasien-Meisterschaft gewann. „Sie hat eine tolle Persönlichkeit und sollte dieses Jahr Kapitänin werden. Alle Teamkolleginnen lieben sie. Céline kümmert sich immer super um die anderen Mädels.“
Ich habe ihnen gesagt: Vielleicht hört sie euch. Vielleicht geben eure Stimmen ihr Kraft und Motivation.
Ziad Saade, Präsident der Beirut Football Academy
Ihre Mitspielerinnen waren es auch, die Haidar am Donnerstag auf der Intensivstation besuchten. „Ich habe ihnen gesagt: Vielleicht hört sie euch. Vielleicht geben eure Stimmen ihr Kraft und Motivation“, sagt Saade. „Aber als sie dann herauskamen, haben sie geweint. Es ist nicht leicht für sie.“ Auf Instagram hält der Klub seine Fans auf dem Laufenden über den Gesundheitszustand der Spielerin, viele bekunden in den Kommentarspalten ihr Mitgefühl.
Abgesehen von Haidar wurden keine Spielerinnen verletzt. Auch sonst sind Saade keine libanesischen Athlet:innen bekannt, die infolge des Krieges verletzt oder getötet wurden. „Außer fünf Fußballern, die allerdings als Soldaten für die Hisbollah gekämpft haben.“
Explosionsgeräusche beim Training
Haidars Mitspielerinnen trainieren derweil weiter, ebenso wie die Kinder- und Jugendmannschaften des Klubs. Auf dem Fußballplatz im Stadtteil Forn El Chebbak sei der Krieg deutlich spürbar, meint Saade. „Man hört Explosionsgeräusche. Am Anfang gerieten die Kinder in Panik, mittlerweile hat man sich daran gewöhnt.“
Zu Beginn des Krieges setzten sie die Trainingseinheiten aus, genau wie andere Sportvereine im Libanon. Auch die Ligen pausieren seither, es finden keinerlei nationale oder internationale Wettbewerbe statt. Doch mittlerweile hat zumindest die Beirut Football Academy ihr Training wieder aufgenommen. „Wir glauben daran, dass das Leben weitergeht“, meint Saade. „Fußball ist ein wichtiger Teil unseres Lebens.“ Und Haidar ist das auch – für ihre Mitspielerinnen, den Klub und den libanesischen Fußball der Frauen.
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