
© imago images/Insidefoto
Die Wasserballer spielen um Olympia: Maurice Jüngling ist schnell unterwegs Richtung Tokio
Die deutsche Mannschaft hat eine Vorbereitung mit vielen Hindernissen hinter sich. Nun ist sie bereit für das anstehende Turnier in Rotterdam.
Stand:
Am Donnerstag war etwas Erholung angesagt. Wer wollte, konnte in die Sauna gehen oder locker ein paar Bahnen schwimmen. Maurice Jüngling entschied sich lieber für die ganz ruhige Variante. Er blieb im Hotelzimmer, spielte ein wenig Playstation und machte sonst nicht viel. Muss ja auch mal sein nach fast anderthalb Monaten Vorbereitung mit der Wasserball-Nationalmannschaft auf die Olympia-Qualifikation in Rotterdam.
Ab Sonntagnachmittag spielen die deutschen Wasserballer beim Turnier mit zwölf Teilnehmern um einen von drei noch zu vergebenen Startplätzen für Tokio. Zum Auftakt wartet in der Sechsergruppe Gastgeber Niederlande. Eigentlich sollte die Veranstaltung bereits im März 2020 stattfinden, wurde aber wegen der Coronavirus-Pandemie um fast ein Jahr verschoben.
Das deutsche Team war seit Anfang des Jahres in Warendorf, zunächst in einer Kaserne der Bundeswehr, zuletzt in einem Hotel. Die Spieler waren nur zwischendurch mal für einige Tage zu Hause. Aber auch dort hatten sie kaum Kontakte, um kein Risiko in Sachen Corona einzugehen. „Für die aktuelle Situation haben wir in der Vorbereitung das Bestmögliche rausgeholt“, sagt Jüngling.
Ein Dreivierteljahr hatte die Mannschaft keine gemeinsamen Lehrgänge – auch jetzt lief nicht alles glatt. Wegen gesundheitlicher Bedenken fiel die Teilnahme an einem Turnier in Montenegro flach. Als Trainingspartner sollte danach die brasilianische Mannschaft kommen, durfte aber nicht einreisen. Stattdessen machte sich der Deutsche Meister Waspo Hannover für einige Testspiele auf den Weg nach Warendorf. Wobei das erste am vergangenen Sonntag wegen des Wintereinbruchs gleich ausfiel, weil niemand da war, um die Halle aufzuschließen.
Doch Jüngling käme es nicht in den Sinn, damit zu hadern. Es lässt sich schließlich nicht ändern. „Wir haben in den letzten Tagen taktisch noch etwas intensiver gearbeitet und sind auch konditionell sehr gut vorbereitet“, sagt der Allrounder von den Wasserfreunden Spandau 04. Kurz vor dem – letztlich erfolglos verlaufenen – Qualifikationsturnier für Olympia 2012 wurde er aus dem Kader gestrichen. „Da war ich noch ganz jung und habe die Bälle getragen.“
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]
2016 war er dabei, Deutschland verlor das entscheidende Spiel auf dem Weg nach Rio gegen Ungarn knapp.
In seiner Kindheit hatte Jüngling viele Sportarten ausprobiert, bis er sich komplett für Wasserball entschied. Zunächst spielte er bei der SG Schöneberg, wechselte dann zu Spandau 04. Inzwischen ist er 29 Jahre alt, hat mit den Wasserfreunden zahlreiche nationale Titel geholt – und will es diesmal endlich zu Olympia schaffen. „Das ist doch für jeden, der in einer Art Randsportart unterwegs ist, das große Ziel.“
Als Außenseiter nach Rotterdam
Bundestrainer Hagen Stamm sieht die Chancen bei 10 bis 20 Prozent, Jüngling geht leicht drüber, auf „maximal 35 Prozent“. Ob nun ein bisschen niedriger oder höher: Das personell geschwächte Team bleibt Außenseiter.
Jüngling gehört zu den ganz erfahrenen Akteuren. „Er spielt den Wasserball seines Lebens“, sagt Stamm.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Jüngling selbst findet zumindest, dass er „in einer sehr guten Form“ sei. Im Herbst war er wie fast die halbe Mannschaft der Wasserfreunde positiv auf das Coronavirus getestet worden, das hat ihn mehrere Wochen stark beeinträchtigt. „Aber inzwischen bin ich wieder topfit.“
Er ist knapp 1,85 Meter groß und wiegt unter 90 Kilogramm. Im Wasser hat er es meist mit Gegnern zu tun, die größer und schwerer sind. Aber seine Schnelligkeit und Beweglichkeit verschaffen ihm auch Vorteile: „Wenn wir den Ball haben, müssen mir die anderen hinterherschwimmen. Das ist für die das Schwerste.“ In Rotterdam stehen acht Spiele in acht Tagen an. Maurice Jüngling, der Sportsoldat ist und Sport und Geschichte auf Lehramt an der Humboldt-Universität in Berlin studiert, freut sich drauf: „Wir sind alle heiß und wollen, dass es endlich losgeht.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: