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Trainer Pedro Calles, Justin Bean und Malte Delow (v. l. n. r.) sind bei Alba noch an Bord, viele andere haben den Klub verlassen.

© IMAGO/Tilo Wiedensohler

„Meine Liste ist nicht besonders lang“: Alba Berlin und die Herausforderungen der Kaderplanung

Zwei Wochen vor dem Trainingsstart hat Alba erst neun Profis im Kader. Himar Ojeda erklärt, warum der Spielermarkt aktuell so schwierig ist – und warum er trotzdem zuversichtlich bleibt.

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Die Sonne scheint auf Gran Canaria, doch Urlaubsgefühle kommen bei Himar Ojeda in seiner Heimat nicht auf. Der Sportdirektor von Alba Berlin hat viel zu tun und hängt ständig am Telefon. „Am Strand war ich noch gar nicht“, sagt Ojeda und lacht. Ungewohnt ist das für ihn nicht, schließlich ist der Sommer die heißeste Phase der Kaderplanung. Dieses Mal ist Alba dabei aber besonders spät dran.

Nach der am Dienstag verkündeten Verpflichtung von Moses Wood haben die Berliner neun Profis im Kader – und damit zwei oder drei zu wenig. Schon am 14. August bittet Cheftrainer Pedro Calles zum ersten Teamtraining der Vorbereitung und idealerweise ist die Mannschaft dann komplett. „Es könnte aber sein, dass wir es dieses Mal nicht schaffen“, sagt Ojeda.

Der Spanier hatte schon kurz nach dem enttäuschenden Saisonende angekündigt, dass er den schwierigsten Sommer seiner Amtszeit erwartet und die Situation damit wohl korrekt eingeschätzt.

Weitere Abgänge möglich

Es ist eine Kombination aus verschiedenen Faktoren, die Albas Situation so kompliziert macht. Da ist auf der einen Seite der massive Umbruch im Kader. Aus der Vorsaison sind mit Martin Hermannsson, Malte Delow, Jonas Mattisseck, Louis Olinde und Justin Bean nur noch fünf Spieler übrig und selbst das könnte sich noch ändern. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass noch ein oder zwei Spieler gehen“, sagt Ojeda.

Himar Ojeda hat viel zu tun in diesem Sommer.

© IMAGO/mix1

Unmittelbar nach Albas Ankündigung, künftig in der Basketball Champions League zu spielen, gab es Gerüchte, dass Olinde und Hermannsson gerne weiter in der Euroleague spielen würden. Konkretisiert hat sich das bisher nicht, zumal beide recht verletzungsanfällig sind und sich in der vergangenen Saison nicht gerade für andere Vereine empfohlen haben. Weitere Abgänge würden den Bedarf an Neuzugängen weiter vergrößern.

Die Position der Berliner am Spielermarkt hat sich jedoch deutlich verschlechtert. Viele Spieler kamen in den vergangenen Jahren nur zu Alba, weil sie sich hier auf der großen Euroleague-Bühne zeigen konnten. Die Champions League übt weit weniger Reiz aus. Dazu kommen die Veränderungen in den USA. Die Colleges werben nahezu alle Talente zwischen 18 und 23 Jahren mit viel Geld ab. Auch in der Entwicklungsliga der NBA, der G-League, steigen die Gehälter. Dazu kommen relativ neue Märkte wie Japan, wo mit Johannes Thiemann, Yanni Wetzell und Tim Schneider bald drei frühere Alba-Profis spielen.

Da die Berliner im Vergleich der europäischen Topklubs finanziell ohnehin ein kleines Licht waren und ihr Budget für diese Saison merklich senken mussten, konkurrieren sie nun mit einer großen Anzahl an Klubs aus dem Eurocup sowie der Champions League um einen recht kleinen Pool an Spielern. „Wir stehen zu unserer Entscheidung, die Euroleague zu verlassen, aber das bedeutet eine Umstellung. Wir müssen uns anpassen“, sagt Ojeda.

Konkret heißt das in dieser Phase des Sommers: Alba kann nicht agieren, sondern muss reagieren. „Meine Liste ist momentan nicht besonders lang. Wir müssen sehen, was sich ergibt“, sagt der Spanier. Die Lücken und Dysbalancen im Kader sind eindeutig. Die Berliner brauchen noch mindestens einen echten Big Man und einen Guard, der sich einen eigenen Wurf kreieren kann. Bei seinen früheren Stationen setzte Calles stets auf einen sehr balldominanten Scorer, der in Albas Philosophie der vergangenen Jahre so nicht vorgesehen war.

Dass wir kleiner werden, ist eine Konsequenz aus dem Abschied aus der Euroleague.

Sportdirektor Himar Ojeda

Die bisherigen Verpflichtungen machen in Anbetracht der Möglichkeiten einen sinnvollen Eindruck. Mit Jack Kayil hat Alba einen der talentiertesten deutschen Guards zurückgeholt, wenn auch nur per Leihe. Norris Agbakoko bringt mit 2,17 Meter viel Größe, aber auch eine ordentliche Mobilität mit. Sam Griesel kennt die BBL aus zwei Jahren in Bonn gut und ist ein Allrounder. Da alle drei die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, sind die Berliner hier ordentlich aufgestellt.

Mit Wood geht Alba einen ähnlichen Weg wie vor zwei Jahren mit Justin Bean. Der 26 Jahre alte Forward war fünf Jahre am College und hat in der vergangenen Saison in der G-League gespielt. Ojeda bezeichnet ihn als Power Forward, wie Bean ist er dafür aber recht klein. Dafür verfügt er über einen guten Dreier. „Ich habe ihn im Dezember in der G-League und kürzlich in der NBA Summer League gesehen und er hat ein Profil, das uns gefällt“, sagt Ojdea. „Er kann werfen, er kann verteidigen.“

An Wood zeigt sich jedoch auch eine Tendenz dieses Sommers: Alba wird deutlich kleiner. Abgesehen von Agbakoko ist Olinde mit 2,05 Meter aktuell der größte Spieler im Kader. Die Zeiten, in denen mit Johannes Thiemann und Khalifa Koumadje oder Tim Schneider und Yanni Wetzell in der Zone viel Länge vorhanden war, scheinen erst mal vorbei zu sein.

Alba will neuen Zyklus starten

„Wir haben in der Vergangenheit gerne gelernte Center wie JT umgeschult für die Vier, aber dass wir jetzt kleiner werden, ist eine Konsequenz aus dem Abschied aus der Euroleague“, sagt Ojeda. Denn gerade Center mit einer Kombination aus Länge, Physis und spielerischen Fähigkeiten sind selten. Jeder Zentimeter Körpergröße mehr erhöht den Preis.

Ojeda ist trotz aller Schwierigkeiten und den noch offenen Planstellen optimistisch. „Wir wollen einen neuen Zyklus starten und ich habe keine Angst, dass uns das nicht gelingt“, sagt der Spanier. Die deutlich niedrigere Belastung in der Champions League – zwischen Oktober und Dezember finden nur sechs Gruppenspiele statt – soll dabei ebenso hilfreich sein wie die vermutlich höhere Siegquote. „Wir bleiben ambitioniert“, sagt Ojeda und nennt das übergeordnete Ziel für die Saison: „Wir wollen in der BBL und in der Champions League bis zum Ende mit dabei sein.“

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