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Mit Basketballzwerg Island zur EM: Martin Hermannsson feiert mit einer „kleinen großen Sportnation“
Vor 2015 hatte sich Island nie für ein großes Basketballturnier qualifiziert. Nach dem Sieg gegen die Türkei am Sonntag darf sich Alba Berlins Kapitän auf seine dritte EM-Teilnahme freuen.
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Martin Hermannsson kommt etwas zu spät in die Trainingshalle und wirkt immer noch beschwingt. Am vergangenen Sonntag hat sich Alba Berlins Kapitän für die Europameisterschaft im kommenden Sommer qualifiziert. Mit Island, das mit knapp 400.000 ungefähr so viele Einwohner hat wie der Berliner Bezirk Pankow. „Das ist speziell“, sagt Hermannsson.
In der Qualifikation standen die Isländer nach einer Niederlage gegen Ungarn mit dem Rücken zur Wand. Nur ein Sieg gegen die Türkei hätte das Team sicher zur EM gebracht – und vor 2300 Zuschauenden in Reykjavík gewann Island 83:71. Hermannsson war mit 23 Punkten Topscorer.
„Ich habe noch nie so viele Anrufe nach einem Spiel erhalten“, erzählt der 30 Jahre alte Point Guard. Auf dem Rückweg nach Berlin hätten ihn am Flughafen immer wieder Leute angehalten, ihm gratuliert. „Das ganze Land hat zugeschaut und die Erleichterung war riesig“, sagt Hermannsson und lässt noch eine kleine Spitze in Richtung seiner Alba-Teamkollegen Matteo Spagnolo und Gabriele Procida los.
Italien hätte Island mit einem Sieg im zeitgleich stattfindenden Spiel gegen Ungarn Schützenhilfe leisten können, dann hätte auch eine Niederlage gegen die Türkei gereicht. „Ich habe ihnen geschrieben, dass ich sie zu Grill Royal einlade, falls sie gewinnen, und sie sich aussuchen können, was sie wollen. Aber sie haben es versaut“, sagt Hermannsson und lacht.
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Island spielte im Basketball lange gar keine Rolle und trat nur in Turnieren gegen andere Außenseiter an. Doch das hat sich mittlerweile geändert. 2015 qualifizierte sich das Land erstmals für die EM, 2017 nahm Island erneut teil. Immer dabei: Martin Hermannsson. „Vor 2015 waren wir nie bei einem großen Turnier dabei, jetzt ist es für mich das dritte Mal – verrückt!“, sagt er.
Wie es Island immer wieder schafft, mit so einer geringen Bevölkerung im Fußball, Handball oder nun auch im Basketball bei den Großen mitzuspielen? „Diese Frage wird mir häufig gestellt“, sagt Hermannsson und wirkt nachdenklich. Da ist zum einen die Infrastruktur. Selbst im kleinsten Dorf gäbe es einen Basketballkorb, ein Fußballfeld oder eine Halle. Sport habe in der Schule, aber auch in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert. „Wir sind eine kleine große Sportnation.“

© imago/Bernd König
Viel mehr ist es, laut Hermannsson, aber eine Charakterfrage. „Das Leben in Island ist anders. Wir sind isoliert und in manchen Teilen des Landes sieht man die Sonne für zwei Monate nicht. Wir haben vielleicht nicht das größte Talent, aber wir sind unglaublich zäh und gut darin, zu überleben“, sagt Hermannsson.
Dazu kommt ein großer Zusammenhalt, der sich auch in der Basketballnationalmannschaft zeigt. Der Kern des Teams spielt seit Jahren zusammen, jeder weiß um seine Rolle. Doch selbst auf Island, wo sich, wie Hermannsson scherzhaft sagt, ohnehin jeder kennt, ist die Verbindung zwischen Albas Kapitän und seinem nationalen Team-Kollegen Elvar Fridriksson etwas Besonderes.
„Dass wir es zusammen geschafft haben, macht es noch schöner. Unsere Geschichte ist verrückt“, sagt Hermannsson. Schon die Väter der beiden spielten gemeinsam in der Basketball-Nationalmannschaft, 1994 wurden sie im Abstand von nur zwei Monaten geboren und seit der Kindheit sind sie beste Freunde. 2014 gingen sie sogar gemeinsam nach Long Island ans College. Mit der Nationalmannschaft nehmen sie im Sommer zum dritten Mal zusammen an einer EM teil.
2015 und 2017 war Island teilweise nah dran, verlor aber alle Spiele. Eine tolle Erfahrung war es für den damals noch jungen Hermannsson trotzdem: „2015 haben wir in der Gruppe hier in Berlin gespielt und ich erinnere mich noch, wie ich das erste Mal in die Arena gekommen bin. Wow!“ Dieses Mal soll unbedingt der erste Sieg her. „Dann sind wir erst recht das erfolgreichste isländische Nationalteam aller Zeiten“, sagt Hermannsson.
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