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Uli Hoeneß beklagt die Zustände im Fußball.

© IMAGO/Ulrich Wagner/IMAGO/Ulrich Wagner

„Nicht das Geld der Araber nehmen“: Uli Hoeneß taugt nicht als Mahner vor dem Turbo-Kapitalismus im Fußball

Bayerns Ehrenpräsident bekommt viel Zustimmung für seine Kritik am ausufernden Fußball-Geschäft. Dabei sind die Worte aus seinem Munde heuchlerisch.

Martin Einsiedler
Ein Kommentar von Martin Einsiedler

Stand:

Nick Woltemade spielte in seinem Leben als Profi-Fußballer eine sehr gute Halbserie. Mehr nicht. Der Stürmer wechselte vor wenigen Tagen für 85 Millionen Euro vom VfB Stuttgart zu Newcastle United. Benjamin Šeško absolvierte in der Bundesliga eine gute und eine mediokre Saison bei RB Leipzig. Aber hey, er hat einen Körper wie Adonis und gilt als riesiges Talent. Der Stürmer wurde für 76,5 Millionen Euro zu Manchester United transferiert.

Oder wie wäre es mit Hyeon-gyo Oh? Der Südkoreaner spielt in der – nach internationalen Maßstäben – allenfalls zweitklassigen belgischen Liga bei KRC Genk. Dort kam er in der vergangenen Spielzeit auf eine für einen Mittelstürmer mittelmäßige Torquote (7 Tore in 27 Spielen). Dem Vernehmen nach wäre der VfB Stuttgart – wegen des Woltemade-Abgangs unter Kaufzwang – bereit gewesen, für den torarmen Angreifer mehr als 20 Millionen Euro an Ablöse zu bezahlen. Der Deal platzte offenbar nur deshalb, weil das Zutrauen in die Langlebigkeit seines Knies nicht gegeben war.

Die Beispiele zeigen: Der Profi-Fußball ist aus dem Ruder gelaufen. Ablösen und Gehälter sind astronomisch hoch geworden. Mit den Marktwerten der Fußballer verhält es sich wie mit der Preissteigerung von Bitcoins. Sie sind explodiert. Der Grund: Inzwischen ist nun wirklich jeder auf den Trichter gekommen, dass sich mit dem schönen Spiel sehr viel Geld verdienen lässt und dass er dem Image grundsätzlich zuträglich ist. Nun steigen alle ein, Geschäftsleute aus den USA, aus Arabien, dem Fernen Osten.

Uli Hoeneß hat recht, wenn er sagt, dass das alles „völlig gaga“ geworden sei, Bürger sagen würden, dass sie für wenige tausend Euro netto arbeiteten, während gleichzeitig für mittelklassige Spieler 30, 40, 50 Millionen Euro ausgegeben würden. Der Profi-Fußball entfernt sich immer schneller und weiter von denen, die ihn so gerne schauen. „Wir müssen Stärke zeigen und nicht das Geld der Araber, der amerikanischen Hedgefonds nehmen“, sagte Hoeneß.

Die Worte kamen gut an. Nur: Sie kamen aus dem falschen Mund. Der FC Bayern München, dessen Ehrenpräsident Uli Hoeneß ist, hat in den vergangenen drei Jahren rund 560 Millionen Euro für Spieler ausgeben. Darunter waren 51 Millionen Euro für João Palhinha oder auch 30 Millionen für Sacha Boey. Spieler, die meist nicht gut genug waren – respektive sind – für einen Platz in der Startformation. Mittelklassige Spieler, wie Hoeneß sagen würde.

Und was das Thema „Geld der Araber“ angeht. Auch das nimmt der FC Bayern gerne. Von 2018 bis 2023 von Qatar Airways und seit diesem Jahr von Emirates. Ganz abgesehen davon: Uli Hoeneß taugt nicht als Mahner vor dem ausufernden Turbo-Kapitalismus im Profi-Fußball, es wirkt heuchlerisch, was er sagt. Für den früheren Wurstfabrikanten wie auch den Fußball-Manager Hoeneß galt das Primat des ertragreichen Geschäfts. Die Moral kam in der Regel danach.   

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