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„Norwegen ist der ultimative Endgegner“: Trotzdem ist für die deutschen Handballerinnen im WM-Finale alles drin
Zum ersten Mal seit 1993 könnten die Handballerinnen den WM-Titel holen. Im Endspiel erwartet sie der größtmögliche Gegner. Mehrere Faktoren sprechen für den ganz großen Triumph.
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Eine Medaille ist sicher. Jetzt ist nur noch die Frage, welche Farbe sie haben wird. Nach dem überragenden 29:23-Sieg gegen Titelverteidiger Frankreich stehen die deutschen Handball-Frauen erstmals seit 32 Jahren wieder im Finale einer Weltmeisterschaft. An diesem Sonntag (17.30 Uhr/ARD/Sporteurope.TV) wartet mit Olympiasieger und Europameister Norwegen der größtmögliche Gegner – und doch ist plötzlich alles drin.
Mit dem Finaleinzug ist mindestens Silber gewiss, die erste WM-Medaille seit Bronze 2007. Zugleich haben die deutschen Handballerinnen die Chance auf den größten Erfolg seit dem WM-Titel 1993. Damals stand Deutschland an der Weltspitze – nun ist die Mannschaft dabei, sich dorthin zurückzukämpfen.
Dabei war das Team von Bundestrainer Markus Gaugisch im Kreis der letzten vier eher der Außenseiter. Frankreich als Titelverteidiger, die Niederlande als Weltmeister von 2019 und Norwegen als dominierende Macht im Frauenhandball – sie alle galten als Favoriten. Deutschland aber blieb unbeirrt.
Die größte Stärke ist die Defensive
Was die Mannschaft bei dieser Weltmeisterschaft bisher gezeigt hat, ist bemerkenswert: acht Spiele, acht Siege. Im gesamten Turnier geriet Deutschland nie merklich in Rückstand und bewahrte in engen Phasen Ruhe und Struktur. Kein Einbruch, keine Hektik, keine Zweifel. Ein starkes Zeichen von Stabilität und Selbstverständnis.

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Das Halbfinale gegen Frankreich war ein echtes Statement. Über 60 Minuten kontrollierte Deutschland das Spiel. „Wir haben die Weltmeisterinnen eigentlich über die gesamte Spielzeit beherrscht – mit einer unglaublichen Abwehr in Verbindung mit Kathi im Tor“, sagte DHB-Vorstand Sport Ingo Meckes. „Das war ein Spiel einer Spitzenmannschaft.“
Das Prunkstück der Deutschen bleibt die Defensive. Mit Abwehrchefin Xenia Smits als Antreiberin, Aimée von Pereira als Bollwerk im Zentrum und hoher Intensität im Verbund nehmen sie den Gegnerinnen früh den Rhythmus. Und wenn doch einmal etwas durchrutscht, ist Torhüterin Katharina Filter zur Stelle. Diese defensive Klarheit sorgt nicht nur für Ballgewinne, sondern auch für Sicherheit im eigenen Spiel. Sie ist die Grundlage dafür, dass Deutschland in kritischen Momenten ruhig bleibt – und genau das wird auch im Finale gefragt sein.
Wir sind da und haben nichts zu verlieren.
Viola Leuchter
Nach vorne agiert das Team variabel und mit großer Überzeugung. Verantwortung wird übernommen, unabhängig von Alter oder Erfahrung. Jede Spielerin weiß, was sie zu tun hat – und dass sie gebraucht wird. „Ich glaube, jetzt ist alles möglich“, sagte Viola Leuchter nach dem Halbfinale. „Wir sind da und haben nichts zu verlieren. Es wird mega schwer. Aber wir freuen uns einfach drauf, nehmen die Euphorie mit – und dann darf ich weiter träumen.“
Nun wartet Norwegen, das seit Jahren den Maßstab im Frauenhandball setzt und sowohl olympisches Gold als auch den EM-Titel gewonnen hat. Respekt ist da – Angst nicht. „Der Druck ist mehr beim Gegner“, sagte Filter der ARD mit Blick auf das Finale.
Auch Gaugisch weiß um die Qualität des Gegners: „Norwegen ist sicherlich unfassbar stark. Das wird eine riesige Aufgabe für uns. Es ist eine Ehre, ein Finale gegen die beste Mannschaft zu spielen.“
Der Bundestrainer ist aber ebenso überzeugt von seinem eigenen Team. „Die können alles“, sagt er – und meint damit seine Spielerinnen. „Wir sind gut. Wir wären nicht im Finale, wenn wir schlecht wären.“ Entscheidend werde sein, im Angriff geduldig zu bleiben, um Norwegens gefürchtetes Tempospiel zu unterbinden. „Dann haben wir eine Chance.“
Auch Meckes blickt dem Finale mit Zuversicht entgegen. „Norwegen ist der ultimative Endgegner. Aber wir haben nichts zu verlieren. Wir gehen das an und probieren es.“
Vielleicht ist genau das die größte Stärke dieser deutschen Mannschaft: Sie spielt befreit, geschlossen und mit einer beeindruckenden Selbstverständlichkeit. Eine Medaille ist sicher. Und am Sonntag geht es um mehr. Um Gold. Um Geschichte.
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