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Oliver Ruhnerts Abschied vom 1. FC Union: Lange befürchtet und nun gut zu verschmerzen
Gemeinsam mit Urs Fischer hat Oliver Ruhnert eine Erfolgsära bei Union Berlin geprägt. Sein Abgang war allerdings lange vorbereitet und daher weniger spektakulär als der von Trainer Fischer.

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Kein November ohne Revolution. Fast genau ein Jahr nach der Trennung von Trainer Urs Fischer steht beim 1. FC Union nun auch die nächste Vereinslegende vor dem Abschied. Wie der Klub am Dienstag mitteilte, wird der einstige Erfolgsmanager Oliver Ruhnert ab Januar seine Aufgaben ruhen lassen, um mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht für den Bundestag zu kandidieren.
Das Erfolgsduo, das Union einst von der 2. Liga in die Champions League führte, ist damit Geschichte. Denn auch, wenn Ruhnert den Verein noch nicht offiziell verlässt, scheint eine Rückkehr eher unwahrscheinlich. Der langjährige Kommunalpolitiker der Linken steht beim BSW auf Platz eins der Berliner Liste. Die Parteichefin feiert ihn wie einen Star-Transfer. Auf gut Fußball-Deutsch ist dieser Wechsel eine Leihgabe mit Kaufoption, und damit wohl das endgültige Ende der goldenen Fischer-Ruhnert-Ära bei Union.
Anders als vor einem Jahr gibt es diesmal aber kein Erdbeben in Köpenick. Fischers Abschied war eine brutale Zäsur, von der sich der Klub immer noch erholt. Dieser neueste Personalwechsel wurde hingegen sorgfältig geplant, lange vorbereitet und am Ende relativ schmerzlos durchgeführt. Und somit auch ganz im Sinne von Oliver Ruhnert.
Als Kaderplaner lag Ruhnerts Stärke schließlich nie darin, dass er immer ein goldenes Händchen hatte. Von Rick van Drongelen bis hin zu Chris Bedia gab es mit ihm auch zahlreiche Transfers, die nicht aufgegangen sind. Sein Erfolg basierte vielmehr darauf, dass er immer vier oder fünf Schritte vorausplante. Während andere Vereine bis zum berüchtigten Deadline Day zittern mussten, war Unions Kader meist schon früh fertig. Damit konnte der Trainer in Ruhe arbeiten und die Mannschaft trotz ständiger Änderungen immer wieder schnell zusammenwachsen.
Ruhnerts politische Ambitionen waren kein Geheimnis
Nur in der Champions-League-Saison 2023/24 gelang ihm das nicht: mit bekannten Folgen. Doch auch das sah Ruhnert ein Stück weit kommen. Schon im Mai 2023 warnte er davor, dass er vor dem schwierigsten Transfersommer seiner Laufbahn stehe. Auch beim Misserfolg zeigte er also Weitsicht.
Ähnlich auch der nächste Karriereschritt. Ruhnerts politische Ambitionen waren schon lange kein Geheimnis mehr. Als Fußball-Manager hat er sein öffentliches Profil über die Jahre Stück für Stück aufgebaut, um sich dann im vergangenen Sommer dem BSW anzuschließen und von einer Kandidatur bei der Bundestagswahl zu reden. Gleichzeitig wechselte er nach sechs Jahren als Geschäftsführer Sport zurück in die Rolle des Chefscouts, um Platz für seinen Nachfolger Horst Heldt zu machen.
So konnte der Verein einen lange befürchteten und eigentlich noch spektakulären Abschied mit minimalem Rummel verkünden. Ein cleverer Schachzug, der als letzter Verdienst einer großen Erfolgsära gelten könnte. Von dem Politiker Oliver Ruhnert und der Partei BSW kann man halten, was man will. Als Fußballmanager suchte er aber oft seinesgleichen. Und das zeigt sich auch in der Art des Abschieds.
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