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Rekordzahlen trotz Kritik: Spanien ist von einem WM-Boykott weit entfernt
Wenn Spanien am Donnerstag um den Gruppensieg spielt, können die TV-Sender auf hohe Einschaltquoten hoffen. Auch aus sportlicher Sicht herrscht Zuversicht.
Stand:
Mit einem kühlen Estrella Galicia oder einem Sangria vor einer der unzähligen Madrider Bars Fußball schauen – das geht für die Spanier*innen bei dieser WM genauso wenig wie Public Viewing in Deutschland.
Auch in Südeuropa ist der Spätherbst kühl, viele schauen die Spiele deshalb zuhause. Aber anders als viele Deutsche schauen die Spanier*innen die Spiele.
„Der Protest hier ist scheinheilig und mehr Frage des guten Tons: Menschen kritisieren die WM in den sozialen Medien, betreiben aber anschließend keinen Boykott“, sagt Sportjournalist Fernando Evangelio, der das Turnier für den spanischen Radiosender COPE kommentiert.
Kritik ja, Boykott nein. Das scheint die Haltung der meisten zu sein. Auf Twitter und in anderen sozialen Medien sprechen die Spanier*innen sehr wohl über die Situation in Katar und Menschenrechtsverletzungen. Beliebter sind trotzdem Hashtags wie „Luis Enrique“, unter denen der Nationaltrainer wahlweise bejubelt oder kritisiert wird.
Der spanische König Felipe schaute das erste Spiel seiner Mannschaft in Doha. Er war das einzige Mitglied einer europäischen Königsfamilie, der zur WM reiste.
Im Land selbst kam es bei dem ersten Auftritt der spanischen Nationalelf noch zu leichten Quoteneinbrüchen: Knapp sechs Millionen Menschen verfolgten das 7:0 gegen Costa Rica, ein Viertel der Bevölkerung schaltete zumindest irgendwann während des Spiels zu. Im Vergleich: 2018, im Auftaktspiel gegen Portugal, schauten mehr als zehn Millionen Spanier*innen zu.
Gemessen an den 9,2 Millionen, die hierzulande das Auftaktspiel der Deutschen sahen, war die Quote im nur halb so bevölkerungsreichen Spanien trotzdem beachtlich. Ohnehin liegt nahe, dass die niedrigeren Zahlen mehr mit der geringen Attraktivität des Spiels zu tun hatten als mit einem Boykottversuch.
36 Prozent glauben an WM-Titel
Denn die Partie Spanien gegen Deutschland am vergangenen Sonntag zeigte schon ganz andere Zahlen: 11,2 Millionen Zuschauer*innen verfolgten das 1:1 vor dem Bildschirm. Nur zehn Spiele der spanischen Nationalelf hatten mehr Publikum – in ihrer gesamten Historie.
Auch, was den Erfolg ihrer Mannschaft angeht, sind die Spanier*innen zuversichtlich: Einer letzten Umfrage des öffentlichen Fernsehens zufolge glauben 36 Prozent an einen WM-Titel für Spanien. Es wäre der zweite, nach ihrem Erfolg 2010.
Mit Blick auf das Spiel gegen Japan ist die Stimmung noch optimistischer: In einer Eurosport-Umfrage gehen mehr als 70 Prozent vom Gruppensieg der Spanier aus. Dass sie noch in der Vorrunde ausscheiden könnten, glaubt dagegen fast niemand mehr.
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