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Saisonziel in Gefahr: Hertha BSC muss die Gegenwart in den Griff kriegen
Der Aufstieg wird nicht im Herbst entschieden. Doch wenn Hertha BSC noch eine echte Chance auf die Rückkehr in die Bundesliga haben will, muss die Mannschaft ihr Potenzial konstanter abrufen.

Stand:
Legt man die branchenüblichen Schätzungen zugrunde, dann unterhält Hertha BSC, allen finanziellen Schwierigkeiten zum Trotz, immer noch einen der teuersten Kader der Zweiten Liga. Gemessen daran fällt der sportliche Ertrag nach knapp einem Viertel der Saison definitiv zu dünn aus. Hertha bleibt nach dem 2:2 am Samstagabend beim FC Schalke 04 im Mittelfeld des Klassements gefangen – mit inzwischen schon beachtlichem Abstand auf die Aufstiegsränge.
Viele Fans sorgen sich daher, dass die Mannschaft das große Ziel, die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga, wie im vergangenen Jahr vorzeitig verspielt. Solche Befürchtungen sind ebenso berechtigt wie unbegründet.
Berechtigt, weil es mit einer Fortsetzung der bisherigen Leistungen ganz sicher wieder nicht reichen wird. Unbegründet, weil der Kader zum einen sehr wohl die nötige Qualität für den Aufstieg besitzt. Und weil zum anderen noch genügend Spiele zu spielen sind, um den Rückstand aufzuholen.
Ein Blick in die jüngere Geschichte der Zweiten Liga zeigt, dass der Aufstieg nicht im Herbst entschieden wird. Vor drei Jahren lagen die beiden Bundesligaabsteiger Schalke 04 und Werder Bremen nach ebenfalls acht Spieltagen auf den Plätzen acht und zehn. Am Ende schaffen sie souverän als Meister und Vizemeister die Rückkehr in die Erste Liga.
Qualität hilft. Man muss sie nur auf den Platz bringen.
Das schafft Hertha bisher nicht in ausreichendem Maße, was aber auch daran liegt, dass die Qualität im Kader nicht gleichmäßig verteilt ist. Sie ballt sich vor allem im Mittelfeld, wo es spielerische Klasse im Übermaß gibt. Im Sturm und in der Defensive sieht es hingegen eher dünn aus.
Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass viel Qualität aktuell verletzt ist. Fabian Reese, der überragende Spieler der Vorsaison, fehlt Hertha seit dem Sommer. Dazu fallen Michal Karbownik, Jeremy Dudziak, John-Anthony Brooks und Linus Gechter inzwischen ebenfalls mehrere Wochen aus.
Auf die Rückkehr der Verletzten und ihre belebende Wirkung zu hoffen wird der Mannschaft von Trainer Cristian Fiél allerdings nicht helfen. Im Gegenteil: Es gefährdet das Saisonziel. Hertha muss die Gegenwart in den Griff kriegen. Und zwar schleunigst.
Hertha muss besser und konsequenter verteidigen. Muss das Leistungsvermögen konstant und nicht nur punktuell abrufen. Muss insgesamt seriöser werden, und zwar vor beiden Toren.
Gegen Schalke hat die Mannschaft gezeigt, dass sie zu Dominanz fähig ist. Allerdings nur vom Beginn der zweiten Halbzeit bis zum Ausgleich zum 2:2 eine gute Viertelstunde vor Schluss. Doch anstatt anschließend den Druck auf die Schalker hochzuhalten, ließ Hertha den Gegner viel zu leicht wieder entwischen.
Viele solcher Nachlässigkeiten wird sich die Mannschaft nicht mehr leisten können, sonst wird sie tatsächlich den Anschluss an die Spitze verlieren. Schon in der vergangenen Saison war dies ihr größtes Problem. Dem Druck, sich keine Schwäche mehr erlauben zu dürfen, war Hertha nicht gewachsen. Und verlässliche Hinweise, dass sie daraus gelernt hat und mental deutlich stabiler geworden ist, gibt es bisher leider nicht.
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