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Elena Semechin gewann bei den Spielen in Paris Gold.

© picture alliance/dpa/Jens Büttner

Schwangerschaft von Schwimmstar Semechin: Das Verhalten der Sponsoren ist schäbig

Die zweimalige Paralympics-Siegerin macht ihre Schwangerschaft öffentlich und prompt zieht sich ein Sponsor zurück. Gerade im Leistungssport gilt Mutterschaft für viele Geldgeber als Risiko – zu Unrecht.

Inga Hofmann
Ein Kommentar von Inga Hofmann

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Elena Semechin ist schwanger. Die Schwimmerin, die bei den Paralympischen Spielen in Tokio und Paris jeweils Gold gewann, verkündete in einem Instagram-Beitrag: „Es hat endlich geklappt“. Dazu postete sie Foto von sich im Badeanzug, wie sie ihren Bauch hält und lächelt. Die Vorfreude könnte riesengroß sein – wären da nicht die Geldsorgen.

Kaum hatte Semechin ihre Schwangerschaft öffentlich gemacht, zog sich ein Sponsor komplett zurück, ein anderer fror die Unterstützung ein. Offenbar taugen Weltrekorde, olympische Erfolge und ein sensationelles Comeback für die Vermarktung, aber bei einer Schwangerschaft hört es dann auf. Oder wie darf man den Rückzug der Geldgeber verstehen?

„Das sind Gedanken und Sorgen, die man sich macht“, sagte Semechin im ZDF-„Sportstudio“. „Wie finanziere ich mich? Vor allem, da bald noch ein Menschlein dazukommt.“

Im Leistungssport sind Existenzängste bittere Realität

Diese Frage ist erschütternd. Keine Frau sollte sich während einer vulnerablen Phase wie der Schwangerschaft Sorgen um ihre Existenz machen müssen.

Genau das ist im Leistungssport aber bittere Realität. „Wenn wir Kinder bekommen, riskieren wir Gehaltskürzungen durch unsere Sponsoren“, sagte US-Leichtathletin Allyson Felix. Ihre Kollegin Phoebe Wright bezeichnete die Schwangerschaft gar als „Todeskuss“ einer Profikarriere.

Die meisten Leistungssportlerinnen in Deutschland können von ihrem Sport allein nicht leben, sie studieren nebenher, haben einen weiteren Job oder sind auf Fördermittel angewiesen. Semechin beispielsweise erhält eine Förderung von der deutschen Sporthilfe, doch das allein reicht nicht. Es bräuchte auch Unterstützung von den Verbänden, etwa, wenn es um die Betreuung des Kindes bei Wettkämpfen geht.

Gerade im Spitzensport gilt Mutterschaft aber immer noch als Risiko, viele Vereine „befürchten, dass es Widrigkeiten und Schwierigkeiten mit Müttern geben könnte“, sagte die frühere Nationaltorhüterin Almuth Schult, die zum dritten Mal schwanger ist.

Solche Vorurteile haben sie und andere Spitzensportlerinnen wie die Reiterin Jessica Bredow-Werndl oder Tennisspielerin Elina Svitolina längst widerlegt.

Und wenn es wirklich um die Sorge vor „Widrigkeiten“ ginge: Warum wird ein Boris Becker nach seiner Gefängnisstrafe überhaupt wieder für Werbespots angefragt und erhält dafür hohe Geldsummen, während auf der anderen Seite Sportlerinnen die Finanzierung entzogen wird?

Zumal das Thema Schwangerschaft durchaus lukrativ für Sponsoren sein kann. Fußballerin Melanie Leupolz etwa wurde nach ihrer Schwangerschaft das Gesicht einer Mutterschafts-Kollektion von Adidas – inklusive Sport-BHs mit Stillfunktion. Das Thema bietet also sogar die Chance, neue Zielgruppen zu erreichen. Und damit auch anderen Sportlerinnen, die Entscheidung für ein Kind zu erleichtern.

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