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Echte Erfolgsserie: Bereits im September konnte sich die deutsche Nationalmannschaft mit 3:0 gegen Irland durchsetzen.

© dpa/ Roland Weihrauch

Sexismus im Fußball: Erfolge nicht mehr unsichtbar machen

Die Nationalmannschaft der Frauen erlebte in diesem Jahr eine echte Erfolgsserie. Trotzdem wird solchen Erfolgen kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Inga Hofmann

Das war ein grandioser Jahresabschluss und ein echtes Fußball-Highlight 2020: Der achte Spieltag der EM-Qualifikation. Beim Spiel gegen Irland mussten die Fußballerinnen zwar das allererste Gegentor der gesamten EM-Qualifikation hinnehmen, aber dennoch konnten sie sich letztendlich mit 3:1 den verdienten Sieg sichern. Damit erlebte die deutsche Nationalmannschaft eine echte Erfolgsserie bei der EM-Qualifikation und blickt positiv auf die Europameisterschaft 2022.

Leider gehen solche Erfolgsmeldungen häufig in der Berichterstattung zur Bundesliga oder dem Jubel über die deutschlandweiten Auf- und Absteiger unter. Denn Frauen werden im Fußball immer noch kaum mitgedacht, über ihre Erfolge wird wenig berichtet. Sie werden dadurch unsichtbar gemacht, was sich auch in der öffentlichen Wahrnehmung widerspiegelt: Wenn von EM-Spielen die Rede ist, dann denken die wenigsten Menschen dabei an Fußballerinnen. Es sei denn, es wird explizit betont, dass es sich um ein „Frauen-Team“ oder die „Frauen-Nationalmannschaft“ handelt.

Das liegt nicht daran, dass eine Verwechslung der gleichnamigen Wettbewerbe droht, denn schließlich finden die Europameisterschaften der Frauen und der Männer zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Es liegt daran, dass Männer vor allem beim Fußball immer noch die Berichterstattung und die öffentliche Wahrnehmung dominieren. Das Phänomen, dass üblicherweise internationale Turniere im Mittelpunkt stehen, scheint nicht zu gelten, wenn es Frauen sind, die die Erfolge einfahren. Da wird lieber auf deutschlandweite oder sogar regionale – aber Hauptsache männliche – Ligen zurückgegriffen.

Dass Sportlerinnen besonders im Profi-Fußball systematische Benachteiligung erfahren, ist nicht neu: Die Gehälter von Spielern und Spielerinnen klaffen weit auseinander, die Spiele werden kaum gezeigt und nur wenige Sportlerinnen haben Zugang zu ihren Wunschjobs. Das gilt natürlich nicht nur für den Fußball: So weicht auch die Anzahl der Wettbewerbe beim Wintersport bei Frauen und Männern nach wie vor voneinander ab. Eine Vierschanzentournee für Frauen gibt es zum Beispiel nicht.

Hinzu kommt, dass Sportlerinnen häufig mit sexistischen Kommentaren und Vorurteilen konfrontiert sind. So schrieb die "Bild"-Zeitung bei der WM 2019, dass „ausgerechnet unsere Hübscheste“ für den Erfolg gesorgt habe. Und Sport1 ließ es sich 2015 nicht nehmen, die „schönsten Spielerinnen der Frauen-WM“ und die „Hingucker des deutschen Teams“ zu küren.

Solchen sexistischen Darstellungen gilt es entschieden entgegenzutreten. Ihnen sollten alternative Narrative und Erfolgserlebnisse wie die der EM-Qualifikation entgegengehalten werden. Dazu gehört auch, Erfolge und Leistungen der Sportlerinnen nicht unsichtbar zu machen, sondern ihnen die Anerkennung und Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen. Vielleicht denken wir ja dann auch irgendwann als zuerst an Top-Talente wie Laura Freigang oder Ann-Katrin Berger, wenn die Rede von der Fußball-EM ist.

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