
© Imago/Moritz Müller
Topspiel Meister gegen Tabellenführer: Granit Xhaka ist ein Anführer, wie er den Bayern fehlt
Es gibt nicht viele Spieler in der Bundesliga, die in München direkt einen Stammplatz hätten. Granit Xhaka ist einer davon. Mit Leverkusen will er am Samstag erneut die Bayern ärgern.
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Seit ein paar Wochen hat sich Granit Xhaka optisch verändert, er tritt nun mit einer stoppeligen Kurzhaarfrisur auf. Dadurch wirkt der einflussreichste Spieler des Doublesiegers Bayer 04 Leverkusen noch ein bisschen robuster und entschlossener auf dem Platz als zuvor mit längeren Haaren.
Im Team von Trainer Xabi Alonso ist dieser robuste und entschlossene Schweizer gesetzt. Er spielt immer, obwohl sein Coach das Prinzip der Rotation schätzt.
Xhaka ist ein Profi, der Situationen auf dem Platz weit im Voraus antizipieren kann, der das Spiel seiner Mannschaft im defensiven Mittelfeld ordnet und dank der vitalen Interpretation seiner Rolle von allen Mitspielern als Anführer auf dem Rasen akzeptiert wird.
Für Alonso ist Xhaka ein Schlüsselspieler und in dieser Rolle ist er an diesem Samstag ganz besonders gefordert. Dann ist der Gegner im Spitzenspiel in Leverkusen der Rekordmeister Bayern München, der um acht Punkte enteilte Tabellenführer.
Die Verpflichtung von Granit Xhaka war einer der wichtigsten Transfers der Vereinsgeschichte.
Robert Andrich, deutscher Nationalspieler und Nebenmann von Xhaka in Leverkusens Mittelfeld
Robert Andrich, der deutsche Nationalspieler, der Xhaka bisweilen im defensiven Mittelfeld assistiert, ist ein Fan des Schweizers und der Meinung: „Die Verpflichtung von Granit Xhaka war einer der wichtigsten Transfers der Vereinsgeschichte. Er ist ein absoluter Führungsspieler.“
Das Repertoire des Gelobten ist eindrucksvoll: Er arbeitet hart in der Zentrale des Bayer-Spiels, ist oft erster Empfänger von Anspielen aus der Abwehr, danach leitet er die Angriffe ein.
Dass Xhaka, 32, überhaupt 2023 nach Leverkusen wechselte, als einstiger Kapitän des FC Arsenal, wo er in sieben Jahren 225 Pflichtspiele bestritt, galt als große Überraschung. Xhaka war ein Leistungsträger in der Premier League und hatte dort enormem Einfluss auf das Spiel seines Teams genommen.
Xhaka ist ein Profi mit einem Anführer-Profil, wie er den Bayern fehlt. Doch er entschied sich bewusst für Bayer 04, vor allem, weil er mit Alonso zusammenarbeiten wollte. Xhaka erhoffte sich von dem einstigen spanischen Weltklassespieler neue Impulse und Verbesserungen für sein Spiel.
Xhakas Eltern stammen aus dem Kosovo, sein Vater Ragip saß einst drei Jahre in einem Gefängnis im ehemaligen Jugoslawien, ihm wurden unliebsame politische Demonstrationen zur Last gelegt. Das sei eine Geschichte, die ihn geprägt habe, hat Xhaka einmal erzählt: „Mein Bruder Taulant und ich sind mit einer anderen Mentalität aufgewachsen. Sie hat uns geholfen, hart zu arbeiten und diszipliniert zu sein.“
Taulant Xhaka hat sich im Übrigen dafür entschieden, für die Nationalmannschaft Albaniens aufzulaufen. Bei der EM 2016 gab es sogar ein Bruderduell – „ein Scheiß-Gefühl“, sagte Granit Xhaka damals. Die Schweiz gewann mit 1:0.
Bei Arsenal verlor er erst die Nerven und dann das Kapitänsamt
Manchmal aber setzte sich sein Temperament gegen seine anerzogene Disziplin durch. Unter anderem im November 2019, als Xhaka nach einer Auswechslung im Dress des FC Arsenal von den eigenen Fans ausgepfiffen wurde. Xhaka reagierte wenig besonnen, er schimpfte wütend auf die Anhänger, zog sein Trikot aus und verschwand in der Kabine.
Xhaka entschuldigte sich später, wurde aber dennoch als Kapitän abgesetzt. „Ich bin an dieser Situation gewachsen und habe gelernt, mit Kritik umzugehen“, sagt er heute. Das Heißblütige, Wilde, Provokative, das ihm bisweilen auf dem Platz zu eigen war, mit Gesten oder harten Fouls, hat er in Leverkusen bisher abgelegt. Dort spielt er besonnener, bedachter und tatsächlich auch disziplinierter als jemals zuvor.
Diese Selbstbeherrschung hat ihn auf eine neue Stufe seines Könnens gehoben. Xhaka schreibt diesen Entwicklungsschritt Alonso zu, der ihm diesen Wandel empfohlen hat. Kapitän, wie in der Schweizer Nationalelf, deren Rekordnationalspieler er mit derzeit 133 Länderspielen ist, ist Xhaka in Leverkusen offiziell nicht. Inoffiziell und gefühlt aber schon.
Die acht Punkte, die Leverkusen und die Bayern an der Tabellenspitze nach Bayers 0:0 in Wolfsburg vom vergangenen Samstag trennen, ändern für Xhaka nicht viel an der Jägerrolle seines Teams. „Wir wissen, dass wir die Bayern schlagen müssen, um an ihnen dranzubleiben und gehen nicht mit dem Gedanken ins Spiel, unentschieden zu spielen.“
Auf ihn, den Taktgeber des Bayer-Spiels, und seine Mischung aus Aggressivität und Disziplin wird es für Leverkusen dabei besonders ankommen.
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