
© dpa/David Inderlied
Trotz enttäuschender Leistung gegen Serbien: Jude Bellingham lässt England vom Titel träumen
In einem zähen ersten Gruppenspiel war Jude Bellingham der Lichtblick für England. Nun muss er das gleiche Schicksal wie einst Wayne Rooney oder David Beckham vermeiden.
Stand:
Es hörte sich ein bisschen an, als würden die englischen Fans ihre eigene Mannschaft ausbuhen. Das war auch plausibel, denn genau das hatten sie im letzten Testspiel vor der EM gemacht, als England mit 0:1 gegen Island unterging. Doch diesmal waren es keine Buhrufe, die aus dem weißen Block auf der Südseite der Gelsenkirchener Arena schallten. Sie riefen nur den Namen ihres Helden: „Juuuuuude”.
„Es macht immer Spaß, vor den englischen Fans zu spielen. Sie geben mir viel Liebe, und ich will das auch zurückgeben mit meiner Energie auf dem Platz”, sagte Jude Bellingham am Sonntagabend, nachdem er beim 1:0-Sieg gegen Serbien zum Siegtorschützen und Spieler des Spiels geworden war. Auch die Chöre von „Hey, Jude! habe er genossen, führte er weiter an. „Mein Musikgeschmack ist eher alt, also passen die Beatles perfekt dazu“, sagte er lachend.
Bei einer sonst enttäuschenden Leistung des Titelfavoriten war Bellingham am Sonntag der Lichtblick. Nicht nur mit seinem Tor zeigte der Mittelfeldstar von Real Madrid, warum er nun alle englischen Hoffnungen auf den ersten Titel seit 1966 auf seinen Schultern trägt. Anderswo auf dem Feld war England noch unperfekt. Trent Alexander-Arnold musste mit seiner ungewohnten Rolle im Mittelfeld noch hadern. Harry Kane tauchte fast komplett unter. Doch im Zentrum brillierte Bellingham wie immer. Und das reichte dann auch.
Bellingham agiert wie ein Staatsmann auf dem Platz
„Er trifft halt immer die richtige Entscheidung“, staunte ein serbischer Fan anschließend kopfschüttelnd in der Straßenbahn. Tatsächlich war Bellingham so souverän und staatsmännisch gewesen, dass man fast hätte fragen müssen, ob er beim nächsten Mal nicht auch für das Verkehrskonzept zuständig sein soll.
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Es bleibt nämlich verblüffend, wie beherrscht der 20-Jährige mit seinem astronomischen Aufstieg umgeht. Auch, als die Serben ständig versuchten, ihn mit kleinen Fouls aus dem Spiel zu nehmen, prallte alles an Bellingham ab. „Er schreibt seine eigenen Skripte“, schwärmte Trainer Gareth Southgate von seinem Superstar nach dem Spiel.
Ich spiele ohne Angst, weil ich den Fußball so liebe.
Jude Bellingham
Vor zu viel Euphorie sind Southgate und die Engländer dennoch gewarnt. Zum einen wegen der sonst drögen Partie − nur elf Torschüsse im gesamten Spiel waren ein neuer EM-Negativrekord. Zum anderen hat man schon in der Vergangenheit erfahren müssen, wie tief ein solcher Superstar fallen kann.
2006 war es Wayne Rooney, der als 20 Jahre alter Hoffnungsträger zur WM fuhr und dann ausgerechnet in Gelsenkirchen die Rote Karte sah und Englands Aus so gut wie besiegelte. 1998 war es David Beckham, der mit seinem Platzverweis gegen Argentinien plötzlich vom Wunderkind zur Hassfigur wurde.
Auch deshalb ist Southgate intensiv bemüht, Bellingham zu schützen. Er sei nur „einer von vielen“, betonte der englische Coach vor ein paar Tagen. Vielleicht aber muss er sich auch keine Sorgen machen. Denn anders als Rooney und Beckham strahlt Bellingham auch neben dem Platz eine unheimliche Souveränität aus. Als er am Sonntag um den Druck gefragt wurde, lächelte er nur.
„Die Wahrheit ist: Ich spiele ohne Angst, weil ich den Fußball so liebe. Es ist für mich eine Erlösung, weil es wirklich meine absolute Lieblingssache ist. Für mich ist das kein Job, sondern nur Freude.”
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