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Gleich räumt die Kugel die Pins ab! Und falls das mal nicht klappt, gilt es, ruhig zu bleiben.

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„Viele Zentren sind auf Eventgäste ausgerichtet“: Bowling in Berlin steht vor schwierigen Zeiten

Die Vereine aus der Stadt feiern immer wieder große Erfolge. Aber neben dem fehlenden Nachwuchs hat die Sportart noch andere Probleme.

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Berlin ist nicht nur Hauptstadt der Politik und Kultur, sondern auch ein Zentrum für Sportvielfalt – und dabei mittendrin: Bowling. Was für manche eher ein Zeitvertreib unter Neonlicht ist, hat eine lange Geschichte, eine leidenschaftliche Szene und viele sportliche Erfolge hervorgebracht.

Bowling hat seinen Ursprung im traditionellen Kegelsport, der in Deutschland tief verwurzelt ist. Die ersten Bowlinganlagen nach amerikanischem Vorbild eröffneten in den 1960er Jahren im amerikanischen Sektor West-Berlins. Während Kegeln lange als „urdeutsch“ galt, brachte Bowling neue Technik, mehr Dynamik und eine stärkere Ausrichtung auf den sportlichen Wettkampf mit.

Heute zählt Berlin zu den aktivsten Bowlingregionen Deutschlands. In der Hauptstadt gibt es viele Vereine, organisiert im Berliner Bowlingsport Verband (BBV). Namen wie BC Phoenix, BSC Kraftwerk oder die Bowling-Abteilung der Füchse Berlin stehen für jahrzehntelanges Engagement und zahlreiche hervorragende Platzierungen bei Landes- und Bundesmeisterschaften.

Jugend- und Nachwuchsarbeit gibt es bei den Füchsen. Deren Sportwart Michael Michajlow prägt den Berliner Bowlingsport seit über 30 Jahren. Er kam bereits als Jugendlicher zum Bowling und erzählt, dass er zunächst Fußball gespielt hat.

„Dann bin ich zu schnell gewachsen und ,passte’ nicht mehr in den Sport. Als sogenanntes Schlüsselkind war ich viel allein unterwegs und irgendwann hat es mich auf eine Bowling-Bahn verschlagen“, erzählt Michajlow.

„Eigentlich nur, weil es dort einen Flipperautomaten gab und sicher nicht mit der Absicht, ein großer Bowler zu werden.“ Aber das Leben hatte andere Pläne. Michajlow wurde entdeckt und trainierte später nicht nur das deutsche Bowling-Nationalteam, sondern heute auch die österreichische Nationalmannschaft. Dazwischen gab es noch einige Stationen: Spieler beim BC Nolle, Jugendmeister und Trainer des Jahres 2023.

Was fasziniert Michajlow am Bowling? „Es ist diese Mischung aus technischer Präzision, mentaler Stärke und strategischem Denken. Bowling ist ein hochkompliziertes Spiel. Und mir gefällt der gesellschaftliche Aspekt. Man spielt nicht gegeneinander, sondern um ein Ergebnis. Das heißt, man ist sich auch nicht böse.“

Wer einmal beobachtet hat, mit welcher Eleganz ein guter Spieler seinen Ball auf die Bahn setzt, wie genau Spin, Geschwindigkeit und Bahn gelesen werden – der merkt schnell, dass Bowling weit ist mehr als Kegeln mit Plastikbällen.


Rhythmus und Körperkontrolle sind wichtige Faktoren

Es geht um Serien, Rhythmus, Körperkontrolle – und manchmal auch um die Fähigkeit, nach einem misslungenen Wurf die Ruhe zu bewahren. In dieser Mischung liegt die eigentliche Schönheit des Sports.

Doch Michajlow sieht die Zukunft in Berlin nicht allzu rosig. Zwar gibt es nach wie vor viele leidenschaftliche Spielerinnen und Spieler sowie funktionierende Vereinsstrukturen, doch der Nachwuchs fehlt und dass Hallen schließen oder Bahnen nicht für den Vereinsbetrieb freigegeben werden, ist auch Realität.

Viele Bowlingzentren sind auf Freizeitsportler und Eventgäste ausgerichtet.

Michael Michajlow, Bowling-Sportwart bei den Füchsen Berlin

„Viele Bowlingzentren sind auf Freizeitsportler und Eventgäste ausgerichtet“, sagt Michajlow. Gleichzeitig sind die Mietpreise und Energiekosten für Betreiber von Bowlingbahnen ein wachsendes Problem.

Und eine Sportkarriere im Bowling ist mit Kosten verbunden, die nicht jeder stemmen kann. So müssen die Kugeln selbst finanziert werden. „Wer Profi werden will, braucht mehrere Bälle. Je nach Ölfilm auf der Bahn müssen die Bälle eine entsprechende Oberfläche haben“, sagt Michajlow.

Unterm Strich ist Bowling in Berlin trotzdem weit mehr als ein Feierabend- oder Freizeitvergnügen. Zwischen Friedrichshain und Spandau rollen nicht nur ruhige Kugeln – sondern Geschichten von Ehrgeiz, Leistungssport und Teamgeist.

Ob es gelingt, die Szene hier in der Stadt und generell in die Zukunft zu führen, wird auch davon abhängen, wie sichtbar sie wird – in Schulen, auf Social Media, aber auch in der öffentlichen Sportförderung.

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