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Zwei Rennen, zweimal Silber: Linn Kazmaier und Florian Baumann haben ihre eigenen Erwartungen übertroffen.

© Imago

Wie Guide und Athletin zueinander fanden: Volles Vertrauen

Die 15-jährige Linn Kazmaier und ihr Guide Florian Baumann haben in Peking bereits zweimal Silber gewonnen. Erst seit anderthalb Jahren sind sie ein Team.

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Es war ein strahlend blauer Himmel als die 15-jährige Linn Kazmaier und ihr Guide Florian Baumann bei den Paralympics in Peking am Samstagmorgen in ihren ersten Wettkampf starteten. Einen sechsten oder siebten Platz – darauf hatte Linn vor den Spielen gehofft. Dass es Silber wurde, als sich die sehbeeinträchtigte Biathletin nach sechs Kilometern hinter der Ziellinie auf den Boden warf, damit hatte sie nicht gerechnet. Beim Rennen über 15 Kilometer wiederholte die Langläuferin diesen Erfolg. 

Ihr Guide, der 20-jährige Florian Baumann, ist im Wettkampf und auch hinter der Ziellinie immer an ihrer Seite. Da Kazmaier seit ihrer Geburt stark sehbeeinträchtigt ist, sagt er ihr auf der Piste wie die Strecke aussieht, feuert sie an und hilft ihr bei der Orientierung. Als sie nach ihrem ersten Wettkampf in China erschöpft im Schnee liegt, fährt er an ihre Seite sie, klopft ihr auf die Schulter und ruft „Richtig geil“. 

Kazmaier selbst findet ihre zweite Silbermedaille „ziemlich unglaublich“. Weil das russische Team von den Spielen ausgeschlossen wurde, waren ihre Chancen auf eine Medaille besser als sonst. Doch auch Bundestrainer Ralf Rombach findet: „Das ist großartig. Sie haben es wieder geschafft, die Leistungen zu bringen und ich bin hochzufrieden.“

Kennengelernt haben sich die beiden vor anderthalb Jahren. Kazmaier war sieben Jahre zuvor das erste Mal bei einem Langlaufkurs für Kinder, Baumann war national im Langlauf erfolgreich und hatte seine Karriere bereits beendet. Die beiden sind entfernt verwandt und hatten sich deswegen über die Jahre immer mal wieder auf Familienfeiern gesehen. Es war Die Mutter von Linn Kazmaier, die Baumann immer wieder fragte, ob er nicht einmal mit ihrer Tochter trainieren wolle – bis er eines Tages mit ins Training ging. „Ich habe ihm gesagt, was ich für Ansagen brauche“, erzählt Kazmaier über ihr erstes Mal gemeinsam in der Loipe „und dann sind wir einfach losgefahren“. 

Kazmaier fällt es leicht ihrem Guide zu vertrauen

Es hat von Anfang an einfach gut harmoniert zwischen den Beiden, „er hat von Anfang an alles richtig gut gemacht“, erzählt Kazmaier. Baumann habe erst ein wenig Sorge gehabt, schließlich trägt er auf der Loipe die Verantwortung. „Gerade am Anfang gab es auch immer wieder Stürze“, erzählt er. Doch er könne sich darauf verlassen, dass Kazmaier das umsetzt, was er ihr sage. Mittlerweile mache er sich kaum noch Sorgen oder Gedanken darüber, dass etwas passieren könnte. Auch Kazmaier fällt es leicht ihrem Guide zu vertrauen. „Ich bin es ja schon mein ganzes Leben lang gewöhnt anderen Leuten zu vertrauen“, sagt sie, „und bei Florian fällt es mir auch leicht, weil er seine Sache so gut macht.“

Aus ein paar gemeinsamen Trainings wurde eine feste Konstellation: Über die letzten 18 Monate sind die beiden ein sehr gutes Team geworden. Das zeigt sich auch an ihren Erfolgen: Bei der WM in Lillehammer belegten sie den sechsten Platz im Biathlon, nun gewannen in ihren ersten zwei Wettkämpfen bei den Paralympischen Spielen zweimal Silber.

Damit diese Leistungen im Sport möglich sind, ist Linn in ein Sportinternat nach Freiburg gezogen, und auch Florian hat sich entschieden, dort sein Studium zu beginnen: „Es hat einfach gut gepasst, der Sport mit Linn macht mir sehr viel Spaß und so konnte ich beides vereinen.“ Die Beiden, aber auch das gesamte deutsche Team, unterstützen sich in Peking gegenseitig. „Ich fühle mich sehr wohl“, sagt die 15-jährige Kazmaier, obwohl ihre Eltern wegen der strengen Corona-Regulierungen nicht mitkommen konnten. 

Wegen der kommenden Wettkampftage machen die beiden sich keinen Druck. „Wir gehen die kommenden Wettkämpfe ganz locker an“, sagen sie. „Hauptsache Spaß haben“, sagt Kazmaier. Der Spaß am Wintersport ist auch das, was die beiden verbindet. So sehr, dass sie sich vorstellen können, bei den nächsten Paralympics wieder gemeinsam in der Loipe zu stehen.  

Zoe Bunje

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