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Wegweisendes Urteil zu Polizeikosten im Fußball: Der Bundesliga droht enorme Wettbewerbsverzerrung
Nach zehn Jahren Rechtsstreit ist klar: Die Länder können dem Fußball die Polizeikosten für Hochrisikospiele in Rechnung stellen. Das Urteil könnte weit über die Bundesliga hinauswirken.

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Es begann alles mit einem Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV. Für das erhöhte Polizeiaufgebot bei dieser als Hochrisikospiel eingestuften Bundesligapartie stellte das Bundesland Bremen der Deutschen Fußball-Liga 2015 425.000 Euro in Rechnung. Die DFL zahlte zwar, zog aber vor Gericht.
Nach vielen Drohungen, Diskussionen und dem Gang durch mehrere Instanzen ist an diesem Dienstag durch das Bundesverfassungsgericht das endgültige Urteil gefallen. Die Verfassungsbeschwerde der DFL wurde abgelehnt, die Beteiligung des Fußballs an den Polizeikosten bei Hochrisikospielen ist rechtmäßig.
Es ist das Ende eines zehn Jahre währenden Rechtsstreits, allerdings auch der Beginn einer neuen Kontroverse. Denn was die DFL, die Vereine und die Bundesländer aus diesem Urteil machen, ist bisher kaum absehbar und wird den deutschen Profifußball – und vielleicht nicht nur diesen – noch lange beschäftigen.
Es droht ein Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen. Einige Bundesländer wie Hamburg und Rheinland-Pfalz haben bereits erklärt, der DFL die Polizeikosten in Zukunft ebenfalls in Rechnung zu stellen zu wollen. Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen lehnen dies ab.
Da die DFL die Kosten nicht selbst trägt, sondern sich das Geld von den Vereinen zurückholt, wäre die Konsequenz, dass Werder Bremen und der FC St. Pauli für Hochrisikospiele zahlen müssten, Borussia Dortmund, Bayern München und der 1. FC Union hingegen nicht – klare Wettbewerbsverzerrung.
Dagegen helfen nur einheitliche Regeln. Entweder die Bundesländer verständigen sich auf eine gemeinsame Linie und stellen die Kosten alle in Rechnung oder die DFL baut einen Polizeikostenfonds auf, in den alle Vereine einzahlen, wie dies bereits Bremen und Hamburg gefordert haben.
Das Urteil bezieht sich auf die Verfassungsbeschwerde der DFL und die von ihr organisierten Wettbewerbe. Die Fußball-Bundesligen haben 2022/23 mehr als fünf Milliarden Euro Umsatz gemacht. Die Zahlung der Mehrkosten ist für die dort vertretenen Profiklubs eine finanzielle Belastung, aber keine existenzielle Bedrohung.
Die Bremer Regelung lässt sich jedoch auf alle kommerziellen Veranstaltungen mit mindestens 5000 Zuschauenden anwenden. Davon wären potenziell auch Welt- und Europameisterschaften in Deutschland, semiprofessionelle Ligen wie die Regionalliga und andere Sportarten betroffen.
Und was ist mit Volksfesten? Auch beim Oktoberfest sind Tausende Polizisten im Einsatz, um zu verhindern, dass sich betrunkene Männer danebenbenehmen.
Die Tragweite des Urteils vom Dienstag wird sich erst in den kommenden Monaten und Jahren voll offenbaren.
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