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Der Jubel nach dem vermeintlichen 1:0 von Morten Thorsby verstummte schnell, der Stolz auf eine gute Leistung bleibt.

© Imago/Matthias Koch

„Wir können gegen jeden bestehen“: Der 1. FC Union strotzt auch in Europa vor Selbstvertrauen

Beim 0:0 in der Europa League in Amsterdam besteht der 1. FC Union Berlin die nächste Reifeprüfung. Die Chancen auf das Achtelfinale sind groß und bei Ajax herrscht Unzufriedenheit.

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Josip Juranovic hatte seine Qualitäten mal wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der kroatische Nationalspieler war beim 0:0 des 1. FC Union bei Ajax Amsterdam in der Zwischenrunde der Europa League an vielen gefährlichen Angriffen beteiligt, hatte per Freistoß eine gute Chance und tat dies alles mit einer Abgeklärtheit, die kaum glauben lässt, dass er erst seit ein paar Wochen in Berlin unter Vertrag steht.

Auch nach dem Hinspiel punktete Juranovic trocken. Auf die Frage, ob er über die starke Leistung gegen den sechsmaligen Europapokalsieger Ajax überrascht sei, konterte er fast etwas ungläubig. „Wir haben am Wochenende in Leipzig gewonnen und die spielen Champions League. Wir können gegen jeden bestehen!“

Die Berliner haben mittlerweile nicht nur auf dem Platz ein beeindruckendes Selbstbewusstsein. Nach sechs Siegen in den ersten sechs Spielen des Jahres gab Union gegen Ajax den nächsten Beweis der Reife – und das in einem der größten Spiele der Vereinsgeschichte. Gegen eine Mannschaft, die Jahr für Jahr in der Champions League spielt und bis vor Kurzem vermutlich nicht wusste, dass es in Berlin einen Fußballverein namens Union gibt.

Auf dem Rasen bekamen die Niederländer trotz klarer Ballbesitzvorteile keinen gefährlichen Torschuss zustande und wirkten gegen die gute Berliner Defensive ideenlos. Union zwang dem Favoriten seinen kampfbetonten Fußball auf, und mit diesem Stil fühlte sich Ajax sichtlich unwohl.

„Wir hatten unsere Chancen, das Spiel zu gewinnen. Deshalb haben wir das Gefühl, dass mehr drin war“, sagte Unions Verteidiger Danilho Doekhi nach der Rückkehr an die alte Wirkungsstätte. Der vermeintliche Siegtreffer von Morten Thorsby wurde auf Hinweis des Videoassistenten wegen Handspiels aberkannt. Danach drückte Ajax zwar, fand aber keine Lücken in der kompakten Abwehr.

Wir hatten unsere Chancen, das Spiel zu gewinnen. Deshalb haben wir das Gefühl, dass mehr drin war.

Union Verteidiger Danilho Doekhi

Ein Sieg für Union wäre vor 54.322 Zuschauern in der Johan-Cruyff-Arena durchaus verdient gewesen und so war neben dem Stolz auf die Leistung auch ein Hauch Enttäuschung zu spüren. Die Ausgangslage ist dennoch gut, mit einem Sieg am kommenden Donnerstag stünde Union im Achtelfinale – und im eigenen Stadion sind die Berliner extrem schwer zu besiegen.

Die letzte Heimniederlage in der Bundesliga gab es vor einem Jahr gegen Borussia Dortmund. „Wir sind zu Hause sehr stark und haben im Rückspiel alle Chancen“, sagte Doekhi. Doch erst einmal wartet am Sonntag in der Liga eine tückische Pflichtaufgabe. Gegen den Tabellenletzten Schalke 04 ist Union klarer Favorit.

Während Union noch am Donnerstagabend weitgehend zufrieden nach Berlin zurückflog und die mitgereisten Fans in vielen Kneipen bis tief in die Nacht den Ton angaben, war die Stimmung bei Ajax deutlich schlechter. Der Anspruch rund um den niederländischen Rekordmeister ist groß – ergebnistechnisch und ästhetisch.

Trainer John Heitinga musste sich in der Pressekonferenz viele Fragen zur schwachen Offensivleistung anhören. „Die Mannschaft hat gekämpft, aber wir konnten nicht das Niveau erreichen, das wir uns wünschen“, sagte der frühere Hertha-Profi, der seine ersten vier Spiele auf der Ajax-Bank gewonnen hatte.

Die Medien kritisierten vor allem den Mangel an Esprit. Die Zeitung „Algemeen Dagblad“ attestierte der Mannschaft ein „betagtes Tempo“ und fehlende Durchschlagskraft. „Die Angst vor der gepriesenen deutschen Kontermannschaft spiegelte sich besonders im Amsterdamer Aufbau wider“, hieß es weiter.

Der Respekt vor dem Gegner dürfte nach dem Hinspiel nicht kleiner geworden sein. Heitinga fand aber immerhin einen positiven Aspekt eines enttäuschenden Abends und aus Berliner Sicht war das eindeutig als Kompliment zu werten. „Wir sind noch im Spiel“, sagte der Ajax-Coach mit Blick auf das Rückspiel.

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