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Zum ersten Mal seit Jahren mit vollem Kader: Ganz neue Herausforderungen für Alba Berlin
Bei Alba Berlin sind alle Profis fit. Das soll der Wendepunkt dieser schwierigen Saison sein, doch die neue Situation hat auch ihre Tücken.
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Himar Ojeda überlegte, gab aber nach wenigen Sekunden auf. Die Frage, wann bei Alba Berlin zuletzt einmal alle Profis fit gewesen waren, überforderte nicht nur den Sportdirektor. In dieser Saison litt das Team über weite Strecken unter einer fast schon beängstigenden Verletzungsmisere, auch die vergangene Spielzeit war in der Hinsicht nicht viel besser.
Mal waren es harmlose Wehwehchen, mal schwere Verletzungen wie bei Marcus Eriksson, der die vergeblichen Comebackversuche im Januar 2024 nach zwei Jahren aufgab. Wenn es bei Alba eine Gewissheit gab, dann war es diese: Irgendwas ist immer.
Somit ist es fast schon historisch, dass die Berliner aktuell aus dem Vollen schöpfen können. Beim Sieg gegen Bamberg am vergangenen Montag waren erstmals alle 15 Profis einsatzbereit, zuvor hatte das Team bereits zwei Trainingseinheiten in voller Besetzung bestritten. Israel Gonzalez hat zur Abwechslung die Qual der Wahl, auch beim Heimspiel in der Euroleague an diesem Freitag (20.30 Uhr, Magentasport) gegen den FC Barcelona.
Für Alba sind das sehr gute Nachrichten, schließlich stellte sich der Kader über weite Strecken der Saison von selbst auf. Unvergessen ist der emotionale Sieg im November gegen Mailand, als die Berliner nur noch sieben Profis zur Verfügung hatten. Gegen Bamberg blieben nun sogar drei fitte Spieler außen vor. Gabriele Procida, Elias Rapieque und der vor einer Woche verpflichtete Robert Baker saßen in Zivil schräg hinter der Bank.
Doch auch diese Situation hat ihre Tücken. Während in einem kleinen Kader die Rollenverteilung einfacher ist, muss sich das Gebilde nun erst wieder zurechtruckeln. Wer spielt wie lange? Wer bekommt eine Pause? Wer muss sich hinter den genesenen Kollegen wieder unterordnen?
„Das ist schwierig“, sagt Ojeda, fügt aber sofort an. „Diese Herausforderung ist deutlich angenehmer als die im Herbst, als wir versucht haben, irgendwie zu überleben.“
Es ist saisonentscheidend, dass wir irgendwie Rhythmus bekommen und in der Liga ein paar Siege in Folge holen.
Malte Delow
Auch Malte Delow sieht vor allem die positive Seite. Kleinere Probleme wie frühe Foulbelastung oder Müdigkeit ließen sich mit einem vollen Kader viel besser bewältigen, zudem entbrennt gerade wieder Konkurrenzkampf, den es in dieser Saison lange kaum gab. „Natürlich gibt es immer Herausforderungen, aber wir können nicht sagen, wenn Leute verletzt sind, ist es scheiße, und wenn sie wieder da sind, ist es auch scheiße“, sagt Delow.
In den kommenden Tagen und Wochen liegt der Fokus der Berliner klar auf zwei Aspekten: der Aufholjagd in der BBL in Richtung Play-off-Zone und dem Finden von mannschaftlicher Stabilität, die bisher weitgehend gefehlt hat. „Es ist saisonentscheidend, dass wir irgendwie Rhythmus bekommen und in der Liga ein paar Siege in Folge holen“, sagt Delow.
Die Euroleague ist dabei eigentlich eher störend, Alba wird die Saison erneut als Tabellenletzter abschließen. Dennoch will die Mannschaft die verbleibenden sieben Spiele nicht abschenken. Aus Respekt vor dem Wettbewerb und eigenem Ehrgeiz, aber auch aus rein praktischen Gründen. „Wir haben in dieser Saison keinen Knopf, den wir einfach umlegen können“, sagt Delow. Deshalb müsse die Mannschaft auch in der Euroleague mit vollem Einsatz in die Spiele gehen.
Ojeda erhofft sich in den kommenden Wochen weitere Fortschritte. Mit Baker hat Alba nach David McCormack und Michael Kessens bereits den dritten Spieler im laufenden Spielbetrieb nachverpflichtet. So viel Fluktuation gab es in Berlin ewig nicht und das spricht nicht für die Kaderzusammenstellung im vergangenen Sommer.
Viel Zeit, um sich zu finden, hat Alba nicht mehr. In zwei Monaten endet die Hauptrunde der BBL und in den Play-offs wäre die Mannschaft in der aktuell noch sehr wackligen Verfassung nicht konkurrenzfähig. Das wissen auch die Beteiligten. „Wir müssen jetzt endlich anfangen, etwas aufzubauen“, sagt Ojeda. „Ich hatte gehofft, dass uns das bis Dezember gelingt – und jetzt ist schon März.“
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