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Zwei Jahre voller Emotionen: Die deutschen Fußballerinnen kehren nach Wembley zurück
Der Erfolg des DFB-Teams bei der EM 2022 löste in Deutschland große Euphorie aus. Damit war es danach aber schnell vorbei. Bundestrainer Christian Wück wagt nun den Neustart.
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Etwas über zwei Jahre sind seit dem letzten Aufeinandertreffen mit den englischen Fußballerinnen in Wembley vergangen. Die Erinnerungen an das verlorene Finalspiel gegen die Gastgeberinnen der Europameisterschaft 2022 sind auch heute noch präsent, zumindest bei Giulia Gwinn. „Leider ist das Finale nicht so ausgegangen, wie wir uns das erhofft hatten. Trotzdem ist es eines der schönsten Spiele, die ich je gespielt habe“, so die Spielerin des FC Bayern.
Am Freitag (20.30 Uhr, ARD) tritt das DFB-Team erneut im Londoner Stadion an, diesmal zu einem Freundschaftsspiel. In der Zwischenzeit ist viel passiert, und für einige Spielerinnen des Nationalteams war die Zeit nach dem Endspiel eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Der Erfolg bei der EM in einem fußballverrückten Land wie England, das zur damaligen Zeit im Frauenfußball schon viel weiter war, löste in einem nie dagewesenen Maß Begeisterung für das deutsche Nationalteam aus.
Ungeachtet der 1:2-Niederlage in Wembley stieg die Aufmerksamkeit hierzulande rasant und ebbte seitdem nicht wirklich ab. „Plötzlich auf der Straße erkannt zu werden, hat mir ganz viel Positives gegeben“, sagte etwa Nationalspielerin Lina Magull später in der ZDF-Doku „Born for this“. „In der Form habe ich das noch nie erlebt“, fügte ihre Teamkollegin Sydney Lohmann hinzu. Die Sponsorengelder vervielfachten sich, ebenso wie die Präsenz im Fernsehen und in den sozialen Medien. Alexandra Popp nannte die Monate nach der EM später eine „brutal intensive Zeit“.
Die Schattenseiten der Aufmerksamkeit
Denn die Spielerinnen müssen in dieser Zeit den Spagat schaffen zwischen ausreichender körperlicher sowie mentaler Erholung und einem eng getakteten Terminplan. Ihnen ist bewusst, dass sie dranbleiben müssen, um die Euphorie in den Bundesligaalltag mitzunehmen. Eine Herausforderung, die nicht alle meistern. Zwar wachsen die Zuschauerzahlen in den Stadien, doch die sportlichen Erfolge auf internationalem Niveau bleiben erst mal aus. Hinzu kommen personelle Änderungen, teilweise freiwillig, teilweise gezwungenermaße
Während England am Freitag im Vergleich zur EM neun neue Spielerinnen im Aufgebot hat, kann das Team mit Sarina Wiegman nach wie vor auf dieselbe Trainerin zählen. Beim deutschen Team ist die personelle Veränderung ähnlich – elf neue Spielerinnen stehen im Kader –, doch am Spielfeldrand sitzt mit Christian Wück ein bislang eher unbekanntes Gesicht – und gleichzeitig die Hoffnung seiner Spielerinnen, dass nun wieder ruhigere und erfolgreichere Zeiten anbrechen.
Schließlich waren die vergangenen Jahre nicht nur von positiven Erlebnissen geprägt. Da ist etwa das Gruppen-Aus bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland 2023, das unüberbrückbare Differenzen zwischen den Spielerinnen sowie dem Trainer:innenteam offenlegt.
Schon die Vorbereitung sei holprig gewesen, heißt es später von Führungsspielerinnen. Dass in den finalen Minuten des letzten Gruppenspiels gegen Südkorea nicht alle auf dem Platz Bescheid wissen, dass der spätere 1:1-Endstand das Aus bedeutet, demonstriert die mangelnde Kommunikation zwischen Spielerinnen und der damaligen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Und so findet die WM, die einen Rekord nach dem anderen bricht, weitgehend ohne das deutsche Team statt.
Unrühmliches Ende für Martina Voss-Tecklenburg
Die einstige Erfolgstrainerin Voss-Tecklenburg, mit der der Deutsche Fußball-Bund erst im April 2023 verlängerte, gerät anschließend in die Kritik. Nach einer Phase voller Ungewissheit auf beiden Seiten, kommt es zum unrühmlichen Bruch. Die Schlagzeilen werden von gegenseitigen Vorwürfen bestimmt, letztlich trennen sich die Wege. Derweil stellt der DFB mit Nia Künzer erstmals eine Sportdirektorin vor, die nur für die Frauenteams zuständig ist – ein wichtiger Schritt für eine erfolgreiche Zukunft.
Eine ihrer ersten Amtshandlungen ist die Verpflichtung von Christian Wück für die Position des Cheftrainers. Beginnen soll dieser allerdings erst nach Olympia, sodass Interimstrainer Horst Hrubesch die Chance bekommt, seine Trainerkarriere zu vergolden. Angesichts des ausstehenden Neuanfangs ein Wagnis, das am Ende aufgeht: Deutschland gewinnt in Frankreich Bronze.
Nach diesem Turnier geben nach und nach Leistungsträgerinnen ihr Karriereende im Nationalteam bekannt. Zuvor waren schon Melanie Leupolz und Svenja Huth zurückgetreten, nun folgen Merle Frohms, Marina Hegering und Alexandra Popp.
Heute steht das deutsche Team unausweichlich vor einem Umbruch, den Wück mit einem guten Ergebnis gegen England beginnen möchte. „Man darf nicht erwarten, dass wir schon all das umsetzen können, was wir vielleicht verändern wollen“, sagte er bei der Abschluss-Pressekonferenz am Donnerstag.
Unterstützung erhält er in jedem Falle von Giulia Gwinn, die möglicherweise auf Popp als Kapitänin folgen wird. Die 25-Jährige war schon beim Finale in Wembley Schlüsselspielerin und hat demnach noch eine Rechnung offen mit den Engländerinnen.
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