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Arne Friedrich, ehemaliger Nationalspieler und Hertha BSC-Kapitän. Der 103-fache Nationalspieler engagiert sich mit seiner Arne-Friedrich-Stiftung für benachteiligte Kinder und Jugendliche ein. Fotografiert am 22. August 2025 in Berlin.

© Tagesspiegel/Mario Heller

Zehn Jahre Arne-Friedrich-Stiftung: „Die Frage ist doch: Was macht ein Mensch mit seinem Geld?“

Der Ex-Fußballnationalspieler und ehemalige Hertha-Profi über sein privilegiertes Leben, bürokratische Hürden und gesellschaftliches Engagement. Ein Gespräch

Stand:

Herr Friedrich, nach dem Ende Ihrer Profikarriere haben Sie die Arne-Friedrich-Stiftung gegründet. Seit zwei Jahren sind Sie zudem Botschafter des Hauses Leo vom Caritas-Kinderhospiz-Zentrum Berlin. In diesem Jahr wird ihre Stiftung zehn Jahre alt. Feiern Sie?
Wir haben bereits gefeiert, beim Sommerfest des Stadtmagazins „mein/4“ im Schlosspark Theater Steglitz. Dabei wurden wir für unsere zehnjährige Tätigkeit übrigens mit dem „Großen Stern von Berlin“ ausgezeichnet. Eine eigene Jubiläumsparty haben wir nicht geplant. Aber wir sind sehr froh über unser Zehnjähriges und die Arbeit in der Stiftung macht mir und uns großen Spaß. Wir sind ein tolles Team – es ist keine Arne-Friedrich-one-man-Show.

Wie verläuft eine Stiftungsgründung, wie war das damals bei Ihnen?
Wir haben als Treuhandstiftung angefangen, das bedeutet, dass wir unter einer Dachstiftung verwaltet wurden. Wir hatten wenig Erfahrung, ich habe deshalb damals auch ein Praktikum bei der Bürgerstiftung Berlin gemacht. Daraus entstand unser erstes Projektthema „Vielfalt gewinnt“. Es war die Zeit der großen Flüchtlingswelle und wir haben uns gefragt, was wir tun können, damit Integration gelingt.

Es wird Stiftern in Deutschland nicht immer leichtgemacht.

Arne Friedrich, ehemaliger Profi in der Fußballbundesliga und deutscher Nationalspieler

Einige Jahre später haben wir uns dann entschieden, uns in eine rechtskräftige Stiftung umzuwandeln. Eine Stiftung ist ein ziemlich sensibles Konstrukt, es gibt viele Regeln zu beachten, offizielle Prozesse, steuerrechtliche Auflagen, das muss man alles berücksichtigen. Beispielsweise müssen projektbezogene Spenden innerhalb einer bestimmten Zeit ausgegeben werden, das bedeutet für uns weniger Flexibilität.

Die Bürokratie ist schon recht groß. Es wird Stiftern nicht immer leichtgemacht in Deutschland, da könnte manches vereinfacht werden. Aber ich habe ein tolles Team, die haben Ahnung von all dem.

Warum sollte es eine Stiftung sein?
Eine Stiftung sollte es sein, weil das etwas für die Ewigkeit ist. Das Geld wird nicht einfach für einen Zweck weggegeben, sondern die Arbeit auch nach mir fortgeführt. Wir können damit langfristig etwas aufbauen. Wir wollen nachhaltig helfen, das ist mir wichtig.

Sie schreiben, Sie wollen der Gesellschaft etwas zurückgeben. Verdient man im Profisport zu viel Geld? Es gibt ja einige Kollegen, die eine Stiftung gegründet haben.
Ich finde es toll, dass es viele Fußballer gibt, die sowas machen. Ob man jetzt der Meinung ist, dass Fußballer zu viel verdienen oder nicht: Die Frage ist doch, was macht ein Mensch mit dem Geld? Das kann man rausfeuern und für Quatsch ausgeben oder damit etwas Gutes tun.

Arne Friedrich wird als Schirmherr des Leo Caritas-Kinderhospiz-Zentrums vorgestellt.

© Arne-Friedrich-Stiftung

Ich habe schon während meiner Karriere Geld beiseite gelegt für den Stiftungsstock, aus den Rendite-Ausschüttungen finanzieren wir jetzt unsere Projekte. Aber das reicht natürlich nicht, wir sind abhängig von laufenden Förderungen und Spenden. Das bedeutet viel Arbeit, viel Aufwand, auch viel Klinkenputzen. Aber dadurch bin ich als Stifter sichtbar, besuche Veranstaltungen, wenn ich es einrichten kann, lerne Menschen kennen. Transparenz zu zeigen, ist mir wichtig.

Bei meinem ersten Besuch auf der Kardiologie dachte ich: Was habe ich doch für ein privilegiertes Leben.

Arne Friedrich, ehemaliger Profi in der Fußballbundesliga und deutscher Nationalspieler

Haben Sie ein Büro?
Ein Büro gibt es nicht, wir versuchen alles schlank zu halten. Das Geld soll in die Projekte fließen, nicht in unsere Verwaltung. Wobei der Tag kommen wird und eigentlich schon gekommen ist, an dem wir darüber nachdenken müssen. Wenn wir noch mehr Menschen helfen möchten, müssen wir auch in die Strukturen voranbringen.

Die Stiftung finanziert und fördert Projekte im Bereich Kinder und Jugendliche, Gesundheit, Bildung, Inklusion. Was hat Sie besonders berührt?
Wir unterstützen zum Beispiel das Deutsche Herzzentrum. Bei meinem ersten Besuch auf der Kardiologie dachte ich anschließend, was habe ich doch für ein privilegiertes Leben. Ich kann jetzt einfach rausgehen und irgendwo einen Kaffee trinken, andere leben ein bis zwei Jahre im Krankenhaus. Das hat mir die Augen geöffnet.

Persönliche Begegnungen sind so wichtig. Ich wurde gefragt, ob ich einen Jungen besuchen würde, der auf der Kardiologie lag und bald sterben würde. Na klar, habe ich gesagt, war aber unsicher, wie ich mich verhalten soll. Und die Pflegekraft sagte: Sei normal. Sei, wie du bist. Wir machen uns zu viele Gedanken. Weniger Gedanken, mehr Normalität, das wünschen sich die Betroffenen.

Im Rahmen des Projekts „Vielfalt gewinnt“ besucht Arne Friedrich eine Schule in Berlin, hier wird mit der Wir-AG gleich Fußball gespielt.

© Arne-Friedrich-Stiftung

Worum geht es beim Fokus Sichtbarkeit?
Um Menschen, die es besonders schwer haben und dabei von der Gesellschaft übersehen werden. Die keine Wertschätzung erfahren. Die Kinder und ihre Familien im Caritas-Kinderhospiz Leo haben eher nicht das Gefühl, Teil der Gesellschaft zu sein. Sie haben keinen großen Freundeskreis, in den meisten Fällen eine alleinerziehende Mutter, vielleicht Geschwister, die auch unter der Situation leiden.

Da wollen wir aktiv helfen. Wir unterstützen die Geschwistergruppe, denn Austausch mit anderen Betroffenen ist für die Kinder, die oftmals hinten runterfallen, unheimlich wichtig und hilfreich.

Neben größeren Projekten versuchen wir, in Einzelfällen zu helfen. Zum Beispiel einer alleinerziehenden Mutter, die mit ihrem Kind, das eine Sauerstoffflasche braucht, im 4. Stock wohnt, ohne Fahrstuhl. Die Frau muss Kind und Sauerstoffflasche jedes Mal hochschleppen. Da frage ich mich schon, was ist hier los?

Haben Sie helfen können?
Nicht bei der Wohnsituation, aber zumindest beim ständig besetzt gewesenen Behindertenparkplatz, der ihnen zugeschrieben wurde. Es gibt so viele Herausforderungen für die einzelnen Familien, die mir vor unserer Arbeit selbst nicht bewusst waren.

Kann man sich bei Ihnen nur engagieren, wenn man Geld geben möchte oder auch anders?
Finanzielle Hilfe ist natürlich das Wichtigste für uns. Aber es gibt auch unseren Stiftungsfreundeskreis, dem sich eigentlich jeder anschließen kann, der uns mit seinen Fähigkeiten, seinem Wissen und seiner Zeit unterstützen will. Wir haben zum Beispiel jemanden aus dem Marketingbereich und einen Steuerberater. Wir freuen uns immer über Menschen, die sich nach ihren Möglichkeiten einbringen wollen. Mit mehr ehrenamtlicher Unterstützung können wir die Arbeit besser aufteilen und genauer schauen, wo Bedarf ist.

2024 besuchte Arne Friedrich eine Grundschule in Ruli in Ruanda. Dort unterstützt die Stiftung den Bau neuer Räume, etwa einen eigenen Mädchenraum, in den Mädchen sich geschützt zurück- oder umziehen können, sowie den Bau einer Wasserleitung.

© Arne-Friedrich-Stiftung

Wie kann man Euch noch unterstützen?
Man kann meinen „Mut- und Muntermacher“-Kaffee kaufen. Der kommt aus Ruanda, wo wir für eine Primarschule neue Räume und eine Wasserleitung finanziert haben. Als ich dort zu Besuch war, habe ich mir eine Kaffeeplantage angeschaut und so entstand die Idee. Jetzt arbeiten wir mit einer Rösterei in Hamburg zusammen, und von jedem Päckchen verkauften Kaffee fließen 5 Euro in das Projekt in Ruanda. Ab sofort haben wir auch noch Espresso im Angebot.

Welche Pläne und Ideen gibt für die Zukunft der Stiftung?
Eins kann ich verraten: Es wird ein Buch am Ende des Jahres geben, mit Interviews und Geschichten, die aus den Begegnungen der Kinder und anderen Betroffenen aus dem Kinderhospiz entstanden sind. Das Kinder- und Jugendbuch mit Illustrationen wird es ab Dezember zu kaufen geben und die Einnahmen fließen ins Haus Leo. Im November ist eine Lesung in Berlin geplant, als Kick-Off.

Haben Sie neben der Arbeit für die Stiftung noch Zeit für Fußball?
Ich hätte gerne mehr und hab auch Lust auf den großen Platz, leider macht mein rechtes Knie nicht mehr mit. Im Haus Leo gibt es aber einen Tischkicker, da spiele ich mit den Kindern. Und es wird in naher Zukunft ein Projekt mit Fußball geben, aber dazu wird noch nichts verraten. Und ich bin leidenschaftlicher Podcasthost. In meinem Podcast „From Done to Dare“ geht es vor allem um Veränderung und Identität.

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