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Vor 60 Jahren: Als die Fußball-Bundesliga an Silvester in Berlin spielte
Erst zweimal in der Geschichte der Liga gab es Punktspiele an Silvester. Das bislang letzte fand am 31. Dezember 1965 im Olympiastadion statt – im ganz kleinen Rahmen.
Stand:
Drei Sportveranstaltungen listet der Tagesspiegel in seiner Rubrik „Berliner Sport heute“ für den Silvestertag des Jahres 1965 auf. Da wäre zum einen um 18 Uhr die Revue „Internationales Eislauf-Finale“ im Sportpalast, unter anderem mit Weltmeisterin Petra Burka aus Kanada.
Bereits um 14 Uhr stehen gleich zwei Termine zur Auswahl: Freundschaftsspiel im Badminton zwischen Eintracht Südring und dem TSV Einfeld, Columbiahalle. Sowie Fußball-Bundesliga, Tasmania 1900 gegen Eintracht Braunschweig, Olympiastadion.
Ein Bundesligaspiel an Silvester hatte es bereits im Jahr zuvor gegeben, 1:1 hieß es in der Partie 1. FC Nürnberg gegen den VfB Stuttgart vor 23.000 Besuchern. Nun wird am 31. Dezember (Freitag) am ungewöhnlichen Termin in Berlin gespielt. Es ist eine Nachholpartie von Anfang Dezember.
„Dieses Spiel, das schon einmal stattfinden sollte, ist alles andere als ein Tagesgespräch im Berliner Fußball“, stellt der Tagesspiegel vorab recht nüchtern fest. Zum einen ist der Tabellen-14. aus Braunschweig nicht die ganz große Zugnummer.
Aber was viel schwerer wiegt: Das Berliner Publikum hat schlicht das Interesse an Tasmania verloren. Weil längst klar ist, dass das nach dem Zwangsabstieg von Hertha BSC kurzfristig in die Liga aufgenommene Team absolut nicht konkurrenzfähig ist.
Der bisher einzige Sieg stammt vom ersten Spieltag, 2:0 gegen den Karlsruher SC. Über 80.000 Zuschauer waren dabei, alle wollten den Neuling sehen. Seitdem sind ein Unentschieden (0:0 beim 1. FC Kaiserslautern Mitte Oktober) und 15 Niederlagen dazugekommen. Zuletzt gab es ein 1:2 zu Hause gegen Schalke 04 vor 3000 Zuschauern.
Gegen Braunschweig sind es bei nasskalter Witterung noch weniger, die Zahlen in den Medien bewegen sich anschließend bei 1500 bis 2000 Zuschauern. Trostlos also die Kulisse – und trostlos auch das Geschehen auf dem Rasen.
Die „Fußball-Woche“ spricht vom wohl schlechtesten Bundesligaspiel in Berlin seit der Einführung dieser Spielklasse 1963. Und schreibt außerdem: „Der Verlauf dieses Spiels war so müde und inhaltslos, er war so wenig mit Höhepunkten versehen, dass es sich beinahe erübrigt, überhaupt einen Spielverlauf zu notieren.“
Die „FuWo“ berichtet allerdings natürlich trotzdem gewohnt ausführlich auf über zwei Seiten. Der Tagesspiegel beschränkt sich im Sportteil auf 18 Zeilen, wovon mehr als ein Drittel für die Aufstellungen verwendet werden.
Erich Maas erzielt beide Tore für Braunschweig
Braunschweig gewinnt 2:0, die Tore erzielt Erich Maas in der 17. und 38. Minute. Der „FuWo“-Berichterstatter gibt sich wenig Mühe, seinen Ärger über die Entstehung des ersten Tores zu verbergen. In fett gedruckter Schrift ist zu lesen: „Die Neuköllner Abwehr hatte sich vor diesem Tor so viele Fehlpässe erlaubt, dass einem glatt der Kragen platzen konnte.“ Trainer Heinz-Ludwig Schmidt ist ebenfalls bedient: „Braunschweig erzielte Tore, die man in ihrer Entstehung nicht entschuldigen kann.“
Die Gastgeber haben die besseren Chancen, doch mal wieder werden diese nicht verwertet. „Die Braunschweiger waren so schwach wie keine andere Mannschaft im Olympiastadion“, resümiert Horst Szymaniak, Nationalspieler in Diensten Tasmanias: „Auch diesmal haben wir im Felde mitgehalten, aber es kann leider keiner Tore schießen.“
Tasmania beschließt die erste Hälfte der Saison mit 3:31 Punkten und 8:58 Toren. Am Ende werden es 8:60 Punkte und 15:108 Tore sein. Die Mannschaft stellt zahlreiche Negativrekorde auf, von denen einige immer noch Bestand haben.
So trist auch alles rund um das Spiel am 31. Dezember 1965 gewesen sein mag, eine interessante Besonderheit umgibt die Partie nach wie vor: Bis heute hat kein weiteres Bundesligaspiel mehr an Silvester stattgefunden.
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