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Eine Beratungssituation bei pro familia.

© Jens Büttner/picture-alliance/ZB

Weniger Geld für Schwangerschaftsberatung: Paritätischer nennt geplante Kürzungen „frauenfeindlich“

Schon heute scheitert das Land Berlin daran, die gesetzlichen Mindestanforderungen für die Schwangerschaftsberatung zu erfüllen. Auch die SPD-Fraktion kritisiert den Kürzungsplan ihrer eigenen Senatorin.

Stand:

Der Paritätischer Wohlfahrtsverband äußert scharfe Kritik an den Plänen des Berliner Senats, die Mittel für die Schwangerschaftsberatungsstellen zu kürzen. „Aus unserer Sicht ist das ein Skandal“, sagte Astrid Lück, Referentin für Familie, Frauen, Mädchen beim Paritätischen, dem Tagesspiegel. „Berlin erfüllt schon jetzt seinen Versorgungsauftrag nicht. Die Kürzungen sind schlicht frauenfeindlich.“

Im Haushaltsentwurf des Senats sind für die „Beratungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz“ rund 9,2 Millionen Euro für die kommenden beiden Jahre eingeplant. Das sind 1,2 Millionen Euro weniger als in den Jahren 2022 und 2023. „Wenn diese Kürzung kommt, müssten die Schwangerschaftsberatungsstellen massiv Personal entlassen. Im Umfang entspricht dies ungefähr der Mitarbeiterzahl von Pro Familia – der größten Beratungsstelle Berlins“, sagte Lück. Nach eigenen Angaben erreicht das Beratungszentrum von Pro Familia in Berlin, das wie viele andere Beratungsstellen im Paritätischen Wohlfahrtsverband organisiert ist, im Jahr etwa 20.000 Menschen.

Die Schwangerschaftsberatung ist in Deutschland gesetzlich geregelt. Laut dem sogenannten Schwangerschaftskonfliktgesetz hat jede Frau und jeder Mann das Recht, sich zu Fragen der Verhütung, Familienplanung und Schwangerschaft kostenlos und anonym beraten zu lassen. Angeboten werden diese Beratungen sowohl von freien Trägern als auch von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten.

Gesundheitsverwaltung sieht bereits heute einen Personalmangel

Das Angebot sei laut dem Paritätische Wohlfahrtsverband insbesondere für Frauen in Notlagen von Bedeutung – etwa aufgrund der Zunahme von Pränataldiagnostik und der damit einhergehenden Unsicherheiten. Einige Beratungsstellen informieren auch zu finanziellen Hilfsleistungen des Staates und helfen bei der Beantragung. Für Frauen, die eine Schwangerschaft nach der sogenannten Beratungsregel abbrechen wollen, ist eine Beratung zudem Pflicht.

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Das Schwangerschaftskonfliktgesetz schreibt vor, dass die Bundesländer „je 40.000 Einwohner mindestens eine Beraterin oder einen Berater vollzeitbeschäftigt“ zur Verfügung stellen sollen. Berlin verfehlt diese Quote bereits jetzt. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage im Februar 2023 gab die Gesundheitsverwaltung an, dass 11,42 Vollzeitstellen fehlen würden, um die gesetzliche Mindestanforderung zu erfüllen.

Die Beratungsstellen im Paritätischen mussten laut dem Verband im ersten Halbjahr 2023 rund 1600 Beratungen aufgrund fehlender Kapazitäten absagen. Angesichts der Unterversorgung und zu erwartenden Kostensteigerungen in den kommenden Jahren schätzt der Sozialverband, dass statt 9,2 Millionen Euro rund 19,1 Millionen Euro an Zuschüssen für 2024 und 2025 notwendig seien.

Der Gesundheitsetat im Haushaltsentwurf wird am Montag in erster Lesung im zuständigen Fachausschuss beraten. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Bettina König, zeigte sich im Vorfeld unzufrieden mit dem Verhandlungsergebnis von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (ebenfalls SPD) hinsichtlich der Schwangerschaftsberatung.

Insgesamt wächst der Etat für Sozialprojekte

„Wir waren von den Kürzungen überrascht“, sagte König dem Tagesspiegel und kündigte an, „einige Fragen“ an den Senat bezüglich des Etats zu haben. „Wir wollen, dass die Beratungsstellen gut arbeiten können“, sagte die SPD-Politikerin. „Dafür müssen sie auch mit entsprechend ausreichend Mitteln ausgestattet werden.“

König kündigte an, sich zusammen mit der CDU-Fraktion gegebenenfalls für eine Erhöhung der Zuschüsse einzusetzen und verwies dabei auch auf den Koalitionsvertrag. Dort heißt es: „Die Koalition stärkt die Schwangerenkonfliktberatung.“

Neben Kürzungen für die Schwangerschaftskonfliktberatung sieht der Haushaltsentwurf im Bereich Gesundheit auch weniger Geld für andere Sozialprojekte vor, etwa für die medizinische Versorgung Obdachloser und für Maßnahmen gegen Glücksspielsucht.

Insgesamt steigt der Etat in diesem Bereich jedoch – von 35,3 Millionen Euro (2022/2023) auf 40,4 Millionen Euro (24/25). Das liegt auch neuen Projekten. So sollen unter anderem Anlaufstellen für Betroffene von Long Covid oder Impfschäden geschaffen werden. Hierfür stehen zwei Millionen Euro in den kommenden Jahren bereit.

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