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30 Jahre nach dem Mauerfall: So unterschiedlich entwickelt sich die Wirtschaft in Ost und West

Der Osten hat den Westen wirtschaftlich noch lange nicht eingeholt. Kann er auch gar nicht, sagen Experten. Ein Überblick.

Von Carla Neuhaus

Die Ambitionen waren groß: „Durch eine gemeinsame Anstrengung wird es uns gelingen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen schon bald wieder in blühende Landschaften zu verwandeln, in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt.“

Das sagte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) 1990 – und schürte damit Erwartungen, die er nie würde erfüllen können. Denn trotz jährlicher Milliarden aus dem Bund ist auch 30 Jahre nach dem Mauerfall die Kluft zwischen Ost und West noch immer groß.

Zwar haben sich die Regionen angenähert, wie der Blick auf die Zahlen zeigt. Trotzdem liegt Ostdeutschland auch 30 Jahre nach dem Mauerfall bei der Wirtschaftskraft lediglich auf 75 Prozent des Westniveaus. Mit anderen Worten: Auf den einzelnen Bürger heruntergebrochen erschaffen die Unternehmen im Westen weiterhin sehr viel mehr Waren und Dienstleistungen als im Osten.

Noch deutlich macht die Lage dieser Vergleich: Die ostdeutschen Bundesländer liegen bei der Wirtschaftskraft heute etwa dort, wo Westdeutschland in den 1980er Jahren stand. Beim verfügbaren Einkommen erreichen die Ostdeutschen den Stand, auf dem die Westdeutschen 1989 waren. Auch beim Geldvermögen sieht man noch eine Zweiteilung:

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Doch so krass diese Zahlen klingen, so darf man daraus doch keine allgemeine Schwäche des Ostens ableiten. Das meint zumindest Joachim Ragnitz, stellvertretender Geschäftsführer der Niederlassung Dresden des Ifo Instituts. Womöglich, schreibt er, seien 30 Jahre doch „ein zu kurzer Zeitraum, um regionale Wirtschaftskraftunterschiede abzubauen.“

Zum einen lag die ostdeutsche Wirtschaft nach der Wende am Boden. Zum anderen hat Westdeutschland sich in den letzten 30 Jahren sich wirtschaftlich kräftig entwickelt. Um aufzuholen, hätte die Wirtschaft im Osten also sehr viel stärker wachsen müssen als im Westen. Ragnitz schreibt deshalb: „Es ist eher bemerkenswert, dass Ostdeutschland in den letzten Jahren überhaupt mit der Wirtschaftsentwicklung in Westdeutschland hat mithalten können und nicht weiter zurückgefallen ist.“

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Zumal die ostdeutschen Bundesländer nach dem Mauerfall erst einmal den Umstieg von der Planwirtschaft auf die Marktwirtschaft stemmen mussten. Viele der volkseigenen DDR-Betriebe sind nach der Wende pleite gegangen oder zerschlagen worden. Allein die Treuhand hat bis 1994 rund 3500 Firmen abgewickelt. Entsprechend viele Menschen haben dadurch ihren Job verloren.

Arbeiteten vor dem Mauerfall noch über vier Millionen Menschen in den DDR-Betrieben, waren es bei der Auflösung der Treuhand 1994 nur noch 1,5 Millionen Menschen. Zwar sind im Osten durchaus auch neue Jobs entstanden, aber häufig in ganz anderen Bereichen. So sind zum Beispiel in der ostdeutschen Industrie lediglich 20 bis 25 Prozent der Arbeitsplätze in den 1990er Jahren erhalten geblieben. Und ausgleichen konnte das der wachsende Dienstleistungssektor kaum.

Erst in den letzten Jahren hat sich die Arbeitslosenquote in Ost und West angenähert:

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Auch aufgrund des schwachen Arbeitsmarkts sind viele Menschen abgewandert. Allein 1989 und 1990 haben 800000 den Osten verlassen. Aber auch Anfang der 2000er Jahre gab es eine weitere Welle, als vor allem junge Menschen auf der Suche nach Jobs in westliche Bundesländer umzogen. Mittlerweile hat sich der Trend umgekehrt: 2017 sind erstmals mehr Menschen von West nach Ost gezogen als andersherum:

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Ein Grund dafür ist das Studium, das in Städten wie Leipzig, Jena und Dresden beliebter geworden ist. Den über Jahrzehnte anhaltenden Bevölkerungsschwung kann das aber noch lange nicht ausgleichen. Dazu kommt, dass Prognosen zufolge aufgrund der Altersstruktur die Zahl der Erwerbsfähigen im Osten sehr viel stärker zurückgehen wird wie im Westen.

Deshalb glauben auch 30 Jahre nach dem Mauerfall viele Ökonomen nicht, dass Ostdeutschland den Westen wirtschaftlich so schnell wird einholen können. Einer Umfrage des Ifo-Instituts zufolge rechnen 69 Prozent der Experten damit, dass der Osten über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte abgehängt bleibt.

Ein Grund dafür ist die Wirtschaftsstruktur im Land. Denn die ist seit der Deindustrialisierung vor allem von kleinen Betrieben geprägt. So schafft es aktuell zum Beispiel kein ostdeutsches Unternehmen unter die 30 wichtigsten Börsenkonzerne, die im deutschen Leitindex Dax vertreten sind. Ein Nachteil ist das nicht nur, weil Großkonzerne viele Jobs schaffen. Sondern weil sich um sie herum auch meist eine Zulieferindustrie ansiedelt.

Dass das im Osten fehlt, liegt nach Ansicht des Institut für Wirtschaftsforschung in Halle auch an der Politik. So sind viele der Subventionen für Unternehmen im Osten an Arbeitsplätze geknüpft: Geld fließt nur, wenn dafür Jobs erhalten oder gar neue geschaffen werden. Was sozial sinnvoll klingt, kann nach Ansicht der Forscher dazu führen, dass Jobs entstehen, die es unter normalen Bedingungen gar nicht geben würde. Dem Osten hilft das nur kurzfristig. Langfristig verlieren die Unternehmen auf diese Weise Wettbewerbsfähigkeit. Blühende Landschaften entstehen so kaum.

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