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Hat dank Boris Johnsons Äußerungen an Wert verloren: das britische Pfund.

© picture alliance / Andy Rain/EPA

Sinkender Wechselkurs: Boris Johnson drückt das Pfund - und schwächt damit die eigene Wirtschaft

Je wahrscheinlicher ein No-Deal-Brexit, desto niedriger notiert das Pfund. Die dortige Wirtschaft bekommt so schon vor dem EU-Austritt Schwierigkeiten.

Von Carla Neuhaus

Was es bedeutet, wenn die britische Währung fällt, weiß Boris Johnson aus Erfahrung. Als er 2008 noch Kolumnist bei der Zeitung "The Telegraph" war, regte er sich enorm über den damaligen Absturz des Pfunds auf. Mit seiner Familie hatte er einen Skiurlaub in Frankreich gebucht. Dann stellte er fest, dass der teurer als erwartet werden würde, weil der Wechselkurs so mies ausfiel.

Die Schuld dafür gab Johnson dem damaligen Premierminister Gordon Brown. Das fallende Pfund, wetterte er, werde zur „nationalen Demütigung“. Und heute? Da ist Boris Johnson selbst Premierminister und sorgt prompt mit seinen Aussagen für einen Verfall beim Pfund.

Seit Johnson vergangene Woche in der Downing Street 10 eingezogen ist, gibt die britische Währung nach. Vom „BoJo“-Effekt ist bereits die Rede. Für ein Pfund bekommt man inzwischen nur noch knapp 1,10 Euro. Das ist nah dran am letzten Allzeittief. Auch gegenüber dem Dollar hat die britische Währung kräftig nachgegeben.

Der ungeregelte Brexit als Preisdrücker

Der Grund dafür sind Johnsons Aussagen über einen harten Brexit. Der neue Premierminister will das Vereinigte Königreich um jeden Preis Ende Oktober aus der EU führen – notfalls auch ohne Deal. Investoren reagieren darauf und tauschen Pfund in Dollar oder Euro um. Getrieben werden sie dabei von der Angst, dass die Währung im Falle eines EU-Austritts ohne Regelung noch stärker fallen könnte. Experten bezeichnen das Pfund deshalb auch schon als „inoffizielle Opposition“, weil es immer dann nachgibt, wenn der ungeregelte Brexit wahrscheinlicher wird.

Für die britische Wirtschaft wird der Verfall der Währung dabei zunehmend zum Problem. Theoretisch profitieren britische Firmen zwar davon: Schließlich werden für Ausländer aufgrund des schwachen Wechselkurses britische Produkte günstiger. Das Land hat allerdings wenig Waren, die hundertprozentig Made in Britain sind. Für vieles sind sie auf Vorleistungsgüter angewiesen, die sie im Ausland einkaufen müssen – und die durch das schwache Pfund für sie teurer werden.

Das beste Beispiel dafür ist Rolls Royce. Der Autobauer fertigt seine Wagen zwar in Großbritannien, 92 Prozent der darin verbauten Teile aber kommen aus Übersee: deutschen Ursprungs etwa sind Sitze, Leder, Motoren und Karosserie. Fällt das Pfund im Vergleich zum Euro, werden all diese Teile für Rolls Royce teurer.

Für britische Verbraucher wird es teurer

Deshalb hat in den letzten Jahren der Export der Briten trotz fallender Wechselkurse kaum angezogen. Dazu kommt, dass die wichtigste Branche im Land noch immer der Finanzsektor in London ist. Und der leidet eher unter dem Verfall der Währung.

Auch für die britischen Verbraucher ist das schwache Pfund eine Belastung. Großbritannien muss zum Beispiel viele Lebensmittel importieren. Doch kaufen die Briten Käse, Schokolade oder Olivenöl in der Eurozone ein, zahlen sie dafür derzeit extra viel. Diese höheren Preise geben die Händler in der Regel schnell an die britischen Verbraucher weiter. Bis aber die Einkommen steigen und das ausgleichen, dauert es.

Da ist es ein schwacher Trost, dass der niedrige Wechselkurs dem Tourismus im Land hilft. Schließlich profitieren Ausländer spürbar davon. Für sie, schrieb jüngst der Guardian, werde London in diesem Sommer zum Shoppingparadies.

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